Mobilität
SDU-Forschungsteam zu Tinnitus: Verkehrslärm macht krank – Politik sollte gegensteuern
SDU-Studie zu Tinnitus: Verkehrslärm macht krank
SDU-Studie zu Tinnitus: Verkehrslärm macht krank
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Autos sind schlecht fürs Gehör. Erstmals wurde es nachgewiesen: Wer in der Nähe lauter Straßen wohnt, bekommt wahrscheinlicher als andere Probleme mit dauerhaften Ohrgeräuschen. Schlechter Schlaf und Stress verursachen die oft qualvollen Symptome – und ein Teufelskreis beginnt. Das Forscherteam hat eine Botschaft an die Politik.
Autos sind nicht nur schlecht für Klima und Umwelt, sie stellen auch eine gesundheitliche Gefahr dar. Außer durch mögliche Unfälle, durch Abgase und Reifenabrieb oder mangelnde Bewegung der Fahrenden auch durch den Lärm, den sie gemeinsam mit anderen Fahrzeugen verursachen.
Verkehrslärm muss als Gesundheitsgefahr betrachtet werden, die bei Stadtplanung und politischen Beschlüssen berücksichtigt wird.
Manuella Lech Cantuaria
Eine Forschungsgruppe der Süddänischen Universität (SDU) hat nun erstmals nachgewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit, an permanenten Ohrgeräuschen (Tinnitus) zu leiden, zunimmt, je mehr Verkehrslärm eine Person dauerhaft ausgesetzt ist.
Daten von 3,5 Millionen Menschen untersucht
Sirenen, knatternde Motorräder, zischende Lkw-Bremsen, beschleunigende Autos: Wer solchen Geräuschen auf Dauer ausgesetzt wird, entwickelt in vielen Fällen Stress. Die Folge: schlechter Schlaf.
Und wer darunter leidet, bei dem steigt die Wahrscheinlichkeit deutlich, Tinnitus zu entwickeln.
Es ist alarmierend, dass der Lärm offensichtlich dazu beiträgt, das Risiko von unter anderem Tinnitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz zu erhöhen.
Jesper Hvass Schmidt
Das zeigt eine jüngst veröffentlichte Studie, in der die Gesundheitsdaten von 3,5 Millionen Menschen in Dänemark untersucht wurden.
„In unseren Daten haben wir mehr als 40.000 Fälle von Tinnitus gefunden und können konstatieren, dass pro zehn Dezibel mehr Lärm in der Wohnung das Risiko für Tinnitus um sechs Prozent zunimmt“, sagt Manuella Lech Cantuaria vom Mærsk McKinney-Møller Institut an der SDU in einer Pressemitteilung der Universität.
Sie und ihr Forscherkollege Jesper Hvass Schmidt machen sich Sorgen über die vielen Folgen, die der Verkehrslärm verursacht. „Es ist alarmierend, dass der Lärm offensichtlich dazu beiträgt, das Risiko von unter anderem Tinnitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz zu erhöhen“, sagt letzterer.
In Bezug auf Tinnitus ist es übrigens allein Straßenlärm, bei dem ein Zusammenhang zwischen Verkehrslärm und gesundheitlichen Folgen hergestellt werden konnte. Lärm, der durch Eisenbahnen verursacht wird, hat der Studie zufolge keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung von Tinnitus.
Mehr als 25 Prozent der Menschen in Dänemark leben dauerhaft in Lärm
Tinnitus ist ein chronisches Leiden, das sich am deutlichsten durch das Wahrnehmen permanenter Geräusche im Ohr zeigt. Häufig treten die Symptome gemeinsam mit Hörverlust auf – im Alter oder durch Lärm. Bei Stress werden die Ohrgeräusche als belastender wahrgenommen. Häufig stört es Betroffene beim Einschlafen – was wiederum Stress verursacht. Ein Teufelskreis.
In Dänemark beträgt der Richt-Grenzwert für Verkehrslärm 58 Dezibel. Die Umweltbehörde schätzt, dass 1,4 Millionen Menschen in Dänemark in Gebieten leben, die diesen Wert übersteigen. Das entspricht mehr als einem Viertel der Gesamtbevölkerung.
Es sei wichtig, sein Möglichstes zu tun, die Lärmbelästigung in den eigenen vier Wänden zu minimieren, sagt Manuella Lech Cantuaria. „Es gibt unterschiedliche Maßnahmen, die man selbst ergreifen kann, zum Beispiel, in einem Raum zu schlafen, der nicht zur Straße ausgerichtet ist oder Lärmschutzfenster zu installieren“, sagt sie.
Lärm macht krank: Auch Demenz und andere fatale Folgen
Bereits 2021 hatte die Forschungsgruppe nachgewiesen, dass Verkehrslärm das Risiko, an Demenz zu erkranken, erhöht. Auch das Risiko für Schlaganfälle, Kreislaufprobleme und Brustkrebs steigt.
Für Manuella Lech Cantuaria ist klar: „Verkehrslärm muss als Gesundheitsgefahr betrachtet werden, die bei Stadtplanung und politischen Beschlüssen berücksichtigt wird.“
Die Studie ist auf Englisch bei „Environmental Health Perspectives“ erschienen und einzusehen.