Mord an Lübecker Arzt-Witwe

Ist die Cold Case Unit einem Serienmörder auf der Spur?

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SHZ
Lübeck
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Die ermordete Arztwitwe Gisela B. war gut situiert, galt als spendabel und kontaktfreudig. Foto: Cold Case Unit Foto: 90037

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Die Cold Case Unit ermittelt in einen weiteren ungeklärten Lübecker Mordfall. Vor 40 Jahren wurde die Arztwitwe Gisela B. nackt und erdrosselt in ihrem Bett gefunden – genauso wie eine andere Lübeckerin drei Jahre zuvor.

Hat vor 40 Jahren ein Serienmörder in Lübeck sein Unwesen getrieben? Die Cold Case Unit des Kieler Landeskriminalamts (LKA) hat sich einen weiteren ungeklärten Mordfall in der Hansestadt vorgenommen. Und deutliche Parallelen zum gewaltsamen Tod einer Frau drei Jahre zuvor entdeckt.

Beide Frauen lagen nackt und erdrosselt auf dem Bett

Im Februar 1978 war Bärbel K. (31) in der Hochparterre-Wohnung der Familie erdrosselt worden. Ihr Ehemann entdeckte die nackte Leiche am Abend auf dem Ehebett. Drei Jahre später wurden Polizisten zur Wohnung von Gisela B. (65) in der Innenstadt gerufen. Auf dem Bett im Schlafzimmer lag die Leiche der Arztwitwe – ebenfalls unbekleidet und erdrosselt.

Nahm der Täter seine Opfer in Lübecker Kneipen ins Visier?

Beide Tatorte lagen nur drei Kilometer voneinander entfernt. Wie bei Bärbel K. fehlte ein größerer Geldbetrag, zudem gab es noch eine weitere Gemeinsamkeit: Beide Frauen waren in der Lübecker Kneipenszene bekannt. Bärbel K. wegen ihres Jobs, sie arbeitete als Bedienung im „Lilly II“, der Gaststätte ihrer Mutter. Und die lebenslustige Gisela B. verbrachte viel Zeit in ihren Stammkneipen. Sie hatte keine Kinder, nahm immer wieder flüchtige Bekanntschaften mit in ihre Wohnung, um sie dort – eher mütterlich – zu bewirteten.

Ermittlerin Katrin Tönsfeldt: „Ein Zusammenhang beider Taten können wir daher nicht ausschließen.“ Die Frage, ob an beiden Tatorten identische DNA-Spuren gefunden wurden, wird aus „kriminaltaktischen Gründen“ nicht beantwortet.

Nachbarn hörten ein Poltern, riefen am Morgen die Polizei

Gisela B., die als gut situiert, spendabel, kontaktfreudig und sehr gepflegt beschrieben wurde, war am 2. September 1981 zwischen 19 und 20.30 Uhr in ihrer Wohnung in der Lübecker Krähenstraße 34 erdrosselt worden. An diesem Mittwochabend gab es im Fernsehen ein Fußball-Länderspiel zwischen Deutschland und Polen.


Mieter des kombinierten Wohn- und Geschäftshauses berichteten der Kripo später von polternden Geräuschen in der Wohnung von Gisela B. im zweiten Stock – da das Haus insgesamt sehr hellhörig sei, hätten sie diesen aber keine weitere Beachtung geschenkt. Am nächsten Morgen jedoch alarmierten sie wegen der gewaltsam aufgestemmten Wohnungstür der Arztwitwe die Polizei.

DNA-Spur am „Drosselungswerkzeug“

Vor einem halben Jahr hat die Cold Case Unit den Fall neu aufgerollt, unter anderem weil es eine „verbesserte DNA-Spur“ gibt. Diese soll nach Informationen unserer Redaktion vom „Drosselungswerkzeug“ stammen.

Bei beiden Taten sollen die Ermittler mittlerweile davon ausgehen, dass es sich vermutlich eher um Sexual- und nicht um Raubmorde handelt, obwohl jeweils Geld und im Fall von Gisela B. auch Schmuck gestohlen wurde.

Junger Ex-Freund der Witwe ist nicht der Mörder

Die Kripo-Ermittler damals richteten ihren Tatverdacht gegen den 20 Jahre jüngeren Ex-Freund von Gisela B., konnten diesen aber nie erhärten. „Wir können ihn mittlerweile komplett als Verdächtigen ausschließen“, betont Tönsfeldt.

Um den Täter 40 Jahre nach dem Mord zu fassen, bittet die Cold-Case-Unit, die bereits etliche Zeugen von damals erneut vernommen hat, die Bevölkerung um Hilfe bei der Verifizierung ihrer neu gewonnenen Erkenntnisse.

Fingerabdrücke an ungewöhnlichen Stellen

So gab es in der durchwühlten Wohnung der Arztwitwe Fingerabdrücke an ungewöhnlichen Stellen. Nun suchen die Ermittler nach den beiden Männern, die Gisela B. im Februar 1980 bei ihrem Umzug von der Krähenstraße 1 in die Krähenstraße 34 geholfen haben. Sie fuhren einen kleinen Lkw (Farbe unbekannt und vermutlich ohne Aufschrift), dessen Ladefläche nur von hinten zu betreten gewesen sein soll. Der Besitzer soll aus Stockelsdorf oder Umgebung stammen, eine Gaststätte besessen und den Umzug nebenbei getätigt haben. Möglicherweise stammen die Abdrücke von den Umzugshelfern.

Wo ist die Kette mit dem goldenen Dollar?

Außerdem erhoffen sich die Beamten Hinweise dazu, wo ein ungewöhnliches Schmuckstück der Arztwitwe geblieben ist. Es handelt sich um eine goldene Dollarmünze mit Bohrung, durch die eine Kette geführt war. Die Kette samt Dollar ist verschwunden.


Dies ist auch deswegen bedeutsam, weil der Mörder von Bärbel K. drei Jahre zuvor mutmaßlich eine Kette mit Anhänger am Tatort verlor. Hatte er die Kette mit der Dollarmünze als Ersatz mitgenommen – oder das ungewöhnliche Schmuckstück einfach nur verkauft?

Wer hat Gisela B. am Tag des Mordes noch gesehen?

Die Ermittler wollen wissen: Wer kann etwa zum Verbleib der Kette sagen? Ist sie möglicherweise in An- und Verkauf-Geschäften oder auf Flohmärkten veräußert worden? Außerdem interessiert die Beamten, wer Gisela B. am Nachmittag oder Abend des Tattages gesehen hat. War sie in Begleitung? Und wurden 1981 im Umfeld ihres Wohnortes auffällige Personen gesehen oder gab es zu dieser Zeit Sexualstraftaten in der Gegend?

Polizei sucht Zeugen, die noch nicht vernommen wurden

Gisela B. besuchte gerne folgenden Lokalitäten: „Rathaushof“, „Kachelofen“, “Gartenzwerg“, „Old Inn“, „Why Not?“, „Wienerwald“, „Mühlenberg“, „Schiffergesellschaft“, „Herzbube“ und „Jägerklause“ (hier soll sie sich am Tattag nach Zeugenaussagen aufgehalten haben). Die Ermittler fragen: Wer war 1981 in genannten Lokalitäten Stammgast? In welchen Bars hielt sich Gisela B. noch auf? Wer kann Angaben zu weiteren Kontaktpersonen machen? Und gibt es noch Personen, die sie kannten und die bis heute nicht zum Tatopfer oder zum Mord befragt wurden?

Hinweise an die Cold-Case-Unit unter 0431–160 42856

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Hannah Dobiaschowski
Hannah Dobiaschowski Projekte / Marketing
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