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Sexuelle Gewalt: Wie Kinder lernen, sich selbst zu schützen

Sexuelle Gewalt: Wie Kinder lernen, sich selbst zu schützen

Sexuelle Gewalt: Wie Kinder lernen, sich selbst zu schützen

Doris Ambrosius/shz.de
Süderbrarup
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Welche Geheimnisse sollte man für sich behalten und welche nicht: Sozialpädagogin Maren Maibaum mit Leonie und Lennardt. Foto: Doris Ambrosius/shz.de

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Eine Ausstellung in der Süderbraruper Nordlichtschule sorgt gerade dafür, dass eine Sache zum Thema wird, über die man oft nur mit Scham oder gar nicht spricht: sexuelle Gewalt.

Der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch ist ein zentrales Anliegen der Petze-Ausstellung des Instituts für Gewaltprävention GmbH aus Kiel, welche diese Woche in der Süderbraruper Nordlichtschule aufgebaut ist und mit den Schülern gemeinsam im Unterricht bearbeitet wird.

Umgang mit schambehaftetem Thema

„Während wir mit den Kindern die Ausstellung eingehend besprechen, sind immer vier bis fünf Erwachsene dabei und gehen ins lockere Gespräch mit ihnen“, beschreibt Maren Maibaum von der Schulsozialarbeit. „Es geht vor allem darum, Kinder und auch deren Eltern sensibler und aufmerksamer zu machen, um mit einem schambehafteten Thema besser umgehen zu können.“

Wie nehmen die Kinder die Ausstellung auf und was bewegt sie?

Gute und schlechte Berührungen

Knut (8) zeigt ein Aufklappbild und meint, dass zufällige Berührungen beim Spielen und Toben völlig in Ordnung und normal seien. Ella zeigt auf ein anderes Bild. „Aber das hier ist nicht gut“, sagt die Siebenjährige. Auf dem Bild möchte ein Kind schlafen und sagt „Nein, ich möchte meine Ruhe haben“, als jemand zu ihm ins Bett kommen möchte, weil ihm kalt ist. „Dann sollte man das auch einhalten“, fügt sie hinzu.

Die Kinder entscheiden selbst, ob sie für das entsprechende Foto, das sich hinter der Klappe befindet, einen lachenden oder traurigen Smiley vergeben wollen. „Wir stellen selbst keine Fragen“, erklärt Maren Maibaum. „Sondern wir geben Antworten und versuchen, mit den Schülern ins Gespräch zu kommen, so wie sie es selbst anstoßen.“

Ganz klar wird gemacht: Wenn etwas nicht gefällt, darf man Nein sagen. Hierfür gibt es unter anderem einen Aufsteller, wo die Kinder entscheiden, ob das Gesagte stimmt oder nicht. Bei einer Frage entsteht gleich ein kleiner Konflikt: Muss man alles tun, was Erwachsene sagen?

Ins Gespräch kommen mit den Kindern

Merle ist unsicher. „Eigentlich ja, schon“, meint die Achtjährige – „aber wirklich immer?“ Während sie noch überlegt, zeigt Maren Maibaum auf: „Das ist genau der Moment, wo wir ins Gespräch kommen.“ Bei der Frage, ob Erwachsene Kinder immer überall anfassen dürfen, sind sich alle einig: „Das stimmt nicht!“

Lennardt (8) und Leonie (8) hören sich Geheimnisse an und entscheiden, ob es ein gutes oder ein schlechtes ist. Maibaum erklärt: „Es geht darum, auf spielerische Art und Weise klar aufzuzeigen, welche Geheimnisse ausgesprochen werden müssen und welche man für sich behalten kann.“ Durch diese Arbeit sollen Kinder dies besser unterscheiden können.

Müssen alle Geheimnisse geheim bleiben?

Die achtjährige Leonie ist aufgebracht. „Das muss man auf jeden Fall erzählen“, sagt sie entrüstet als sie eine Geschichte zu Ende gehört hat. Auch Lennardt erkennt sofort, dass man dieses Geheimnis nicht für sich behalten darf: Ein Junge hat mit einem Ball eine Scheibe zerschossen, ein anderer Junge hat das gesehen. „Um ihn nicht zu verpfeifen, will er sein Taschengeld bekommen“, verrät Leonie. Lennardt findet: „Das ist Erpressung.“

Eltern ins Thema einbeziehen

Maren Maibaum betont derweil, wie wichtig es sei, auch Eltern in das Thema einzubeziehen. „Dafür veranstalten wir einen Elternabend und erarbeiten uns zusammen die Ausstellung“, sagt die Sozialpädagogin.

Besonders schön sei ein Erlebnis mit der „Sorgenjacke“ gewesen, fügt sie hinzu. Diese Jacke kann man anziehen, durch Sand in den Taschen hängt sie schwer am Körper, überall heften kleine Aussagen auf Bildern, die sich die Kinder dann vorlesen. Zwei Schüler hatten eine besondere Idee und zogen diese Jacke zusammen an, weil dann das Gewicht nur noch halb so schwer war.

„Und 2019 haben wir durch die erste Petze-Ausstellung tatsächlich einen schweren Fall aufdecken können, in dem wir ins Handeln kommen konnten“, fasst Maibaum die Bedeutung dieser Arbeit zusammen.

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