Jazz-Star Martin Wind

Mit dem Kontrabass von Flensburg in die USA

Mit dem Kontrabass von Flensburg in die USA

Mit dem Kontrabass von Flensburg in die USA

Gunnar Dommasch/shz.de
Flensburg
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Auf der Jazz Cruise konzertierte Martin Wind mit Broadway-Diva Ann Hampton Callaway, Jazz Sänger Kurt Elling und Samara Joy, die jüngst den Grammy für „Best new Artist“ gewonnen hat. Foto: Jeff Donn/shz.de

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Der nunmehr 54-Jährige ist nicht nur ein international begehrter Sideman, sondern darüber hinaus erfolgreich als Dozent, Komponist und Arrangeur. Seine Heimat Flensburg aber hat er nicht vergessen.

Mit 28 Jahren macht er den Absprung. Ein gewaltiger Sprung von Flensburg über den „großen Teich“ – nach New York. Danach geht es für Martin Wind steil bergauf. Er hat als Bassist mit nahezu allen Musikern gespielt, die in der Jazz-Szene Rang und Namen haben.

International begehrter Künstler

Der nunmehr 54-Jährige ist nicht nur ein international begehrter Sideman, sondern darüber hinaus erfolgreich als Dozent, Komponist und Arrangeur. Erst Ende letzten Jahres stand er wieder bei der Kennedy Center Honors Gala auf der Bühne, im Trio von Dianne Reeves und mit Weltstars wie George Clooney, Julia Roberts und Matt Damon.

Doch seine Heimatstadt hat er nicht vergessen:

Immer wieder reist er an die Förde, nicht nur um seine Familie zu besuchen, sondern um in verschiedenen Formationen aufzutreten.

Im März etwa mit der aus Flensburg stammenden Schauspielerin und Autorin Katharina Pütter, mit der er schon einmal auf dem Museumsberg eine Lesung im strömenden Regen bestehen musste, und am 22. April mit dem Gravity Trio im Alten Gymnasium, an dem Wind sein Abitur machte.

Als Duo mit Ulf Meyer unterwegs

Bereits 1991 wird das Duo Ulf Meyer & Martin Wind gegründet; seitdem spielen die beiden wie aus einem Guss in unregelmäßigen Abständen vor einem treuen Publikum im Orpheus Theater an der Marienstraße. Der Radius im Norden erweitert sich, wenn der Bassmann beim Festival Jazz-Baltica in Timmendorfer Strand das Eröffnungskonzert mit dem Gravity Trio plus Philip Catherine bestreiten wird.

Ausgebildet ist Martin Wind an der Musikhochschule Köln als Diplom-Orchestermusiker. „Das war damals die absolute Jazz-Hauptstadt.“ Danach geht er mit Hilfe eines Stipendiums an die New York University, wo er sein Studium in Jazzcomposition und Performance mit einem Master‘s Degree abschließt. Ihm wird als erster Jazzmusiker der Kulturpreis des Landes Schleswig-Holstein verliehen.

Gute Kontakte im Bundesjazzorchester

Der Schritt in die Metropole wird durch Kontakte im Bundesjazzorchester (Bujazzo) erleichtert, dessen Gründungsmitglied er ist. Schon während des Studiums tourt er mit US-Bands durch Europa. „Ein Balance-Akt, nebenbei die Prüfungen zu absolvieren.“ Doch er will unbedingt dahin, wo das Herz des Jazz pulsiert.

Der 1. September 1995 ist der Tag der Tage: Mit seinem Kontrabass landet er im „Big Apple“, Pianist Bill Mays nimmt ihn unter seine Fittiche. Über ihn lernt er nur einen Tag später bei einem „Blind Date“ seine spätere Frau Maria kennen, mit der er voriges Jahr in Griechenland Silberne Hochzeit feierte.

2006: Gründung des Martin Wind Quartet

In der Folge spielt er sich in die Jazz-Elite, Seite an Seite mit Größen wie Gidon Kremer, Pat Metheny, Michael und Randy Brecker, John Scofield, Till Brönner, Paul Kuhn und Charlie Mariano, um nur einige zu nennen. Preise und Auszeichnungen häufen sich. 2006 gründet er das „Martin Wind Quartet“, gibt unter anderem Konzerte mit dem Orchester des Landestheaters Schleswig-Holstein.

Martin Wind hat zwei Söhne, 22 und 25 Jahre alt; er wohnt in Teaneck, New Jersey; über die George-Washington-Bridge ist es ein Katzensprung nach New York – wenn die Verkehrslage es denn zulässt. „Es ist die meistbefahrene Brücke der Welt, da kann es auch schon mal länger dauern.“

Ebenso wie die vielen Flugreisen, die der Musiker auf sich nimmt.

Auf diese Weise habe er viele anregende Kontakte auf der ganzen Welt knüpfen können.

In der Trump-Ära sei es nicht leicht für ihn und viele andere gewesen. „Anstrengend! Der Mann hat ungeheuer polarisiert. Sehr problematisch, fast wie eine Reality-Show.“ Doch nun sei es unbeschwerter geworden; und so sieht Martin Wind gegenwärtig keine Veranlassung, nach Deutschland zurückzukehren. „Auch wenn man das für die Zukunft nicht ausschließen kann.“

Konzert im Alten Gymnasium

Wenn er sein Konzert im Alten Gymnasium gibt, werden seine Gedanken mit Sicherheit zu seinem unlängst verstorbenen Musiklehrer wandern. Damals sei er ein 15-jähriger, unmotivierter Gitarrist gewesen. „Hans Letschert hat mich ermutigt, in der Big Band zum E-Bass zu greifen.“ Der Rest ist Geschichte. Und Martin Wind wird bestimmt die richtigen Worte finden, wenn er an seinen ehemaligen Mentor erinnern und ein paar Worte sagen wird. „Ohne ihn säße ich mit meinem Kontrabass jetzt nicht in New York.“

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