RS-Viren in Flensburg

Diako-Chefarzt Michael Dördelmann: „Man kann von einer Epidemie sprechen“

Diako-Chefarzt Michael Dördelmann: „Man kann von einer Epidemie sprechen“

Diako-Chefarzt spricht von einer Epidemie

SHZ
Flensburg
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In der Diako ist die Kinderstation seit Wochen am Limit. Foto: Michael Staudt / SHZ

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Die Lage ist angespannt, und das seit Wochen. Derzeit werden 15 Kinder mit RS-Infektion auf der Kinderstation des Flensburger Diako behandelt.

Ende September spitzte sich die Lage zu. Seitdem hat sie sich kaum verändert. Fast täglich werden neue Kinder mit schweren Atemwegs-Infektionen auf der Kinderstation der Diako in Flensburg aufgenommen. Manche können nach drei Tagen wieder entlassen werden. Andere bleiben zwei Wochen. Alle haben sich dem RS-Virus angesteckt, dem Respiratorischen Synzytial-Virus

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„Man kann von einer Epidemie sprechen“, sagt Dr. Michael Dördelmann, der Chefarzt der Kinderklinik. Am Donnerstagmorgen waren es 15 Kinder, die auf seiner Station behandelt wurden. Das sind mehr als Anfang Oktober, die Lage sei dennoch beherrschbar, sagt der Chefarzt. Denn: „Zum Glück muss im Moment niemand von ihnen beatmet werden.“

Die meisten Patienten sind Babys

So müssen Eltern – Stand Donnerstag – nicht damit rechnen, mit ihren kranken Kindern an andere Kliniken verwiesen zu werden.

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Die meisten kleinen Patienten sind höchstens sechs Monate alt und damit im Schnitt jünger als noch Anfang des Monats. Sie werden gemeinsam mit einem Elternteil aufgenommen und von den Patienten ohne RS-Infektion isoliert. Schwere Verläufe treten in erster Linie bei Kindern auf, die jünger als zwei Jahre sind.


„Es gibt keine Kausaltherapie“, sagt Dördelmann. Heißt: Die Ärzte können nichts tun, um die Infektion zu bekämpfen. Sie können nur die Symptome lindern und vor allem für ausreichende Nahrungsaufnahme sorgen. Die meisten infizierten Babys können zwar noch ohne Hilfe atmen, aber sie trinken ihre Milch nicht mehr, weil die Atemwege zu stark angegriffen sind. Sie müssen dann intravenös mit Flüssigkeit versorgt werden. Gegen die Entzündungen kann Cortison helfen, außerdem gibt es Schmerzmittel.

Es gibt keine Impfung

Wenn die Infektion so weit abgeklungen ist, dass das Kind wieder nach Hause kann, leidet es oft noch vier bis sechs Wochen an Husten.

Das Virus ist weltweit auf dem Vormarsch. Fachleute vermuten, dass während der Phasen des Corona-Lockdowns sich keine ausreichende Herdenimmunität bilden konnte. Auch in den vergangenen Jahre kam es immer wieder vor, dass Kinder mit schweren RSV-Infektionen in der Diako behandelt werden mussten. Die Häufung in diesem Herbst ist jedoch neu.

Eine Impfung gibt es nicht. Kinder mit besonderen Risikofaktoren kann man zusätzlich schützen – indem man ihnen während der Erkältungssaison, also im gesamten Winterhalbjahr – einmal monatlich Antikörper spritzt.

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