Geschlechtergerechtigkeit

Mental Load: Die unsichtbare Last der Frauen

Mental Load: Die unsichtbare Last der Frauen

Mental Load: Die unsichtbare Last der Frauen

Nordschleswig
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Ob mit oder ohne Kind: Frauen sind häufiger mentaler Belastung ausgesetzt und übernehmen die Rolle der Familienplanerin. Foto: Adobe Stock

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Unsichtbare Arbeit: Wer organisiert das Familienleben? Eine neue Studie zeigt deutlich: Frauen übernehmen diese Verantwortung zu 43,8 Prozent häufiger als Männer. Doch warum ist das so, und welche Folgen hat es?

Alle Artikel, die am 8. März – dem Weltfrauentag– veröffentlicht werden, sind in der weiblichen Form verfasst. Männer sind in diesem Fall mitgemeint. Welche Bilder erzeigt Sprache in unseren Köpfen? Der Nordschleswiger lädt zum Experiment ein. Mehr dazu im Leitartikel zum Weltfrauentag. 

„Was essen wir heute?“, „Was kaufen wir ein?“, „Wann ist noch mal die Theatervorführung im Kindergarten?“ „Wie viel Gramm Nassfutter bekommt eigentlich der Hund?“

Viele Fragen, eine Ansprechperson: die Frau. 

Laut einer neuen Studie des Statistischen Bundesamtes sind es nämlich die Frauen, die in der Regel für die geistige Organisation und Koordination des Familienlebens verantwortlich sind. Die Studie zeigt, dass Frauen im Durchschnitt 29,47 Stunden pro Woche unbezahlte Arbeit leisten, während Männer nur 20,43 Stunden aufbringen. Dies führt primär bei Frauen zum „Mental Load“, auch als „Mentale Belastung“ bekannt. Die Folge davon ist Stress.

Die Frau als Familienplanerin

Besonders Mütter sind von „Mental Load“ betroffen. Mit der Geburt von Kindern steigt die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern in heterosexuellen Partnerschaften stark an. Die Frau übernimmt die Rolle der Familienplanerin. Doch was genau ist „Mental Load“, und warum ist eine ausführliche Diskussion darüber so dringend?

Mental Load umfasst die unsichtbaren Planungs- und Koordinierungsaufgaben im Familien- und Partnerschaftsleben. Das reicht von der wöchentlichen Essensplanung bis zur detaillierten Urlaubsplanung. Es umfasst nicht nur die Ausführung von Care-Arbeit wie das Wickeln von Babys oder den Müll rausbringen, sondern auch die unsichtbare und notwendige Denkarbeit, um sichtbare Aufgaben zu erledigen. Dazu gehören Planen, Terminieren, Koordinieren und Entscheiden – die volle Bandbreite eines Jobs, für den es weder ein Vorstellungsgespräch noch Gehaltsverhandlungen gab. Ein Job, der sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag ausgeübt wird.

Cathrine Katzmann, Pionierin und Expertin auf dem Gebiet Mental Load in Dänemark, schreibt auf ihrer Internetseite etwa zum Thema unsichtbare Arbeit: „Die Person, die Mental Load hat, ist: Die Projektmanagerin des Haushalts, der menschliche Kalender der Familie, die Platzhalterin in der Familie, die Koordinatorin, die Planerin und Delegatorin. Und diese Rolle wird am häufigsten von Frauen eingenommen.“



Gender-Pay-Gap

Der Gender-Pay-Gap bezeichnet die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, die sich aus durchschnittlichen Gehaltsunterschieden ergibt. Er wird oft als Prozentsatz des durchschnittlichen männlichen Einkommens ausgedrückt.

Quelle: European Commission

Folgen des Gender-Care-Gap 

Schuld an Mental Load ist der Gender-Care-Gap, ähnlich dem Gender-Pay-Gap, der die Diskrepanz in der Zeit misst, die Männer und Frauen für unbezahlte Sorgearbeit aufwenden. Unbezahlte Sorgearbeit umfasst alle unentgeltlichen Dienstleistungen innerhalb eines Haushalts für dessen Bewohnerinnen oder pflegebedürftige Personen außerhalb des Haushalts. Dazu gehören Kinderbetreuung und andere alltägliche Aufgaben, die oft unsichtbar bleiben, aber einen enormen Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Der Gender-Care-Gap zeigt auch eine ungleiche Verteilung über den Lebensverlauf hinweg, das belegt eine Publikation beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Die Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen verbringt am wenigsten Zeit mit Sorgearbeit. Männer verwenden hier durchschnittlich etwa zwei Stunden pro Tag, während Frauen täglich drei bis vier Stunden aufwenden. Der Gender-Care-Gap beträgt bei den 20- bis 24-Jährigen etwa 25 Prozent und steigt bei den 35- bis 39-Jährigen auf 106 Prozent.

Dieser Unterschied besteht unabhängig davon, ob Frauen auch außerhalb des Haushalts erwerbstätig sind oder nicht. Die Diskrepanz zwischen Männern und Frauen ist in der Gesamtbevölkerung aber deutlich größer.

Mental Load und seine Folgen 

Die Folgen von Mental Load sind nicht zu unterschätzen. Körperliche und mentale Beschwerden können die Folge sein, von Muskelverspannungen und Magen-Darm-Problemen bis hin zu Migräne, Depressionen oder Gewichtsveränderungen. Auch ständige Gereiztheit und Nervosität können Betroffene belasten. Aber auch Beziehungen und Freundschaften können unter Mental Load leiden.

Wie sieht es in Nordschleswig aus? 

Eine nicht repräsentative Umfrage des „Der Nordschleswigers“ in der Innenstadt von Apenrade (Aabenraa) ergab: Meist übernehmen Frauen die Denkarbeit. Viele wissen gar nicht, was der Begriff „Mental Load“ bedeutet. Das Video dazu finden Interessierte auf unserem Instagram-Kanal.

Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Statistisches Bundesamt 

 

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