Serie: Auf Arbeit mit…

Ein Tag im Leben einer Bücherbusfahrerin

Ein Tag im Leben einer Bücherbusfahrerin

Ein Tag im Leben einer Bücherbusfahrerin

Anna Itter
Anna Ittner
Apenrade/Aabenraa
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Angelika Olczak hat den Überblick im Bücherbus.
Angelika Olczak hat den Überblick im Bücherbus. Foto: Anna Ittner

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In unserer Serie „Auf Arbeit mit …“ begleiten wir Menschen in ihrem Berufsalltag. In dieser Folge berichtet Angelika Olczak von ihrer Arbeit als Bücherbusfahrerin für den Verband Deutscher Büchereien Nordschleswig. Wir sind in ihrem Bus mitgefahren.

„Eine typische Woche – das ist schwer zu sagen“, sagt Angelika Olczak und überlegt. Sie übt einen Job aus, den nicht viele haben: Mit einer mobilen Bibliothek fährt sie quer durch Nordschleswig. Als Bücherbusfahrerin bringt sie Literatur, Magazine und mehr zu Menschen, deren Weg zur nächsten Bücherei zu weit ist. Sie können die Medien gezielt bestellen oder sich einfach überraschen lassen, was Angelika für sie mitbringt.

Die rollende Bibliothek ist ein Angebot des Verbands Deutscher Büchereien in Nordschleswig. Angelika ist eine von zwei Angestellten, die die beiden Bücherbusse des Verbands bedienen.

Angelika lagert die vorbestellten Bücher in ihrem Büro in der Zentralbücherei Apenrade.
Angelika lagert die vorbestellten Bücher in ihrem Büro in der Zentralbücherei Apenrade. Foto: Anna Ittner

Heute stehen für die Bücherbusfahrerin fünf Haushalte in und um Woyens (Vojens) auf dem Fahrplan. Die Besuche laufen sehr unterschiedlich ab. Der erste Nutzer hatte im Vorfeld einige Bücher bestellt, die Angelika dann zusammengetragen hat. Sie können aus dem gesamten Fundus des Verbands Deutscher Büchereien Nordschleswig stammen oder sogar durch Fernleihe aus Schleswig-Holstein kommen.

Neben Einzelpersonen nutzen auch Kindergärten und Schulen das Angebot. Normalerweise fährt Angelika zu jedem Haus einzeln, in Lügumkloster (Løgumkloster) gibt es aber zum Beispiel auch eine zentrale Haltestelle, zu der die Leute kommen können.

Ordnung ist das halbe Leben

Bei den Leserinnen und Lesern angekommen, wird getauscht: Angelika nimmt die ausgelesenen Bücher entgegen, die Menschen bekommen ihren neuen Lesestoff überreicht. Danach scannt die Bücherbusfahrerin die zurückgegebenen Bücher wieder ins System ein. Nebenbei trägt sie in die geliehenen Bücher jeweils die kundeneigenen Kürzel ein: So kann sie später einfach nachsehen, ob jemand das Buch, das sie ihr oder ihm mitbringen möchte, nicht schon gelesen hat.

Angelika nimmt sich Zeit, für jeden das richtige Buch zu finden.
Angelika nimmt sich Zeit, für jeden das richtige Buch zu finden. Foto: Anna Ittner

Und schon kann es weitergehen zum nächsten Stopp – ein Hof im Umland von Woyens. Die Kundin dort ist nicht zu Hause – hatte das aber vorher mit Angelika abgesprochen. Ihre Kiste voller Bücher findet sie im Gewächshaus. „Sie hatte nichts Genaues bestellt. Da schaue ich jetzt, was sie vorher hatte, was dazu passen könnte."

Sie kramt und scannt, sucht und findet

Die Bücherei-Mitarbeiterin kramt und scannt, sie sucht und findet. Mit Literatur- und Menschenkenntnis bringt sie Bücher mit Kundinnen und Kunden zusammen. Ob Angelika das immer richtig einschätzt? Über Feedback freut sie sich. „Manchmal kommt dann natürlich auch mal ‚Das Buch war gar nicht meins‘, aber meistens war es schon gut."

Es ist sehr abwechslungsreich, jeder Tag ist anders.

Angelika Olczak, Bücherbusfahrerin

Die Leute behalten die Bücher dann, bis Angelika das nächste Mal vorbeikommt. Da sie 17 verschiedene Touren fährt, dauert es etwa fünf Wochen, bis man wieder dran ist. Angelika bedient damit etwa 150 bis 200 Personen in Rothenkrug (Rødekro), Rapstedt (Ravsted), Lügumkloster, Woyens und weiteren Orten. Ihr Kollege fährt mit dem zweiten Bücherbus weitere 24 Routen. Zusammen decken sie ganz Nordschleswig ab.

Am 8. und 9. September findet das internationale Treffen der Fahrbüchereien in Cuxhaven statt. Da wird Angelika Olczak auch dabei sein, zusammen mit ihrem Kollegen Matthias Zwirner. Vielleicht bringen sie von dort auch neue Ideen mit.

An das Fahren des großen Busses musste sich Angelika auch erst einmal gewöhnen.
An das Fahren des großen Busses musste sich Angelika erst einmal gewöhnen. Foto: Anna Ittner

Ganz einfach ist der Job einer Bücherbusfahrerin natürlich auch nicht: Teilweise ist sie für längere Touren von morgens bis abends unterwegs. Im Bus wird es im Sommer auch schon mal sehr warm, außerdem ist er nicht leise. „Da ist man abends froh, wenn dann Ruhe ist."

Aber das nimmt sie alles locker, denn sie ist glücklich in dem Beruf. „Es ist sehr abwechslungsreich, jeder Tag ist anders“, sagt sie. Außerdem mag sie es, ihr „eigener Herr“ sein zu können, andererseits aber auch viel Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen und der Kundschaft zu haben. Die Mischung macht es für sie zu einer guten Jobwahl. Und natürlich der Umgang mit Büchern.

Chance zum Lesen geben

Lang ist sie noch nicht dabei, erst seit Januar. Vorher ist sie Malerin am Bau gewesen, auf die Stellenausschreibung eher zufällig gestoßen. Die Büchereibranche war also etwas ganz Neues für sie. Beim Einarbeiten habe sie viel Unterstützung von den Kollegen bekommen, das habe es sehr erleichtert. Sie bringt ihrerseits aber auch gerne frische Ansichten und Vorschläge ein. Unter anderem die Idee, sich gezielt an Seniorenwohnheime zu wenden und dort potenzielle Interessenten zu finden. „Menschen in solchen Situationen haben ja sonst gar keine Chance, in die Bibliothek zu kommen“, erklärt sie die Aktion.

Sandra Böhm und ihre Tochter Celina Isabel lassen sich gern vom Angebot ihm Bücherbus überraschen.
Sandra Böhm und ihre Tochter Celina Isabel lassen sich gern vom Angebot im Bücherbus überraschen. Foto: Anna Ittner

Aber auch Menschen, die theoretisch die Möglichkeit hätten, Standortbibliotheken zu besuchen, nutzen das Angebot. Eine von diesen ist Sandra Böhm, deren Haus Angelika auch regelmäßig besucht. Sie sagt: „Es erleichtert meinen Alltag, dass sie hier einfach vorbeikommt." Sie schaut auch oft nach Büchern für den Kindergarten. Ihrer Tochter Celina Isabel gefällt es ebenfalls, dass es hier so viele Bücher gibt. Auch für sie hat Angelika eine Empfehlung parat.

Das hat etwas Erfüllendes: zu sehen, wenn die Augen leuchten. Das tut echt gut.

Angelika Olczak, Mensch-Buch-Vermittlerin

Ansonsten finden sich Kundschaft vor allem über Mundpropaganda innerhalb der Minderheit. Viele kennen die Bücherbusse seit ihrer Kindheit – und geben es später an ihre eigenen Kinder weiter. Kenneth Christensen nutzt das Angebot mit seinen Söhnen Lukas und Johan praktisch seit deren Geburt. So wird die fahrende Bücherei zum Familienerlebnis – wann kommen sonst schon mal alle zusammen in die Bibliothek und können sich beraten lassen? „Da gibt es auch oft Überraschungen, was das Kind vielleicht gar nicht mehr interessiert“, erzählt Angelika.

Beratung der Leserinnen und Leser ist ein großer Teil des Berufs als Bücherbusfahrerin.
Beratung und Gespräche mit den Leserinnen und Lesern machen einen großen Teil des Berufs als Bücherbusfahrerin aus. Foto: Anna Ittner

Persönliche Interessen kennen

Kenneth liest gern Computermagazine, lässt sich aber auch gern mal überraschen. Er sagt: „Hier gibt es immer gute Auswahl, Angelika bringt auch immer gute Sachen mit, vor allem je besser sie uns kennt.“ Das ist einfacher, je spezifischer der Geschmack der Menschen ist. Wenn Leute querbeet lesen, ist es manchmal schwieriger einzuschätzen, was ihnen gefallen könnte. Aber auch das meistert Angelika. Sie selbst liest auch meistens einfach, „was mich gerade einfängt“.

Kenneth Christensen ist mit seinen Söhnen Lukas (l.) und Johan oft beim Bücherbus
Kenneth Christensen ist mit seinen Söhnen Lukas (l.) und Johan oft beim Bücherbus. Foto: Anna Ittner

Lukas gefällt am Bücherbus am besten, „so viele Bücher lesen zu können und immer interessante Sachen zu finden“. Er und sein Bruder stöbern durch die Regale, schauen in Bücher hinein, wählen einige aus. Angelika hält Lukas drei Star-Wars-Bände hin, seine Augen werden groß. Die werden mitgenommen. Das ist einer der tollen Momente des Berufs, meint Angelika. „Das hat etwas Erfüllendes: zu sehen, wenn die Augen leuchten. Das tut echt gut.“

Nach ein paar Stunden ist die Tour beendet. Erfolgreich hat Angelika heute ein paar Bücher mit Leserinnen und Lesern verkuppelt und andere wieder eingesammelt. Vielleicht finden sie ja direkt auf der nächsten Tour einen neuen Interessierten?

Im Bücherbus gibt es gemütliche Ecken zum Reinlesen - schafft es dieses Buch mit nach Hause?
Im Bücherbus gibt es gemütliche Ecken zum Reinlesen. Schafft es dieses Buch mit nach Hause? Foto: Anna Ittner

Weitere Informationen zum Bücherbus gibt es hier.

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