Bundestagswahl 2021

Robert Habeck und Wolfgang Kubicki streiten über Steuern

Robert Habeck und Wolfgang Kubicki streiten über Steuern

Robert Habeck und Wolfgang Kubicki streiten über Steuern

SHZ
Kiel
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Kontrahenten auf Augenhöhe: Robert Habeck (l.) und Wolfgang Kubicki ringen um den richtigen Kurs. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Politische Schwergewichte aus dem Norden zieht es nach Berlin – jetzt haben sie auf einem Podium in Kiel miteinander diskutiert.

Ganz kann Wolfgang Kubicki es dann doch nicht lassen. „Robert Habeck ist der Weltmeister der Ökonomen“, ätzt der schleswig-holsteinische Spitzenkandidat der FDP für die Bundestagswahl in knapp zwei Wochen. Der Grünen-Vorsitzende hat da gerade klar gemacht, wo die Unterschiede zwischen den Parteien liegen, die je einen Vertreter zur Podiumsdiskussion des Arbeitgeberverbandes Nordmetall nach Kiel geschickt haben.

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„Wir wollen keine pauschalen Steuersenkungen“, sagt Habeck und schließt damit den neben ihm stehenden Ralf Stegner (SPD) durchaus mit ein. Denn die „progressiven Parteien“ wollten lieber Unternehmen fördern, die Technologien zum Klimaschutz entwickeln, sagt Habeck. Und dafür erntet der Grünen-Chef von Stegner ein deutliches Nicken – und dass obwohl der Ex-SPD-Landtagsfraktionschef in seinen letzten Monaten im Landtag mit ihm so manchen Strauß ausgefochten hat, weil Habeck zuvor eine Jamaika- statt eine Ampelkoalition in Kiel gebildet hat.

Hochkarätig besetztes Podium

Stegner, Kubicki, Habeck, dazu noch CDU-Spitzenkandidat Johann Wadephul auf einem Podium vor rund 25 Unternehmern aus der Metall- und Elektroindustrie in der Fabrikhalle des Pumpenherstellers Edur in Kiel, dazu verfolgen 7500 Zuschauer den Talk im Netz – das könnte ein rhetorisches Feuerwerk geben. Doch wer das erwartet, wird enttäuscht. Die Politiker gehen artig miteinander um, sie lassen den anderen ausreden, vermeiden frontale Attacken.

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In der blank geputzten, modernen Produktionshalle, in der es nicht nach Maschinenöl, sondern nach Rasierwasser und Parfüm der Firmenchefs riecht, hat vor allem Stegner keinen leichten Stand. Die SPD mache immer noch den Eindruck als stelle sie Unternehmer unter „Generalverdacht der Abzocke und Ausbeutung“, sagt Nordmetall- Hauptgeschäftsführer Nico Fickinger.

Da hat Stegner schon mehrfach deutlich gemacht, dass er für einen Mindestlohn von zwölf Euro kämpft – und genau wie Habeck dagegen, dass Unternehmen Werkverträge ausnutzten, um Beschäftigte in dauerhaft prekäre Arbeitsverhältnisse zu bringen.


Wie er denn den Betrieben gute Bedingungen bieten wolle, um in einem härter werdenden internationalen Markt zu bestehen, will eine Unternehmerin wissen. Stegner versucht ihr klarzumachen, dass er sich für eine bessere Ausbildung stark mache, damit Betriebe noch Fachkräfte bekommen. Und auch gute Kitas und Schulen seien ein Standortfaktor. Aber Stegner sagt auch offen Dinge, die manchem Unternehmer nicht gefallen dürften – etwas dass es nicht angehen könne, dass Betriebe staatliche Hilfen wie das Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen, der Staat sich aber ansonsten zurückhalten solle. „Der Markt funktioniert nicht überall.“

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Das ruft Stegners alten Gegenspieler im Landtag auf den Plan. Wolfgang Kubicki ist aus Berlin per Video zugeschaltet und sagt, dass der Staat die Unternehmen nur mit dem Geld unterstütze, dass er ihnen vorher weggenommen habe. Betriebe müssten selbst entscheiden dürfen, wenn es etwa um befristete Beschäftigungen gehe: „Keine deutsche Werft würde ohne Werkverträge überleben.“


Johann Wadephul schlägt in die selbe Kerbe. „Die richtigen wirtschaftlichen Entscheidungen werden in Unternehmen getroffen und nicht vom Staat“, sagt der Christdemokrat. Deswegen müsse man die Betriebe entlasten – etwa bei der Einkommens- oder der Unternehmenssteuer.

Das will Habeck so nicht stehen lassen. Es gehe darum, die Wirtschaft im Zeichen des Klimawandels umzubauen. Und da müsse man staatliche Anreize schaffen, und so Wachstum generieren. Das sei erfolgversprechender auch für die Entwicklung des Brutto-Inlandsprodukts. Auch Verbote könnten dafür nützlich sein, sagt der Mann, den Moderator Alexander Luckow, den „für bürgerliche Wähler verhinderten Kanzlerkandidaten der Herzen“ nennt. Der Atomausstieg habe ja auch regenerative Energien gefördert, argumentiert Habeck. „Wir können ein Wirtschaftswunder Klimaneutralität schaffen“. Darunter macht es der Grünen-Chef an diesem Tag nicht.

Streit um Wirtschaftskompetenz

Wolfgang Kubicki runzelt die Stirn und fragt sich laut, warum er fünf Semester Volkswirtschaftslehre studiert habe, um sich so etwas anhören zu müssen. Aber Habeck murmelt: „Ist ja auch schon ein paar Jahre her.“

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Mehr Frotzelei gönnen sich die Duzfreunde nicht, vielleicht weil sie sich bald zu Koalitionsverhandlungen treffen könnten. „Allerdings fehlt mir dafür noch die Fantasie des Zusammenkommens“, so Kubicki. Wenn Grüne oder SPD über Steuererhöhungen oder Aufweichung der Schuldenbremse verhandeln wollen, sei das mit der FDP nicht zu machen. Da nickt Wadephul.

Aber die Vier wissen auch, dass wohl irgendwer nach der Wahl über seinen Schatten springen muss, wenn es eine neue Regierung geben soll.

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