Gutachten

Kaum Wohnungen für Sylter – neues Gesetz soll helfen

Kaum Wohnungen für Sylter – neues Gesetz soll helfen

Kaum Wohnungen für Sylter – neues Gesetz soll helfen

Yannik Burgemeister/shz.de
Westerland/Kiel
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Wer auf Sylt eine Wohnung sucht, der braucht Glück. Die Inselgemeinden liegen im landesweiten Wohnungsnot-Ranking weit vorne. Foto: Daniel Reinhardt/shz.de

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Ein Gutachten des Innenministeriums attestiert Sylt, was seine Bewohner längst wissen: Auf Deutschlands Lieblingsinsel ist die Wohnungsnot landesweit am heftigsten. Ein neues Gesetz soll helfen.

Die Gemeinde Sylt ist Spitzenreiter, Norderstedt und Grömitz sind auf dem Treppchen. Doch das ist kein Grund zum Feiern, im Gegenteil. Denn im Ranking der „angespannten Wohnungsmärkte“ sind die Gemeinden Sylt, Kampen, Hörnum, List und Wenningstedt alle vermerkt. Heißt: Dort ist Wohnraum Mangelware.

In Schleswig-Holstein gibt es 1106 Gemeinden. Ein Gutachten im Auftrag des Landesministeriums für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport hat nun 67 Gemeinden und Städte einen angespannten Wohnungsmarkt attestiert. Nach der Gemeinde Sylt an der Spitzenposition folgen Hörnum (Platz 20), List (21) und Wenningstedt-Braderup (28), die jeweils vor Großstädten wie Kiel (37) oder Lübeck (47) platziert sind. Kampen folgt auf Platz 45 des Rankings.

Das sagt das Gesetz aus

Ab dem 9. Februar sollen diese 67 Kommunen nun die Möglichkeit erhalten, durch das neue Baulandmobilisierungsgesetz schneller Wohnungen bauen zu können. Laura Lewin, Sprecherin des Kreises Nordfriesland, erklärt die Funktion des Gesetzes: „Die betroffenen Gemeinden sollen innerhalb von Bebauungsplänen und im unbeplanten Innenbereich zugunsten des Wohnungsbaus ein besonderes Vorkaufsrecht bei brachliegenden und unbebauten Grundstücken wahrnehmen dürfen.“ Dieser Eingriff in das Eigentumsrecht sei laut Lewin neu.

Die Umsetzung wirft auf Sylt Fragen auf

Die Werkzeuge, die den Gemeinden so an die Hand gegeben werden sollen, klingen vielversprechend. Aber wie sieht es mit der Umsetzung aus? Das kann laut Kreissprecherin Lewin noch nicht beurteilt werden, da verschiedene Faktoren zu beachten seien. Zum einen gilt das Vorkaufsrecht nur, wenn Grundstücke überhaupt zum Verkauf stehen. Wenn Eigentümer also ihr mögliches Bauland nicht verkaufen möchten, dann greift das Gesetz nicht.

Ein weiterer Knackpunkt: Der Kaufpreis des Grundstücks. Denn die Gemeinden müssen weiterhin in Kaufverträge eintreten, also auch in den erlangten Kaufpreis, so Lewin. Ausnahmen wären lediglich Preise, die rechtswidrig hoch sind. Dies könnte besonders auf Sylt zum Problem werden: „Für die Inselgemeinden gibt es Marktpreise für Grundstücke, die sich die kommunalen Haushalte eventuell nicht leisten können.“

Zudem gäbe es rechtliche Bedenken, was den Begriff „brachliegend“ betrifft, erklärt die Sprecherin. Die genaue Bedeutung müsse noch geklärt werden: „Falls damit ein normaler Leerstand eines Gebäudes gemeint ist, würde das Vorkaufsrecht ziemlich früh greifen. Ist aber damit die ,Nutzungsaufgabe‘ gemeint, greift es sehr spät bis gar nicht.“

Das sagen die Bürgermeister der Insel zum Baulandmobilisierungsgesetz

Der Bürgermeister des Spitzenreiters, Nikolas Häckel, überrascht die Platzierung der Gemeinde Sylt nicht: „Wir erleben die Situation ja seit Jahrzehnten.“ Das neue Gesetz begrüßt er: „Selbstverständlich nutzen wir jedes passende Instrument, um auf die Umwandlung von Dauerwohnungen in Zweit- oder Ferienwohnungen zu reagieren und die Errichtung von auf Dauer gesicherten Wohnraum zu ermöglichen.“

Für Häckel ist jedoch fraglich, ob und inwieweit das Gesetz auch in der Praxis Anwendung finden kann. Dabei stimmen ihm die übrigen Amtsbürgermeister zu. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, dass sich die Tragweite des Gesetzes noch nicht bewerten ließe. Doch man sei positiv gestimmt, heißt es weiter, da durch das Gesetz „keine Nachteile für die Gemeinden, sondern vielmehr neue Handlungsmöglichkeiten“ entstehen würden.

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