Flensburg

Oberbürgermeisterin Simone Lange klagt gegen sh:z-Berichterstattung

Oberbürgermeisterin Simone Lange klagt gegen sh:z-Berichterstattung

Oberbürgermeisterin Lange klagt gegen sh:z-Berichterstattung

Annika Kühl/shz.de
Flensburg
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Oberbürgermeisterin Simone Lange hatte zusammen mit Fachbereichsleiterin Ellen Kittel (links) Klage eingereicht. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange und Fachbereichsleiterin Ellen Kittel reichen Klage gegen den sh:z ein. Dabei geht es im Kern um einen bestimmten Satz in der Berichterstattung über Langes Niederlage bei der OB-Wahl.

Im Wesentlichen geht es um einen Satz. Und gleichzeitig um „einen sehr heiklen und zu schützenden Bereich auf beiden Seiten“, formuliert es der Vorsitzende Richter Carsten Bockwoldt, nämlich um Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechte.

An diesem Mittwochmittag sitzen mit ihm im Verhandlungssaal des Landgerichts der Flensburger Reporterchef Julian Heldt, Miriam Scharlibbe, Mitglied der sh:z-Chefredaktion, Fachbereichsleiterin Ellen Kittel und Oberbürgermeisterin Simone Lange. Auch Stadtsprecher Clemens Teschendorf und Stadt-Justiziarin Ellen Eichmeier sind als Zuschauer vor Ort.

Analyse zur Entscheidung der Grünen

Konkret geht es an diesem Tag um einen Artikel, der nach Bekanntgabe der Ergebnisse am Abend der Stichwahl erschienen ist. Lange verlor an diesem Tag gegen ihren Kontrahenten Fabian Geyer, der am 15. Januar 2023 das Amt des Oberbürgermeisters übernehmen wird.

Nur kurze Zeit nach Veröffentlichung der Analyse „Der große Fehler der Grünen“, reichte die noch im Amt befindliche Oberbürgermeisterin Simone Lange gemeinsam mit Ellen Kittel Klage beim Landgericht Flensburg ein. Die beiden Frauen stören sich an Formulierungen in dem Text, in dem Reporterchef Julian Heldt darlegt, warum es aus seiner Sicht taktisch falsch war, dass die Grünen keinen eigenen Kandidaten aufstellten, sondern Simone Lange unterstützten.

Die Gründe hierfür sieht er unter anderem in der Vergangenheit und schreibt an einer Stelle des Meinungsstückes: „Erst durch Simone Lange fanden beide Parteien in Flensburg zusammen – forciert durch die damalige Grünen-Fraktionschefin Ellen Kittel, der ein enges Verhältnis zur scheidenden Oberbürgermeisterin nachgesagt wird. Dies ging so weit, dass Lange sie 2020 als Fachbereichsleitung zu sich ins Rathaus holte.“

Mit dem letzten Satz sehen die Klägerinnen ihre Persönlichkeitsrechte verletzt.

Klage auf Unterlassung

Zurück zum Verhandlungstag vor Gericht: Simone Lange und ihre Anwältin tragen ihre Begründung für die Klage vor. So werde ein Bild gezeichnet, das Vetternwirtschaft nahelege und es werde der Eindruck vermittelt, dass Ellen Kittel nicht aufgrund ihrer Qualifikation, sondern wegen ihrer persönlichen Verbindung zu Simone Lange in ihre neue Position als Fachbereichsleiterin gekommen sei. Sie habe die Stelle aber nachweislich auf dem üblichen Bewerbungsweg erhalten.

Darüber, wie Ellen Kittel Fachbereichsleiterin wurde, hatte shz.de bereits im März 2020 berichtet.

Simone Lange und Ellen Kittel klagen nun auf Unterlassung und fordern zudem eine Gegendarstellung.

Bewerbungsverfahren nicht Thema des Textes

Rechtsanwalt Michael Rath-Glawatz, der den sh:z vor Gericht vertritt, betont während der Verhandlung nachdrücklich, dass es sich bei dem Text aus Sicht der Redaktion eindeutig um einen Meinungsartikel handele. Auch der beanstandete Satz sei in diesem Gesamtkontext zu sehen. „Was da an Tatsachenbehauptung drin sein soll, ist mir schleierhaft“, so der Rechtsanwalt. Jemanden „zu holen“ sei eine umgangssprachliche, im Journalismus übliche Formulierung. Das müsse man im Rahmen der Pressefreiheit als Journalist äußern dürfen.

„Dass wir den Eindruck der Vetternwirtschaft vermittelt haben sollen, bestreiten wir vehement“, so Rath-Glawatz. Und: „An keiner Stelle des beanstandeten Artikels wird die Frage des Bewerbungsverfahrens thematisiert.“

Satz fiel bereits in einer Analyse im Jahr 2021

Bereits im Februar 2021, also vor mehr als eineinhalb Jahren, fiel der jetzt kritisierte Satz in einer Analyse zum politischen Rückhalt von Simone Lange. „Warum haben die beiden Frauen sich damals nicht zu Wort gemeldet?“, fragt Rechtsanwalt Rath-Glawatz. Die Klägerinnen lassen vor Gericht von ihrer Anwältin angeben, die Berichterstattung nicht gekannt zu haben. Erschienen war der seitenfüllende Text damals auf der lokalen Titelseite des Flensburger Tageblatts.

Man könne Zweifel daran haben, dass einer Oberbürgermeisterin die Berichterstattung verborgen geblieben ist, sagt Richter Bockwoldt. Schlussendlich seien das aber Spekulationen.

Für die Kammer geht es im Wesentlichen um die Frage, ob mit dem beanstandeten Satz die Verbreitung einer unwahren Tatsachenbehauptung und eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte vorliegt. Oder ob es sich nachweislich um eine Meinungsäußerung handelt, wie der sh:z vor Gericht darlegt. In einer Woche wollen die Richter das Urteil verkünden.

Klagt Simone Lange als Privat- oder Amtsperson?

In der mündlichen Verhandlung vor Gericht wurde nicht abschließend geklärt, ob Simone Lange in ihrer Funktion als Oberbürgermeisterin oder als Privatperson klagt. Auf Nachfrage betont Langes Anwältin, der Antrag auf einstweilige Verfügung sei von beiden Klägerinnen als Privatpersonen eingereicht worden. Vor Gericht klingt das dann aber anders. Simone Lange bittet selbst darum, etwas sagen zu dürfen und erklärt, es gebe drei Gründe für ihre Klage gegen die Journalisten. Sie sei als Amtsperson betroffen, habe eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter (und somit Ellen Kittel) und durch den entsprechenden Satz werde ein negatives Bild der gesamten Stadtverwaltung gezeichnet, das auch potentielle Bewerber für Jobs im Rathaus abschrecken könne.

Die nach der Verhandlung von shz.de gestellte Nachfrage, in welcher Rolle Simone Lange vor Gericht auftritt, ließen Stadtsprecher Clemens Teschendorf und die noch bis Mitte Januar amtierende Oberbürgermeisterin bislang unbeantwortet, genauso wie die Frage, wer die eventuell anstehenden Kosten des Verfahrens tragen wird. Stattdessen antwortete die Stadt-Justiziarin Ellen Eichmeier. Sie machte deutlich, dass sie vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens auf die Fragen nicht eingehen werde.

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