Internationale Zusammenarbeit

Dänemarks Regierung weigert sich, UN-Quotenflüchtlinge aufzunehmen

Dänemarks Regierung weigert sich, UN-Quotenflüchtlinge aufzunehmen

Dänemarks Regierung weigert sich, UN-Quotenflüchtlinge aufzunehmen

ct/Ritzau
Kopenhagen
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Ein Kind aus dem Südsudan wird in Uganda als Flüchtling registriert. Foto: UNHCR/F.Noy - Lizenz: bit.ly/1jNlqZo

Dänemark will keine der von der UN als besonders bedürftig eingestuften Flüchtlinge mehr aufnehmen. Schon vergangenes Jahr hatte sich Dänemark geweigert, seine Vereinbarungen mit der UN zu erfüllen.

So wenige Menschen wie seit Jahren nicht haben in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 Asyl in Dänemark bekommen: 1.918 Personen. Im gesamten Jahr 2016 waren es 6.266, im Jahr zuvor 21.316. Dennoch sieht sich die dänische Regierung nicht in der Lage, ihre Vereinbarung mit den Vereinten Nationen zu erfüllen, jedes Jahr 500 sogenannte Quotenflüchtlinge aufzunehmen. Das sind Menschen, die das UN Flüchtlingshilfswerk als besonders gefährdet und schutzbedürftig einstuft.

Dänemarks Ausländer- und Integrationsministerin Inger Støjberg (Venstre) hat jetzt endgültig entschieden, die restlichen Kontingente aus den vergangenen beiden Jahren nicht zu erfüllen. Zudem will sie die Gesetzgebung ändern.

Støjberg will keine festen Zusagen mehr an die UN machen

Im September 2016 hatte Støjberg nicht dazu Stellung bezogen, weshalb Dänemark erst neun statt der 500 vereinbarten Quotenflüchtlinge aufgenommen hatte. Auch 2017 wurde bisher kein weiterer Flüchtling von der UN übernommen – und Støjberg hat sich bisher nicht weiter zu der Frage geäußert. Bis jetzt.

Zwischen der UN und Dänemark besteht seit vielen Jahren die Vereinbarung, dass Dänemark über drei Jahre verteilt 1.500 der Quotenflüchtlinge aufnimmt – in der Praxis waren das 500 Menschen jedes Jahr. Doch die Ministerin hat einen jetzt anderen Vorschlag: Das Ausländerministerium soll entscheiden können, wie viele Quotenflüchtlinge Dänemark aufnehmen soll – oder ob überhaupt jemand nach Dänemark gelassen wird. Soll heißen: Die UN soll einer Vereinbarung zustimmen, in der es keine festen Zusagen mehr gibt.

Im laufenden Jahr sind so wenige Asylbewerber wie seit Jahren nicht mehr nach Dänemark gekommen. Zugleich wurde bisher nur jedem dritten davon tatsächlich Asyl gewährt. Der Anteil der anerkannten Flüchtlinge, die Arbeit finden, ist in den vergangenen Jahren auf 30 Prozent angestiegen.

Støjberg argumentiert, dass die Flüchtlinge, die sich im Lande befinden, immer noch „eine große Aufgabe“ darstellten. „Dass jeder Dritte arbeitet, bedeutet ja nicht, dass die Integrationsaufgabe gelöst ist“, sagt sie in einem Interview mit Berlingske.

Sozialdemokraten und DF voll auf Regierungslinie

Die Sozialdemokraten, die nach der Übernahme der Parteiführung durch Mette Frederiksen einen Kurswechsel eingeschlagen haben, stehen voll und ganz hinter Støjbergs Aussagen. Auch die Dänische Volkspartei (DF), die nach den Sozialdemokraten die größte Fraktion im Folketing ausmacht, tut das. Ihr ausländerpolitischer Sprecher Martin Henriksen hat jedoch auch eine Sorge: Was, wenn es einen Regierungswechsel gibt – dann könnte ein Minister ja auch entscheiden, „dass wir in Dänemark 5.000 Quotenflüchtlinge in einem  Jahr aufnehmen müssen“.

Seine Partei stehe für ein System, bei dem niemand mehr selbstständig nach Dänemark kommen kann, sondern wo alle an der Grenze abgewiesen werden. Und dann würde Dänemark 500 Quotenflüchtlinge aufnehmen.

Alternative: Dänemark untergräbt das internationale System

Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) sieht die dänische Entwicklung laut Berlingske als „einen großen Verlust“. Josefine Fock, ausländerpolitische Sprecherin der Alternative, sieht die Entscheidung der Regierung kritisch. Dänemark verweigere sich, seine internationale Verantwortung zu erfüllen. Dass auch die Sozialdemokraten, die möglicherweise auf die Alternative als Mehrheitsbeschaffer nach der kommenden Folketingswahl setzen, die Regierungslinie teilen, könnte zum Problem zwischen beiden Parteien werden, sagt sie. Denn so „sind wir dabei, das gesamte internationale System zu untergraben“.

Tim Whyte, Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation Mellemfolkelig Samivirke, hält Støjbergs Pläne ebenfalls für „gefährlich“. Dänemark disqualifiziere sich gerade selber, in Zukunft mit am internationalen Verhandlungstisch über die Flüchtlingsfrage zu sitzen. „Wir müssen feststellen, dass die Regierung gesagt hat, dass Dänemark tatsächlich keinesfalls zu internationalen Lösungen beitragen will“, so Whyte, der das Agieren Støjbergs als „zutiefst peinlich“ bezeichnet.

 

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