Windbranchentag in Husum

Landtagswahl in SH: Richtungsentscheidung für die Windkraft

Landtagswahl in SH: Richtungsentscheidung für die Windkraft

Landtagswahl in SH: Richtungsentscheidung für die Windkraft

SHZ
Husum
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Im Auftrieb: Mit der Windkraft sind außer Klimaschutz plötzlich auch noch andere Hoffnungen verbunden. Foto: Oliver Berg Foto: 90037

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Mehr Windkraft gilt als Schlüssel für Klimaschutz und Energie-Unabhängigkeit von Russland. Ganz kurz vor der Landtagswahl haben Spitzenpolitiker aus SH ihre Unterschiede beim damit verknüpften Flächen-Management präzisiert.

Gern schmückt sich die Jamaika-Koalition mit dem Hinweis, dass Schleswig-Holstein als einziges Bundesland bisher zwei Prozent seiner Fläche für Windenergie ausgewiesen hat. Bis dieses Mittel für Klimaschutz und Energie-Souveränität aber vollständig wirkt, wird es noch dauern: Erst „bis Mitte/Ende der nächsten Legislaturperiode“, also vielleicht erst in fünf Jahren, werden alle 344 ausgewiesenen Einzelareale vollständig bebaut sein. Das schätzt Tobias Goldschmidt (Grüne), Staatssekretär im Ministerium für Energiewende und von seiner Partei designierter Minister des Ressorts, wenn sie nach den Wahlen am Sonntag weiter regiert.


Goldschmidt nannte den Zeithorizont auf sh:z-Nachfrage auf dem „Windbranchentag“ des Bundesverbands Windenergie (BWE) in Husum. Dazu waren am Donnerstag im Nordsee Congress Centrum mehr als 600 Teilnehmer zusammengekommen. Unmittelbar vor dem Wahltag wurden dabei in seltener Klarheit Unterschiede zwischen den Parteien beim Umgang mit Flächen für Rotoren deutlich.

Daniel Günther stellt ein "Stoppschild" auf

SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller sprach denn auch „von einer echten Richtungsentscheidung“. Seine Partei wolle „deutlich über die zwei Prozent hinaus“ und „gleich nach der Wahl daran gehen, weitere Flächen zu enwickeln“. Ebenso Goldschmidt, der sich klar zu einer Drei-Prozent-Quote bekannte; ausdrücklich bei gleichbleibenden Abständen von Windrädern zur Wohnbebauung. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hingegen stellte gegen eine Drei-Prozent-Forderung „ein Stoppschild“ auf. Es werde vergessen, dass schon die Einigung auf zwei Prozent nach der vorigen Wahl „eine hart errungene Akzeptanz“ gewesen sei.



Losse-Müller hält dem entgegen: Schleswig-Holsteins erneuerbare Strom-Produktion müsse sich mindestens auf etwa 55 Terrawattstunden pro Jahr verdoppeln, um Verkehr und Heizen zu dekarbonisieren. „Es trägt bei den Menschen auch zur Akzeptanz bei, wenn ein Windpark in ihrem Haus in Wärme umgesetzt wird“, argumentierte er.


FDP-Spitzenkandidat und Wirtschaftsminister Bernd Buchholz hielt Goldschmidt vor, er rede die Bedenken von Naturschützern klein. Es gehe nicht an, dass die Grünen grundsätzlich einen zu hohen Flächenverbrauch monierten, bei Windkraft hingegen so großzügig seien. Buchholz und Günther sehen Potenziale für grünen Strom in erster Linie im Repowering, also dem Ersetzen alter Anlagen durch leistungsfähigere moderne. Und das auch auf alten Flächen, die zunächst nicht als künftige Windvorranggebiete klassifiziert worden waren. „Auch so werden wir mehr machen als allein das Zwei-Prozent-Ziel“, sagte der Ministerpräsident.


Deshalb dauert es so lange bis zum Betriebsbeginn

Welche Quote auch immer – BWE-Landesvorsitzender Jan Lorenzen erklärte, warum sich die bisherigen Anfang 2021 festgelegten Areale nicht auf Knopfdruck bestücken lassen: Erst müssen die Investoren für jedes einzelne Windrad eine Genehmigung der Landesbehörden einholen, die etwa Fragen des Schall- und Vogelschutzes klärt. Üblicherweise erst mit dieser Sicherheit bestellen sie die Anlage. Materialprobleme und Fachkräftemangel, so Lorenzen, verzögerten dann zusehends Lieferung und Montage.

BWE: Von den zwei Prozent ist nicht alles bebaubar

Laut BWE-Bundesvorsitzendem Hermann Albers stellt sich außerdem heraus, „dass von den zwei Prozent nicht alles bebaubar ist“. Das liegt nach BWE-Angaben unter anderem daran, dass Windräder stetig höher und ihre Rotoren länger werden. Dann greifen Sonderregeln, die die Standard-Abstände zu Häusern vergrößern. Mehr und mehr müssen Anlagen dann in die Mitte einer Fläche rücken.

Bisher fehlen Einspeiseziele der Landesregierung

Nicht zuletzt wegen solcher Unwägbarkeiten halten Albers und Lorenzen eines für noch wichtiger als ein Prozent-Ziel der Politik: Die künftige Landesregierung müsse per Gesetz mengenmäßige Einspeiseziele für grünen Strom bestimmen und mit einer konkreten Zeitschiene unterlegen.


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