Das Wunder vom Betzenberg

Meisterschaft weckt auch 25 Jahre danach starke Gefühle

Meisterschaft weckt auch 25 Jahre danach starke Gefühle

Meisterschaft weckt auch 25 Jahre danach starke Gefühle

Apenrade/Aabenraa
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Pavel Kuka und Olaf Marschall jubeln mit Michael Schjønberg über das Tor des Dänen beim 1:0-Sieg gegen Bayern München am ersten Spieltag der Meisterschafts-Saison. Foto: Stephan Jansen/epa-dpa/Ritzau Scanpix

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Michael Schjønberg brachte mit seinem Tor im Münchener Olympiastadion am ersten Spieltag den Stein ins Rollen. Der 1. FC Kaiserslautern wurde 1998 als Aufsteiger sensationell deutscher Fußball-Meister. Der heute 56-jährige Däne spricht mit dem „Nordschleswiger“ über das Wunder vom Betzenberg.

„Wenn ich gefragt werde, spüre ich, dass es immer noch mächtig starke Gefühle in mir weckt, auch 25 Jahre danach. Es ist einzigartig. Es ist nur einmal passiert und wird wohl nicht noch einmal passieren. Ich bin stolz und glücklich, dass ich Teil dieser wahnsinnigen Geschichte war“, sagt Michael Schjønberg, als er am Dienstagvormittag beim Anruf des „Nordschleswigers“ vom Laufband getreten ist.

Der 56-Jährige aus Esbjerg ist nicht aus der Puste, scheint immer noch in guter Form. Der harte Hund und Dauerbrenner von damals spricht am 25. Jahrestag der sensationellen deutschen Meisterschaft mit dem 1. FC Kaiserslautern gerne über das Wunder vom Betzenberg, an dem er einen ganz erheblichen Anteil hatte.

Kindheitstraum Bundesliga

Schjønberg stand nicht nur in fast jedem Spiel über 90 Minuten auf dem Platz, er erzielte auch im Auftaktspiel den 1:0-Siegtreffer für den Aufsteiger gegen Titelverteidiger Bayern München.

„Das war natürlich ein großes Erlebnis. Bei aller Rivalität muss man ja zugeben, dass die Bayern schon damals eine große Nummer waren. Für mich als kleiner Junge in Esbjerg war es immer ein Kindheitstraum, einmal in der Bundesliga zu spielen. Jeden Sonnabend habe ich am Fernseher die Bundesliga verfolgt. Und dann stehst du auf einmal im Olympiastadion auf dem Platz“, so Schjønberg.

Michael Schjønberg versenkte den entscheidenden Elfmeter beim Pokalsieg von Hannover 96. Foto: Peter Kneffel/Ritzau Scanpix

Die Lauterer haben am vierten Spieltag die Tabellenführung übernommen und sie danach nicht mehr abgegeben.

„Wir sind zu keinem Zeitpunkt abgehoben und dachten nie von uns, dass wir die Besten sind. Wir haben eigentlich nicht viel nachgedacht, sondern einfach unsere Spiele gemacht. Wir waren eine große, harmonische Gruppe, die einfach Spaß hatte, und wo jeder für den anderen da war. Das beste Beispiel für unser Kollektiv war Jürgen Rische, der in dieser Saison zwölf Tore gemacht hat, aber sich kein einziges Mal beschwert hat, nicht Stammspieler zu sein. Alle waren froh, zu diesem Kollektiv zu gehören. Wir waren eine Einheit“, meint Michael Schjønberg.

In Lautern wird Fußball gelebt

Das war aber nicht nur auf dem Platz so. Es war eine große Familie.

„Wenn ich über Kaiserslautern erzähle, denken alle, dass Kaiserslautern eine riesige Stadt ist. Nein, das ist eine Stadt mit nur 100.000 Einwohnern, wo fast jeder jeden kennt. Vom Ordner über die Kellnerin im VIP-Bereich bis zum Spieler, da ist sich keiner zu fein, um zu grüßen. Dort ist es nicht nur Fußball, dort wird Fußball gelebt. Deswegen hat der sportliche Absturz in die Drittklassigkeit in der Region auch sehr wehgetan, und ich freue mich, dass es sportlich wieder besser läuft. Ich habe immer noch Kontakt dorthin, auch zu meinen Nachbarn in Stelzenberg, wo ich in meiner Lauterer Zeit gelebt habe“, erzählt der Däne.

Nach einem Schien- und Wadenbeinbruch sowie wegen akuter Kniebeschwerden musste er in der Saison 2000/01 nach fünf Jahren beim 1. FC Kaiserslautern seine Fußballkarriere frühzeitig beenden. Eine Karriere, in der er wie von magischer Hand die dicken Überraschungen an sich zog.

Nicht das einzige Wunder

Der 44-fache dänische Nationalspieler gehörte der OB-Mannschaft an, die 1995 erst den 1. FC Kaiserslautern und danach Real Madrid mit einem 2:0-Sieg im Bernabeu-Stadion aus dem UEFA-Pokal warf.

 

 

Michael Schjønberg spielte bei der Weltmeisterschaft 1998 für Dänemark. Foto: DN-Archiv

Drei Jahre zuvor holte er mit Hannover 96 den DFB-Pokal. Der Zweitligist hatte die Bundesligisten Bochum, Dortmund, Uerdingen, Karlsruhe und Bremen ausgeschaltet. Im Finale gegen Borussia Mönchengladbach ging es nach 120 torlosen Minuten ins Elfmeterschießen. Schjønberg schoss den entscheidenden Elfmeter zum 4:3-Sieg.

Keine Vergleiche

„Ich hatte das Glück, zu guten Klubs zu gehören, die etwas Wahnsinniges erlebt haben. Du kannst mich nicht darum bitten, die Erlebnisse zu vergleichen oder einzustufen. Das kann ich nicht. Alle waren einzigartig, und für mich war mein Debüt in der Nationalmannschaft auch eine große Sache. Es stand nirgendwo geschrieben, dass solch wahnsinnige Erlebnisse auf mich warten würden. Als ich Ynglinge DM bei Esbjerg fB spielte, war ich Torwart. In meinem ersten Senioren-Jahr habe ich Serie 4 gespielt, und mein Nationalmannschafts-Debüt kam erst mit 27“, so Schjønberg.

Der Linksverteidiger mit Offensivdrang kickte in seiner Karriere für Esbjerg fB (1987-90), Hannover 96 (1990-94), OB (1994-96) und für den 1. FC Kaiserslautern (1996-01).

14 Jahre Deutschland

„Ich habe einen Teil meines Herzens an die vier Klubs verloren. Seinerzeit habe ich nicht geglaubt, dass wir aus Deutschland wieder wegziehen würden. Ich habe 14 Jahre lang in Deutschland gelebt, und das hinterlässt Spuren“, sagt der 56-Jährige, der immer noch den deutschen Fußball verfolgt.

Nach seiner aktiven Laufbahn war er Jugend-Trainer und für relativ kurze Zeit Sportchef beim 1. FC Kaiserslautern, Co-Trainer und nach der Entlassung von Peter Neururer auch Interimstrainer von Hannover 96.

Herfølge, FC Vestsjælland, Vålerenga, Nest-Sotra, FC Svendborg und Vendsyssel FF sind weitere Trainerstationen gewesen. Aktuell ist er Trainer von 07 Vestur auf den Färöern.

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