Wiederöffnung
Riesenfreude und Vorsicht beim Neustart an der Nachschule
Riesenfreude und Vorsicht beim Neustart an der Nachschule
Riesenfreude und Vorsicht beim Neustart an der Nachschule
Schüler und Lehrer der deutschen Nachschule Tingleff sind nach der Corona-Zwangspause wieder vereint. Es gelten viele Sicherheitsregeln und man darf sich nicht zu nahe kommen. Die Freude ist dennoch groß.
Endlich! Das war und ist ganz offensichtlich das Schlagwort bei Schülern und Lehrern der Deutschen Nachschule Tingleff.
Seit Montag ist der Schul- und Unterrichtsbetrieb nach der langen Corona-Zwangspause wieder aufgenommen worden. Bereits am Sonntag kehrten die Schüler zurück. Die Freude war überschwänglich, als die Zimmer mit Sack und Pack wieder bezogen wurden.
Nahezu alle Schüler aus Dänemark und Deutschland sind wieder da. Bedenken habe es kaum gegeben.
Gut kommuniziert
„Es ist unkompliziert gelaufen. Wir haben die Zeit genutzt, den Eltern und Schülern zu erklären, wie der Betrieb wieder aufgenommen wird und welche Vorsichtsmaßnahmen gelten werden“, so Schulleiter Jørn Warm.
Sein Stellvertreter Rico Andersen ergänzt: „Es hat vereinzelt Gesprächsbedarf gegeben. Insgesamt haben die Eltern aber viel Verständnis und auch Vertrauen gezeigt“.
Hygienemaßnahmen und Abstand halten sind die zentralen Verhaltensregeln nach der Wiederöffnung.
Der Unterricht kann in den bisherigen Gruppen weiterlaufen. „Wir haben zusätzliche Unterrichtsräume eingerichtet, sodass alle Abstandskriterien einzuhalten sind“, so Andersen.
Auch die Unterbringung in den Zimmern ist nahezu unverändert. Es ist der einzige Raum, in dem die Abstandsregeln nicht gelten.
Wer zusammen wohnt, muss zusammen essen. Draußen vor dem Speisesaal ist eigens ein großes Zelt aufgestellt. Die Tische sind mit entsprechendem Abstand positioniert, und es gilt eine feste Sitzordnung. Gegessen wird nach einer zeitlichen Abfolge.
„Die Zimmer müssen von den Schülern zweimal am Tag gereinigt werden. Gegenseitige Besuche in den Zimmern sind untersagt“, ergänzt Rico Andersen.
Austausch noch intensiver
Bei allen Beeinträchtigungen durch die Corona-Vorgaben hat der stellvertretende Schulleiter auch Positives bemerkt: „Die Schüler werden noch sozialer, da sie sich nicht in den Zimmern treffen dürfen. Sie sind viel mehr draußen und halten Kontakt.“
Alle sind angehalten, das Schulgelände nicht zu verlassen. Erst recht nicht in kleinen Gruppen. „Es ist kein absolutes Verbot. Wer allein mal einen Spaziergang nötig hat oder eine Runde laufen möchte, der darf es gerne machen. Es soll nur nicht in den Ort hineingehen“, erwähnt Rico Andersen.
„Wir müssen alle Verantwortung zeigen, auch die Schüler. Es darf nicht sein, dass sich Schüler in Gruppen zum Einkaufen in den Ort begeben. Unser Eindruck ist aber, dass das alle verstanden haben“, so Jørn Warm.
Kiosk und Lieferservice
Die Nachschule richtet extra einen Kiosk ein und hat mit einem Supermarkt und auch mit einer Pizzeria einen wöchentlichen Lieferservice vereinbart.
Der Unterricht findet nun wieder mit physischer Anwesenheit statt. Die Zeit mit Online-Unterricht ist erst einmal vorbei.
„Das hat aber hervorragend geklappt. Die Schüler sind absolut auf dem geforderten Stand. Sämtlicher Unterrichtsstoff ist konsequent durchgenommen worden“, betont Jørn Warm.
Der Stundenplan hatte übers Internet Gültigkeit. Alle Schüler standen mit den Lehrern in Kontakt und erhielten Aufgaben. Bis auf einige Ausnahmen hatten alle ständig die erforderliche Internetverbindung. Drücken konnte sich somit niemand. Sogar eine Anwesenheitsliste wurde geführt.
„Wenn jemand nicht dabei war, dann haben wir in der Regel angerufen“, so Rico Andersen. Die Schüler seien aber äußerst diszipliniert gewesen. „Die Schüler haben sofort Bescheid gegeben, wenn sie technische Probleme hatten und sich mal nicht zuschalten konnten“, so Andersen mit Lob an die Schüler.
Ersatzprüfung
Sie bekommen die Möglichkeit, das Erlernte bei einem „Probeexamen“ unter Beweis zu stellen. Offizielle Prüfungen wird es wegen der Corona-Krise nicht geben. Die Tingleffer Nachschule kommt aber dem Wunsch der dänischen Schülervertretung nach und führt originalgetreue Prüfungen mit Zensoren aus den eigenen Reihen durch.
„Viele brauchen die Bestätigung. Die Probeprüfung fließt in die Jahreszensur ein. Schlechter können die Schüler aber nicht werden, nur verbessern können sie sich“, ergänzt der Schulleiter. Es ist quasi ein Corona-Krisen-Bonbon.
An der Schule grübelt man jetzt schon über eine mögliche Abschiedsfeier. Da diese vermutlich nicht wie gewohnt drinnen stattfinden kann, schwirren bereits kuriose Alternativen in den Planungsköpfen.
„Wir haben da ganz urige Ideen. Mehr kann und möchte ich im Moment nicht verraten. Wir wollen aber einen Abschluss bieten, den man nicht so schnell vergessen wird – quasi als Trostpflaster für die schwierige Corona-Zeit.“
Den Schülern wäre es sicherlich recht. So auch Isabell Møller Brodersen aus Wilsbek/Vilsbæk und Anna Steffen aus Lübeck. Isabell (16) und Anna (17) hoffen zudem, dass das begehrte und legendäre Gala-Fest in irgendeiner Form durchgeführt werden kann.
Im Gespräch mit dem Nordschleswiger betonen beide, wie sehr sie sich auf den Neustart an der Schule und auf das Wiedersehen mit den Schulkameraden gefreut haben. Dass besondere Verhaltensregeln gelten, ließe sich nun einmal nicht ändern.
Homeoffice mit kleinen Hindernissen
Sie hätten am liebsten alle in die Arme genommen, als sie im Tingleffer Grønnevej zurückwaren. Das war und ist aber nicht erlaubt. Lediglich bei den Mitbewohnerinnen gilt kein Kontaktverbot. „Ich konnte so zumindest eine Person in die Arme nehmen“, so Anna Steffen mit einem erleichternden Lachen.
Die Zwangspause mit Onlineunterricht haben die Beiden hinter sich. „Es lief viel besser als ich dachte“, so Isabell. Dass alles über einen so langen Zeitraum mit allen Schülern so gut funktionierte, habe sie positiv überrascht, so die 16-Jährige.
Anna hat die Homeoffice-Zeit nicht ganz „schadlos“ überstanden. Irgendetwas in der Familie sei gerne mal dazwischengekommen. Mal wurde mitten im Unterricht zum Essen gerufen, „oder der Bruder kam herein und wollte etwas“, erzählt die 17-Jährige mit einem Schmunzeln.
Kontakt gehalten
„Schön war aber, mit den Teams und den Klassenkameraden in Kontakt zu sein. Ich habe mich viel mit ihnen ausgetauscht“, ergänzt Anna, die wie Isabell im kommenden Schuljahr am Deutschen Gymnasium in Apenrade weitermachen möchte.
Bei der Einhaltung der Verhaltensregeln haben beide Unterschiede festgestellt. Einige nehmen es sehr genau, einige wenige aber auch sehr lax, so Anna und Isabell.
„Ich glaube, die, die aus Dänemark kommen, gehen etwas entspannter damit um“, so Isabell. Diesen Eindruck habe sie auch, so Anna, die die Zwangspause im heimischen Lübeck verbracht hat. „Die Deutschen sind da distanzierter“.
Den Oberlehrer spielt keiner. Bescheid gebe man sich aber schon, wenn es mit den Regeln mal gerade nicht so passt, egal ob von einem Schüler aus Deutschland oder Dänemark.