Deutsche Minderheit

Sozialdienst blickt nach vorne

Sozialdienst blickt nach vorne

Sozialdienst blickt nach vorne

Tingleff/Tinglev
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96 Teilnehmer, davon 70 stimmberechtigt, wurden am Donnerstagabend in Tingleff gezählt. Foto: Cornelius von Tiedemann

Bericht von der Generalversammlung des Sozialdienstes Nordschleswig: Ehrungen, Freude über einen aktiven Verband, Ausblicke auf mögliche Reformen – und Skepsis angesichts möglicher Abgabe von Kompetenzen.

Am Donnerstagabend hat der Sozialdienst Nordschleswig seine Generalversammlung, die erstmals nicht mehr Hauptversammlung genannt wurde, in der Deutschen Schule Tingleff abgehalten.

Zunächst waren zwei Ehrungen an der Reihe. Der Paritätische, vertreten durch Verbandsrat Heiko Frost, ehemals Leiter der Bildungsstätte Knivsberg,  ehrte Hildegard Höft, Vorsitzende im Ortsverein Hoyer, mit dem goldenen Ehrenzeichen für ihren lebenslangen Einsatz für die soziale Arbeit. Höft habe sich auch über den Sozialdienst hinaus engagiert, zum Beispiel im Frivillighedsråd der Kommune Tondern. Sie habe den Stellenwert des Sozialdienstes und der sozialen Arbeit trotz vieler Sparauflagen von öffentlicher Seite nach außen sichtbar gemacht, sagte Frost.

„Das war ich ja nicht alleine“, so Höft, die sich bei ihrem Vorstand bedankte. Frost nutzte die Gelegenheit, den Sozialdienst insgesamt als enorm aktiven Verband zu loben, das zeige schon die rege Teilnahme an der Generalversammlung.

Hildegard Höft bekommt eine goldene Nadel von Heiko Frost angesteckt. Foto: Cornelius von Tiedemann

Doppelte Ehrung für Hildegard Höft

Gösta Toft ehrte im Namen des Sozialdienstes seinerseits Hildegard Höft für den Einsatz für die ehrenamtliche Arbeit. Sie wurde also doppelt ausgezeichnet. „Du stehst deine Frau“, sagte Toft über Höft, deren Stimme im wahrsten Sinne nicht zu überhören sei. „Wenn man mit dir diskutiert, weiß man, worum es geht. Man merkt, dass du mit dem ganzen Herzen dabei bist“, so Toft.

70 stimmberechtigte Delegierte waren in der Deutschen Schule Tingleff versammelt, 96 Teilnehmer kamen insgesamt – und lauschten nach der Doppel-Ehrung dem Jahresbericht des Vorsitzenden Gösta Toft.

Rückblick auf ein Jubiläumsjahr

Er erinnerte  an die gelungenen Jubiläumsfeste des Sozialdienstes (75 Jahre) und des Ortsvereins Hoyer (50 Jahre). Er freue sich, dass es mit „tatkräftiger Unterstützung“ gelungen ist, den Verein an der Westküste trotz zahlreicher Verabschiedungen aus dem Vorstand weiterzuführen.  Die Zahl von 100 Mitgliedern zeige, wie aktiv der Sozialdienst in Hoyer sei.

Bedauern über Wegfall staatlicher Förderung

Es sei erfreulich, dass die angespannte Haushaltssituation durch die Solidarität der anderen Verbände aufgefangen werden konnte. Toft sprach aber auch den Wegfall der Mittel für das Freiwilligencenter an. 350.000 Kronen fehlen nun jährlich.

Die Argumentation für die Streichung sei schlimm, weil man sich „nur“ an die deutsche Minderheit wende. „Welchen Wert hat dann die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten, welche hat die Sprachencharta?“, so Toft. „Im nächsten Jahr sollen wir gemeinsam 100 Jahre Grenzziehung und 100 Jahre deutsche Minderheit feiern. Irgendwie passt das nicht zusammen“, monierte er.

Gedanken zur Zukunft

Der Sozialdienst wolle mehr aktive Mitglieder, jüngere Leute ansprechen, sichtbarer werden, die digitalen Medien mehr nutzen und mehr zusammenarbeiten. Eine IT-Arbeitsgruppe sei bereits eingerichtet worden. Erste Ergebnisse seien sichtbar, aber zum Beispiel solle das IT-Programm „Foreningen let“ in der Mitgliederverwaltung eingeführt werden.

Auch die Digitalisierung des „Nordschleswigers“ sei „eine große Aufgabe“. „Wir sind sehr auf die Zeitung als Kommunikationsmittel angewiesen. Der Sozialdienst ist im ,Nordschleswiger' sehr präsent, deswegen sollten wir die Möglichkeiten im Internet nutzen“, so Toft.

„Wir müssen den Mut haben, Gewohntes infrage zu stellen, uns selbst infrage zu stellen“, so Toft. „Können wir die Familienberatung auch anders strukturieren als bisher, so wie es aus Sonderburg vorgeschlagen wird? Wollen wir in der Geschäftsstelle eine ähnliche Struktur einführen wie beim Jugendverband?“, fragte Toft beispielsweise.

Volles Haus in Tingleff Foto: Cornelius von Tiedemann

 

Familienberaterinnen stellen Vereinsamung fest

Karin Müller und Tina Bruhn Hansen gaben anschließend einen Stimmungsbericht aus dem Alltag der Familienberaterinnen wieder. Der Bedarf für ihre Arbeit nehme zu, zugleich werde immer mehr über Kürzungen gesprochen, klagten sie. Durch die Digitalisierung werde der Kontakt zu den Behörden immer unpersönlicher. Auch hier müssten sie inzwischen vieles auffangen.

Die Familienberaterinnen machten die schwierigen, einsamen Tage ein bisschen leichter. Doch immer mehr Menschen seien einsam. Das können die Beraterinnen nicht ändern, so Müller und Hansen, aber sie könnten vermitteln und Kontakte schaffen. „Wo gibt es denn so ein einzigartiges Angebot noch? Nicht mal in der dänischen Minderheit in Deutschland gibt es das noch“, so die Beraterinnen. Die Gemeinschaft gelte auch für die, die es nicht leicht haben, es gebe Angebote, „wo sich auch der Schwächste wohlfühlen kann“.

Gösta Toft spendete, wie der gesamte Saal, Beifall: „Zahlen sagen da nicht immer viel aus, aber es ist ein riesiger Wert, den wir da in der Familienberatung haben. Unsere Familienberaterinnen haben ja auch eine wichtige Funktion als Koordination vor Ort.“

Haushalt weiter im Minus

Klaus Tästensen legte die Jahresrechnung für Verband und Haus Quickborn vor. 6.521.032 Kronen nahm der Sozialdienst 2018 ein – etwa 150.000 Kronen mehr als im Vorjahr. Doch auch die Ausgaben stiegen – um rund 230.000 auf 6.651.806 Kronen – ein Verlust von 130.773 Kronen, rund dreimal so viel wie im Vorjahr. Eine Spende der Jebsen-Stiftung soll dies ausgleichen.

Das Haus Quickborn, das getrennt bilanziert, hat Einnahmen von rund 1,4 Millionen Kronen gemacht, fast unverändert zu 2017, die Ausgaben sanken derweil von 2,25 auf 2,12 Millionen Kronen. Der Verlust belief sich auf rund 700.000 Kronen.

Debatte zur Zukunft

Dieter Johannsen, langjähriger Vorsitzender des Sozialdienstes, meldete sich aus der Versammlung zu Wort und warnte davor, den Weg zu gehen, den der Jugendverband mit hauptamtlichen Koordinatoren gegangen ist. „Was kann ein Konsulent besser als ein Abteilungsleiter? Warum soll dem Generalsekretär des BDN noch mehr Macht zugeschnitten werden? Wir sollten nicht unsere Selbstständigkeit aufgeben. Finger weg davon!“

Tofts Antwort: „So schätze ich auch die Haltung ein – aber wir müssen uns natürlich auch dazu verhalten, welche Vorteile es haben könnte. Der Jugendverband hat sich relativ positiv entwickelt. Bei der Buchführung sind wir schon angegliedert, aber ich finde auch, dass die Selbstständigkeit einen hohen Wert hat.“

Abteilungsleiter Hans Grundt: „Wir sind von 3.800 auf 4.600 Mitglieder in meiner Zeit gestiegen, der Jugendverband um weniger. Und da muss man sich auch fragen, wie viel Geld hat der Jugendverband in dieser Zeit verschlungen, was da besser und effizienter ist!“

Toft: „Wir dürfen ja auch ganz anders denken, können es anders machen als beim Jugendverband.“

Mitgliedsbeitrag angehoben

Ein Vorschlag des geschäftsführenden Vorstandes, den Mitgliedsbeitrag  für das kommende Jahr, also 2020, anzuheben, wurde bei sechs Gegenstimmen und ohne Bemerkung aus der Versammlung ob der schwierigen finanziellen Situation des Sozialdienstes angenommen.   Statt 10 soll der Jahresbeitrag also in Zukunft 15 Kronen pro Ortsvereins- und Institutionsmitglied betragen. Das bedeutet, dass die Ortsvereine und Institutionen ab 2020 statt 10 Kronen jährlich 15 Kronen pro Mitglied an den Sozialdienst weiterleiten sollen.

Auch angenommen wurde die Änderung, dass der Mitgliedsbeitrag jährlich erhoben wird, wobei der Austritt jederzeit freisteht – aber keine Restbeträge zurückgezahlt werden. Eine kleinere Änderung, die Umbenennung der Hauptversammlung in Generalversammlung, wurde ebenfalls verabschiedet. Dies geschehe aus rein praktischen Gründen, um die Verwechselung mit Hauptversammlungen auf niedrigerer Ebene zu vermeiden.

Wahlen

Ursula Krämer (Vors. Visionenausschuss) trat nicht wieder an. Gösta Toft schlug Brigitte Handler vor, die per Akklamation gewählt wurde.
Als Seniorenausschussvorsitzender  wurde Willi Schidlowski bestätigt.
H. C. Bock und Harald Søndergaard bleiben Revisoren.

 

 

 

 

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