Krieg in der Ukraine

Nato-Luftwaffenübung in Jagel und Hohn: „Die Message dahinter ist kristallklar!“

Nato-Luftwaffenübung in Jagel und Hohn: „Die Message dahinter ist kristallklar!“

Nato-Luftwaffenübung in Jagel und Hohn

Sven Windmann/SHZ
Schleswig
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Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, auf dem Flughafen Köln/Bonn vor der A400M, die extra für die Übung und den aktuellen Besuch in den USA am Heck foliert wurde. Auf der anderen Seite sieht man die US-Flagge. Foto: Sven Windmann/SHZ

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Die Vorbereitungen für die größte Nato-Luftverlegungsübung aller Zeiten gehen in die Endphase. Zurzeit finden letzte Gespräche mit Vertretern der US-Army in Washington statt. Dabei richtet der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo...

Noch sind es gut zehn Wochen, bis die größte Luftwaffen-Übung seit Gründung der Nato beginnt. Den offiziellen Startschuss für das Manöver mit dem Namen „Air Defender 2023“ aber gab es bereits jetzt: und zwar in der US-Hauptstadt Washington D.C.

Jagel und Hohn spielen die Hauptrolle

Dorthin ist ein Tross der Luftwaffe unter der Führung von Inspekteur Ingo Gerhartz gereist, um letzte Gespräche mit Vertretern der Air National Guard sowie Pressevertretern aus beiden Nationen zu führen. Dazu fand am Dienstag auch eine Pressekonferenz in der deutschen Botschaft in den USA statt. Dabei wurde noch einmal deutlich, welche militärische Dimension und politische Bedeutung die Übung hat - und welch große Rolle dabei insbesondere das Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ mit seinen beiden Flugplätzen in Jagel und Hohn spielt.

Insgesamt werden vom 12. bis 23. Juni mehr als 10.000 Soldaten aus 24 Staaten (darunter auch Finnland und Schweden) mit über 220 Kampfflugzeugen,  Drohnen, Hubschraubern und anderen Militärflugzeugen an fünf Standorten in ganz Deutschland erwartet. Allein aber nach Jagel und Hohn werden fast 1500 Übungsteilnehmer mit fast 70 Kampfflugzeugen kommen, der mit Abstand größte Teil davon aus den USA. Man könne deshalb durchaus sagen, dass Schleswig und sein Umland „das Zentrum dieser Übung sein wird“, wie Gerhartz auf Nachfrage bestätigte.

„Wir sind da, und wir sind jederzeit einsatzbereit“

Gleichzeitig machte der Generalleutnant gemeinsam mit seinem Kollegen von der Air National Guard, Generalleutnant Michael A. Loh, deutlich, wie wichtig die Übung mit Blick auf Russland und den Krieg in der Ukranie sein wird. Man sei zwar ein defensives Bündnis. Aber: „Die Message, die davon ausgeht, ist kristallklar“, so Gerhartz. Man wolle damit eine starke Botschaft an die Nato-Partner und gleichzeitig an die Bevöljerung senden. Nach dem Motto: „Wir sind da, und wir sind jederzeit einsatzbereit.“ Gleichzeitig werde man genau das auch in Moskau registrieren.

Tatsächlich habe Gerhartz die Idee für das XXL-Manöver bereits 2018 den Partner aus den USA vorgestellt. Damals noch unter dem Eindruck der Besetzung der Krim durch Russland vier Jahre zuvor. „Für uns hat schon 2014 die vielzitierte Zeitenwende begonnen“, sagte der Luftwaffen-Inspekteur. Durch den Krieg in der Ukranie aber habe „Air Defender 2023“ natürlich noch einmal eine ganz andere Dimension begkommen: „Diese Übung wird transatlantische Geschichte schreiben, sie ist ein echtes Statement.“

Dabei spielt auch der Artikel 5 des Nato-Vertrages eine Rolle. „Wenn jemand ein Nato-Land angreift, greift er alle an“, so Gerhartz. Deshalb sei es wichtig, eine Verlegung von Lufwaffenkontigenten im großen Stile zu üben. „Wir können hier zeigen, wie schnell Flugzeuge sein können. Wir rechnen bei Verlegungen nicht in Tagen, sondern in Stunden.“

Besonders sei dabei, dass das Manöver unter deutscher Führung stattfindet. Ein Novum in dieser Größenodnung und ein weiteres Zeichen: an die Bündnispartner. „Sie fordern immer wieder, dass wir mehr Verantwortung innerhalb der Nato übernehmen. Und das machen wir hiermit“, so Gerhartz, der dabei aber auch die Amerikaner nicht vergisst. „Ohne sie geht es nicht.“

Auch deshalb nun der Vorab-Besuch in Washington. Und auch hier machte man noch einmal auf die Bedeutung der Übung aufmerksam. „Unsere transatlantische Partnerschaft ist stark“, sagte Michael A. Loh. Der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, dass man nie wisse, was passieren kann. „Es ist also wichtig, immer bereit zu sein.“ Dazu gehöre es, die schnelle Mobilisierung von großen Truppenverbänden zu üben. „Das machen wir als Allianz, gemeinsam mit unseren Freunden“, so der US-Generalleutnant.

Das sagt die deutsche Botschafterin in den USA

In dieselbe Kerbe schlug schließlich auch die deutsche Botschafterin Emily Haber. Sie verurteilte Russlands Krieg in der Ukraine aufs Schärfste und sprach mit Blick auf „Air Defender 2023“ von einer klaren Botschaft Richtung Osten. „Die Sprache dieser Übung ist Einigkeit unter den Nato-Partnern.“

Insgesamt zehn Manövertage sind im Juni geplant. Die Verlegung der ersten Flugzeuge geschieht in den zwei Wochen davor. In Jagel und Hohn werden dabei unter anderem auch US-Jets vom Typ F35 erwartet, von denen die Bundesrepublik kürzlich 35 Stück bestellt hatte. „Das ist für uns natürlich besonders interessant“, sagte Gerhartz, denn 2026 werde die Bundeswehr die seiner Meinung nach „besten und modernsten Kampfflugzeuge der Welt“ in Betrieb nehmen.

Gemeinsam mit den Jageler Tornados und weiteren Kampfflugzeugen werden die F35 während der Übung täglich zu verschiedenen Flugmanövern insbesondere über Nord- und Ostsee starten. Dabei gebe es mehrere Flugphasen. Dass das eine Belastung für die Anwohner der Fliegerhorste in Jagel und Hohn sein wird, weiß auch der Inspekteur.

Spätestens seit Beginn des Ukraine-Krieges aber habe er die Erfahrung gemacht, dass die Akzeptanz der Deutschen für die Luftwaffe und den damit verbundenen Lärm wachse. „Die Leute wollen, dass wir einsatzfähig sind. Das merkt man ganz eindeutig. Und es ist auch wichtig für uns, die Bevölkerung hinter uns zu wissen.“ Insgesamt sind pro Tag etwa 250 Flüge in drei Lufträumen geplant (nachts und an den Wochenenden wird nicht geflogen).

Und aber um auch in Zukunft und dauerhaft einsatzfähig zu bleiben, dafür brauche es genügend Bundeswehr-Flugplätze. Diese seien, so Gerhartz, seit 1990 um die Hälfte reduziert worden. Umso wichtig sei es deshalb, nicht noch weitere Standorte zu verlieren. Deshalb wolle er sich für einen langfristigen Erhalt des Flugplatzes Hohn, der momentan den Jagelern aus Ausweichplatz dient, einsetzen. Er sei guter Dinge, dass das gelinge.

Auswirkungen auf zivile Luftfahrt?

Bleibt die Frage, ob die riesige Luftwaffen-Übung im Juni auch Auswirkungen auf die zivile Luftfahrt, etwa am Hamburger Flughafen, haben wird. Ganz ausschließen können das die Planer nicht. Mit großen Einschränkungen aber rechnen sie nicht. Man habe erst kürzlich bei der Deutschen Flugsicherung eine weitere Simulationsstudie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis müsse noch ausgewertet werden.

Unser Reporter Sven Windmann befindet sich aktuell in der US-Hauptstadt Washington.

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