Deutsche MInderheit

Geschichte der Minderheit: Wie hättest du dich entschieden?

Geschichte der Minderheit: Wie hättest du dich entschieden?

Geschichte der Minderheit: Wie hättest du dich entschieden?

Apenrade/Aabenraa
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Hinrich Jürgensen kann sich den Knivsberg gut als Vermittlungsort der Geschichte der deutschen Minderheit vorstellen. Foto: Karin Riggelsen

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Der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ über Jon Thulstrups Vortrag über die deutsche Minderheit und was Geschichte lehren kann – und wo es einen Ort gibt, der sich für die Vermittlung besonders gut eignet.

Für alteingesessene Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger, wie Hinrich Jürgensen, ist Heimatgeschichte auch Familiengeschichte. Beim Hauptvorsitzenden des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) ist das Interesse an den beiden eng verwobenen Geschichtssträngen in den Jahren immer größer und größer geworden.

Mit reichlich Vorwissen ausgestattet, hat ihn der Vortrag von Jon Thulstrup auf der BDN-Neujahrstagung in der Akademie Sankelmark dann aber doch in einem Punkt überrascht: „Wir dachten immer, Tingleff wäre eine Hochburg der Minderheit. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele dort der Minderheit nach dem Krieg den Rücken gekehrt haben.“ Gleichwohl hatte er selbst auch von Leuten gehört, die nach dem Krieg voller Enttäuschung sagten: „Ich bin fertig mit der Minderheit“, weil sie sich von der deutschen Minderheit, aber auch vom dänischen Staat (Stichwort: Rechtsabrechnung) betrogen fühlten.

Jon Thulstrup, der als Historiker derzeit seine Doktorarbeit über die komplexe und schwierige Geschichte der deutschen Minderheit aus Sicht dreier Generationen abschließt, hatte in seinem Vortrag auf das Abwenden von der Minderheit im Ort Tingleff (Tinglev) hingewiesen.

Warten auf die vollständige Arbeit

Was sich für den Bund Deutscher Nordschleswiger nun ergibt, kann Hinrich Jürgensen noch nicht sagen. „Der Vortrag war ja eine kurze Zusammenfassung einer ganzen Doktorarbeit“, so Jürgensen. Diese gelte es noch eingehend zu lesen, sobald sie veröffentlicht ist. „Jetzt müssen wir schauen, was dabei herauskommt“, so der Hauptvorsitzende.

Einerseits hätte er sich eine frühere Aufarbeitung der Geschichte gewünscht, weil dann noch Zeitzeugen hätten gefragt werden können, die die Anfangsjahre erlebt haben, andererseits ist Hinrich Jürgensen auch klar, dass eine neutrale, kritische Betrachtung der eigenen Geschichte nun erst, mit einigem Abstand, möglich ist. Und was aus seiner Sicht schon recht gut gelungen ist. Wobei er auch noch Möglichkeiten sieht – und zwar auf dem Knivsberg.

Lernort Knivsberg

Dort trifft sich einmal im Jahr im Sommer die Minderheit, um zu feiern. Das Knivsbergfest hat sich in den vergangenen Jahren von einem Sportevent zu einem Familienfest gewandelt. Es geht aber auf dem Knivsberg nicht nur ums Feiern. Fester Bestandteil des Festes ist das Gedenken an die Toten, an die Freiwilligen, die für Deutschland im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Dafür ist die Gedenkstätte da, die früher einmal „Ehrenhain“ hieß, aber – und das zeigt die Aufarbeitung der Geschichte innerhalb der Minderheit – dann umbenannt wurde, hin zu einem „neutraleren“ Namen.

Für Hinrich Jürgensen ist der Knivsberg ein Ort, der sich als Lernort besonders gut eignet. Als Ort, der die Geschichte der deutschen Minderheit zeigt. „Es geht nicht um ein Entschuldigen, es geht um ein Erklären.“ Seine Grundhaltung formuliert er so: „Schaut her, was passiert, wenn Krieg ist, erst steht ein Name auf der Tafel, dann kommen immer neue hinzu. Krieg nützt keinem was.“

Das möchte er gern an einem solchen Lernort vermitteln, aber auch junge Menschen auffordern, sich selbst Fragen zu stellen: Was hätte ich gemacht? Hätte ich dem Druck der Gemeinschaft nachgegeben, und wäre auch ich an die Front gezogen, oder hätte ich standgehalten – mit ungewissen persönlichen, wirtschaftlichen, sozialen Folgen.

Hinrich Jürgensen hat immer wieder die Geschichte der deutschen Minderheit erklärt und dabei gemerkt, dass das Erklären und das Fragen nach dem „Was hättest du getan?“ Menschen zum Nachdenken bringt und hilft, dass die Besuchenden einen neuen Blickwinkel erkennen.

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