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Die Stromtrasse bis zur Grenze gerät weiter in Verzug

Die Stromtrasse bis zur Grenze gerät weiter in Verzug

Die Stromtrasse bis zur Grenze gerät weiter in Verzug

Seth/Sæd
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Von der Baustelle in Seth ein Blick über die Grenze, wo die auf deutscher Seite stehenden Hochspannungsmasten zu sehen sind Foto: Brigitta Lassen

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Für den Energiebetreiber Energinet tun sich beim Bau der neuen Stromautobahn viele Hindernisse auf. Wegen Muscheln, Fröschen, Mäusen, Regens, Protesten und Ausgrabungen muss der Zeitplan ständig umgestoßen werden. Auch in Seth ist die Archäologie auf einen Fund gestoßen.

Im Sommer 2023 wurde der letzte Mast der grenzüberschreitenden Westküsten-Stromtrasse auf deutscher Seite aufgestellt. Auf dänischer Seite hinkt der Energiebetreiber Energinet weiter dem Zeitplan hinterher. 

Am Montag teilte die Gesellschaft mit, dass das Milliarden-Projekt vor weiteren Hindernissen steht, die die Fertigstellung der 170 Kilometer langen Trasse von Idomlund bei Holstebro bis zur deutsch-dänischen Grenze bei Seth beeinträchtigen.

Die deutsch-dänische Stromautobahn hätte ursprünglich schon Ende 2023 in Betrieb genommen werden sollen. Danach wurde ein zeitliches Ziel mit der Inbetriebnahme im ersten Quartal 2025 angepeilt. Die Planung für die Westküsten-Autobahn läuft schon seit 2015. Nun wird das dritte Quartal 2026 angepeilt, bis die Stromtrasse auch auf dem letzten Teilabschnitt in Gebrauch genommen werden kann.

Der neue Zeitplan

Daraus wird nun auch nichts. Denn erst im zweiten Quartal im kommenden Jahr wird der Streckenabschnitt von Endrup bis Stovstrup mit neunmonatiger Verspätung fertig sein. Der revidierte Zeitplan sieht eine Fertigstellung der zeitlich letzten Etappe zwischen Stovstrup und Idomlund im dritten Quartal 2026 vor – 12 Monate später als geplant. Der letzte Teilabschnitt von Endrup bis zur Grenze soll im zweiten Quartal 2026 fertig sein. Dort wird die größte Verspätung mit 15 Monaten erwartet. 

Auf der südlichsten Etappe bis zur Grenze ist Energinet auf ein Problem gestoßen. Wie in Varde haben Archäologinnen und Archäologen Reste einer vorgeschichtlichen Siedlung vermutlich aus dem Eisenzeitalter beziehungsweise aus der Wikingerzeit auf einem Feld am Grøngårdvej in Seth gefunden. Dort sind die Erdarbeiten schon angelaufen. Davon zeugen große Löcher und hohe aufgeschüttete Erdhügel. Dort soll einer der Hochspannungsmasten errichtet werden.

„Ich bin nicht ganz über die Bedeutung des dortigen Ausgrabungsergebnisses informiert. Ich weiß nur, dass es kein größerer Fund gewesen sein soll“, so Energinet-Projektleiter Christian Jensen.

Eine Hügellandschaft ist auf dem Feld am Grøngårdvej entstanden. Mitten in den Sandhaufen ist auch das auf Archäologie spezialisierte Museum in Hadersleben am Graben gewesen. Foto: Brigitta Lassen
Kleine Seen sind auf der Baustelle entstanden. Foto: Brigitta Lassen

Die Ausgrabungen hättenn sich zudem aufgrund des schlechten Wetters und des vielen Regens verzögert, erklärt Christian Jensen. Entsprechend länger muss Energinet warten.

Geschützte Tiere sorgten für Verzögerungen

Angeblich seltene Flussperlmuscheln in der Varde Å verzögerten die Arbeiten zusätzlich. Letztendlich zeigte sich, dass es gar nicht Muscheln dieser Sorte waren. Vorkommen weiterer seltener Tiere haben auch zu weiteren Verzögerungen geführt. So sind dem Projekt die Birkenmaus, die Knoblauchkröte und der Moorfrosch in die Quere gekommen. 

In den Lebensräumen dieser Tiere dürfen Erdarbeiten nur im Sommerhalbjahr durchgeführt werden. Will man später oder früher graben, müssen Ersatzflächen gefunden werden.

 

Das sind alles gute Gründe für die laufend notwendigen Anpassungen des Zeitplans, sodass er nicht eingehalten werden konnte.

Christian Jensen

Außerdem haben sich die Verhandlungen mit den Landeigentümerinnen und -eigentümern verzögert. Klagen über Schadenersatzzahlungen, strengere Umweltauflagen und Proteste gegen die Sicht versperrende Luftleitungen sind weitere Gründe für die zeitlichen Verschiebungen.

„Das sind alles gute Gründe für die laufend notwendigen Anpassungen des Zeitplans, sodass er nicht eingehalten werden konnte“, so Christian Jensen. Aufgaben mussten unterbrochen werden, andere hätten fortgesetzt werden können. Auch die Enteignungen waren ein negativer Zeitfaktor. Die Verhandlungen mit den Landbesitzenden in Bezug auf die Platzierung der Hochspannungsmasten hätten sich in die Länge gezogen. 

Die 170 Kilometer lange „Stromautobahn“ von Idomlund bis zur deutsch-dänischen Grenze Foto: Energinet

28 Höfe und Häuser vor der Enteignung

Wegen der Unsicherheiten würde man die Reihenfolge der Projektarbeiten teilweise verändern. „Strommasten, Luftleitungen und Erdkabel sind große Anlagen, die wirklich viele Landeigentümer berühren und stören. Auf dem südlichen Streckenabschnitt gehen wir jetzt davon aus, dass wir 28 Höfe und Häuser enteignen müssen. Das sind mehr, als wir zunächst angenommen haben“, erläutert Jensen. In den meisten Fällen einige sich die Gesellschaft aber mit den Betroffenen. 

„Enteignungen kosten im Schnitt neun Monate Zeit. Gleichzeitig werden Klagen – primär über die Dispensationen, die Energinet für die Durchführung des Projekts erhält, eingereicht. Diese sollen natürlich behandelt werden. Dauert das lange, können sich mögliche Enteignungen zusätzlich verzögern“, bedauert Christian Jensen. 

Bei einem Abstand von 280 Metern gibt es eine Entschädigung. Energinet muss bei einem Abstand von 80 und weniger Metern die Häuser und Betriebe kaufen. Bei Streitigkeiten muss ein Urteil der Enteignungskommission abgewartet werden.

Bei Rohrkarr wird die Stromtrasse unterirdisch bis Seth verlaufen. Das Material ist schon geliefert, und die Vermessungsarbeiten wurden durchgeführt. Foto: Monika Thomsen

Auf 16 Kilometern werden die Stromkabel unterirdisch auf der Strecke Endrup bis zur Grenze verlegt. 

Nur fünf Kilometer unterirdische Lösung für Tondern

Von dieser Lösung profitiert die Kommune Tondern nur mit fünf Kilometern. Auf eine Landschaft ohne Strommasten kann sich Rohrkarr (Rørkær) auf einer Strecke bis Seth freuen. Auf Freileitungen wird auch im Bereich der Bredeau verzichtet. Von Endrup bis zur Grenze werden 100 Masten mit einer Höhe von 36 Metern aufgestellt.

Die neue Trasse soll grünen Strom weiter bis zum neuen Umspannwerk in Klixbüll (Klægsbol) nördlich von Niebüll (Nibøl) für den länderübergreifenden Energieverkauf transportieren. 

Im März wurden die beiden ersten Strommasten für die Strecke Omme-Skonager bei Varde zusammengesetzt und errichtet. Das waren die ersten von 454 Masten, die auf der 170 Meter langen Westküsten-Stromtrasse mit ungefähr 330 Metern Abstand platziert werden. Davon werden 188 die Landschaft zwischen Endrup bis zur Grenze prägen. Ihr Gewicht variiert zwischen 27 und 46 Tonnen. Entsprechend schwankt die Höhe zwischen 27 und 32 Metern. Aufgrund der flachen Westküstenlandschaft sind die sogenannten Thor-Modelle (der Name wurde aufgrund der Ähnlichkeit zu Thors Hammer gewählt) verhältnismäßig klein gehalten. Sie werden am Boden montiert, bevor sie mithilfe eines Krans errichtet werden.

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