Ukraine-Krieg

Im Kreis Schleswig-Flensburg fehlen Unterkünfte für Geflüchtete

Im Kreis Schleswig-Flensburg fehlen Unterkünfte für Geflüchtete

Im Kreis Schleswig-Flensburg fehlen Geflüchteten-Unterkünfte

Michelle Ritterbusch/shz.de
Schleswig
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Als im März 2022 die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine eintrafen, war die Hilfsbereitschaft groß. Doch für die nächste Welle fehlt es jetzt an Wohnraum. Foto: Sven Windmann/shz.de

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Ein Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine ist nicht abzusehen und es werden weitere Geflüchtete von dort und aus anderen Krisengebieten zu uns kommen. Doch wo sollen sie untergebracht werden? Der Wohnraum in Schleswig und im Kreis Schleswig-Flensburg ist äußerst knapp.

368 Geflüchtete aus der Ukraine sowie aus anderen Ländern nimmt die Stadt Schleswig dieses Jahr insgesamt auf. 185 Menschen sind hier bereits angekommen, 183 weitere werden den Prognosen des Kreises zufolge noch erwartet. Den größten Anteil bilden Menschen aus der Ukraine, die vor dem Krieg in ihrem Land nach Deutschland geflüchtet sind.

Schleswig ist als kreisangehörige Kommune verpflichtet, die zugewiesenen Geflüchteten unterzubringen. Das Problem: „Es ist kein freier Wohnraum verfügbar“, sagt Julia Pfannkuch, Leiterin des Fachbereichs Bildung, Kultur und Ordnung der Stadt Schleswig. „Wir sind gefordert.“ Eine Flüchtlingsunterkunft zu bauen, ist bislang noch kein Thema. Aber es gebe andere Möglichkeiten, sagt sie.

Die Stadt könnte selbst Wohnraum anmieten

Bisher hat die Stadt keinen Wohnraum angemietet. Sie trat viel mehr als eine Art Vermittler auf. Die 174 Ukrainer, die bereits untergebracht wurden, konnten in privaten Wohnungen eine Bleibe finden. Die Mietverträge haben die Vermieter mit den Geflüchteten selbst geschlossen. Das könnte sich nun ändern: Laut Pfannkuch ist geplant, dass die Stadt künftig selbst als Mieter auftritt. Das könnte gegenüber potenziellen Vermietern ein Vorteil sein, weil die Stadt Schleswig zahlungsfähig ist. Auch das Zeichnen von weiteren Genossenschaftsanteilen sei eine Möglichkeit. Allerdings habe die Gewoba-Nord aktuell keine freien Wohnungen.

Schleswiger Jugendherberge anmieten oder Wohncontainer aufstellen?

Eventuell könnten in der derzeit nicht genutzten Jugendherberge Geflüchtete untergebracht werden. Dafür müsste eine Betreuung gefunden und die Einrichtung für die Geflüchteten angepasst werden. Große Umbauten sind aber nicht möglich: „Es muss schnell gehen“, betont Pfannkuch.

Eine andere Möglichkeit wären Wohncontainer. Aber auch diese Variante birgt Probleme: Die Container brauchen Anschlüsse für Wasser und Strom. Dafür müsste eine entsprechende Stellfläche gefunden werden. Aber: „In keinem B-Plan gibt es eine ausgewiesene Fläche ‚Flüchtlingsunterkunft‘“, so Pfannkuch und erläutert, dass die Container nicht einfach auf eine Rasenfläche gestellt werden können. Diese Variante bedarf also noch einer Klärung.

Interkommunale Zusammenarbeit könnte helfen

Nicht nur innerhalb der Stadtgrenzen sucht die Verwaltung derzeit nach Lösungen. Auch interkommunale Lösungen sind möglich. Aktuell gebe es zwar noch keine konkreten Pläne, aber „wir stehen mit allen Kommunen in engem Austausch. Auf allen Ebenen glühen die Telefone“, sagt die Fachbereichsleiterin.

Der Kreis versuche, auf die Wohnungsprobleme der Stadt Rücksicht zu nehmen, sagt Pfannkuch und betont, dass Schleswig bisher immer mehr als die verpflichtende Quote von 13 Prozent des Kreisanteils aufgenommen hat – „wenn man helfen kann, macht man das auch“. Besorgt ist Julia Pfannkuch aufgrund der aktuellen Lage aber nicht:

Kreis prüft alle Möglichkeiten

Auch beim Kreis Schleswig-Flensburg wird nach Lösungen gesucht, um die erwarteten weiteren Geflüchteten unterzubringen. Allerdings sei es in erster Linie Sache der Kommunen, die Menschen aufzunehmen und unterzubringen, der Kreis habe da keine Koordinierungsfunktion, erklärt Marko Wolter, Pressesprecher Soziales des Kreises. Darüber hinaus prüfe der Kreis aber auch weitere Möglichkeiten, wie die Errichtung von Massenunterkünften.

„Jede amtsfreie Gemeinde und jedes Amt im Kreis Schleswig-Flensburg hat bisher Personen aufgenommen. Die Unterbringung erfolgte in privatem und kommunen-eigenem Wohnraum, vorübergehend in Hotels oder Hostels sowie in Ferienwohnungen als auch in anderweitigen geeigneten Unterkünften, wie Gemeinschaftsräumen der Kommunen“, so Wolter. Der Kreissprecher zeigt sich zuversichtlich, dass die Kommunen des Kreises auch für die Zukunft noch Lösungen finden werden.

Anzahl der Geflüchteten nicht abzusehen, aber es fehlt insgesamt an Wohnraum

Wie viele Geflüchtete in den kommenden Monaten tatsächlich im Kreisgebiet untergebracht werden müssen, ist derzeit nicht abzusehen. „Eine entsprechende abschließende Zahl kann nicht genannt werden. Es gibt lediglich Prognosen, anhand derer sich eine mögliche Aufnahmemenge für Schleswig-Holstein und damit auch den Kreis Schleswig-Flensburg orientiert“, sagt Wolter.

„Allgemein betrachtet hat der Kreis Schleswig-Flensburg entsprechend des Königsteiner Schlüssels 7,0 Prozent an Neuzugängen aufzunehmen.“ In konkreten Zahlen bedeutet dies, dass der Kreis dieses Jahr insgesamt 2.380 Geflüchtete aufnehmen muss. Aktuell wurden bisher 2053 geflohene Menschen im Kreisgebiet untergebracht. Die Verpflichtung zur Aufnahme durch den Kreis sei aber grundsätzlich nicht beschränkt, erklärt Wolter.

Nach der ersten Welle im Frühjahr ist inzwischen nicht nur aus Schleswig, sondern auch aus den anderen Kommunen zu hören, dass es vielerorts an passendem Wohnraum mangelt: „Die amtsfreien Gemeinden und Ämter melden, dass der örtliche Wohnungsmarkt kaum bis hin zu keinem weiteren Wohnraum mehr hergibt. Öffentliche Aufrufe durch die amtsfreien Gemeinden und Ämter hinsichtlich freiem Wohnraum wurden bereits teilweise getätigt“, sagt Wolter. Wer noch über freien Wohnraum verfüge, solle sich direkt an seine Gemeinde wenden.

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