Natur und Umwelt

Deponiepläne: Auch die Naturschutzorganisation ist aktiv

Deponiepläne: Auch die Naturschutzorganisation wird aktiv

Deponiepläne: Auch die Naturschutzorganisation wird aktiv

Pattburg/Padborg
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Altlasten von deutscher Kernkraft beunruhigen Bürger und Organisationen nördlich der Grenze. Foto: kjt (Archiv)

Im Verbund mit dem Landesverband hat der Apenrader Ortsverein der dänischen Naturschutzorganisation ein Schreiben an den schleswig-holsteinischen Umweltminister geschickt mit der Forderung, dass auf einer Deponie bei Harrislee nahe dänischer Grenze kein Schutt aus zurückgebauten Atomkraftwerken gelagert wird.

Bei der Kundgebung in Pattburg Anfang Oktober zu der im Raum stehenden Lagerung von deutschem Kraftwerksschutt nahe der dänischen Grenze war auch Lorens Bo Nielsen aus Krusau anwesend.

Der ehemalige Kommunalpolitiker in der damaligen Kommune Bau (Bov) hörte sich genau an, was Gegner der deutsche Deponieplänen bei der Zusammenkunft sagten.

Als Vorsitzender des Apenrader Komitees der Naturschutzorganisation „Danmarks Naturfredningsforening“ (DN) gehört auch Nielsen zu den Kritikern und Gegnern einer möglichen grenznahen Lagerung von Schutt aus stillgelegten Kraftwerken und Betonschutt im Allgemeinen.

Brief nach Schleswig-Holstein

Nielsen hat sich mit dem Landesverband zusammengetan und gemeinsam ist ein Schreiben an den schleswig-holsteinischen Umweltminister verfasst worden, in dem gegen eine Deponie in Grenznähe argumentiert wird.

Auch Lorens Bo Nielsen aus Krusau ist kein Freund von deutscher Schuttlagerung nahe der dänischen Grenze. Foto: kjt (Archiv)

„Wir haben mit Bestürzung von DN Aabenraa, Danmarks Naturfredningsforening und Aabenraa Kommune erfahren, dass der Minister die Lagerung von Bauschutt wenige Meter von der dänischen Grenze in der Gemeinde Harrislee beschlossen hat“, heißt es im Schreiben.

Eine Lagerung von Kraftwerksschutt  in Harrislee ist noch nicht beschlossene Sache, die Deponie Balzersen, die eine Lagerung selbst ablehnt, ist allerdings als möglicher Standort aufgeführt, an dem eine Lagerung laut Landtagsbeschluss angeordnet werden kann.

Hinterlassenschaften aus der Kernkraft in Deutschland sind ein großes Streitthema. Foto: DN (Archiv)

Im Schreiben weisen die Naturschützer darauf hin, dass von der Lagerung großer Mengen Betonabbrüche und der Auswaschung von Spurenelementen eine Gefahr für das Grundwasser und für die umliegenden Gewässer ausgeht und dass unter Umständen auch radioaktive Stoffe enthalten sind.

Die geologischen Gegebenheiten mit fehlender Lehmschicht als Schutz sprechen gegen eine Lagerung, so ein Argument.

Grenzüberschreitende Auswirkung nicht ausreichend bedacht

Bemängelt wird zudem, dass die dänische Seite in der Angelegenheit mit grenzüberschreitenden Auswirkungen nicht ausreichend miteinbezogen wurde, wie es das Espoo-Abkommen der Europäischen Union vorsieht.

Im Schreiben heißt es dazu:

„DN Aabenraa, Danmarks Naturfredningsforening fordert deshalb im Namen der Miljøstyrelsen, (der dänischen Umweltbehörde, die Fragen zu grenzübergreifende, von der Espoo-Konvention umfasste Umwelteinwirkungen behandelt), dass diese Lagerungsstätte an der dänisch-deutschen Grenze in die Espoo Konvention aufgenommen wird. Die Gefahr einer grenzübergreifenden Umweltbeeinträchtigung muss untersucht werden, sowohl in Bezug auf Bauschutt wie Betonbruch, der oft Flugasche aus Kraftwerken mit Schwermetallen und anderen Komponenten enthält, die bei einer Befeuchtung von gebrochenem Beton freigegeben werden, und dabei besonders unter welchen Bedingungen Betonbruch aufzubewahren ist, der Spuren radioaktiver Elemente enthält.“

Noch ein Problem

Für die Bürger auf dänische Seite könnte sich ein noch größeres Problem ergeben. Die Bundesregierung hat auf der Suche nach Atommüllendlagern rund 90 Gebiete als geologisch geeignet oder teilweise geeignet eingestuft.

Bei Sterup (grüner Punkt) ist ein Gebiet als mögliches Atommüll-Endlager ermittelt worden. Foto: BGE

 

Unter den Gebieten befinden sich auch ein Areal bei Sterup im Kreis Schleswig-Flensburg, das nur etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernt ist. Sollte eine Lagerung hier in Betracht gezogen werden, dann wird es sicherlich auch von beiden Seiten der Grenze große Proteste geben.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) plant zu jedem Teilgebiet eine Online-Sprechstunde für Bürger. Die Sprechstunde für das Steruper Teilgebiet mit der Kennnummer 071_00TG ist am 28. Oktober ab 19 Uhr auf der Internetplattform „Youtube" angesetzt (https://www.youtube.com/watch?v=GZi3mira9pY&feature=youtu.be). Bürger können im Live-Chat Fragen an die zugeschalteten Experten richten.  

Fragen können im Vorweg auch per E-Mai an dialog@bge.de oder telefonisch vorgebracht werden (Telefonnummer wird im Livestream bekannt gegeben).

Und was ist mit Bürgern nördlich der Grenze?

Auch sie können aktiv oder passiv teilnehmen.

„Bürger in Dänemark können sich ebenfalls gerne zur Onlinesprechstunde dazuschalten und ihre Fragen stellen“, so BGE-Kommunikationsmitarbeiterin Anke Meurer auf Anfrage des „Nordschleswigers“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Schreiben des Apenrader Ortsvereins und des Landesverbandes der Naturschutzorganisation „Danmarks Naturfredningsforening":

An den Umweltminister des SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAGS

Espoo - Konvention Anfrage zur Lagerung schwach strahlenden Atommülls oder Bauschutts an der Grenze zwischen Dänemark und Deutschland.

Betreff:

Verantwortungsvoller Umgang mit dem Rückbau der Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein (Drucksache 19/2072, 19. Wahlperiode 06.03.2020)

Dänemark und die Umweltbehörde Danmarks Naturfredningsforening (Dänemarks Umweltschutzverein) begrüßen den Rückbau deutscher Kernkraftwerke in der Grenzregion und die steigenden Investitionen von deutscher Seite

Dänemark und die Umweltbehörde Danmarks Naturfredningsforening (Dänemarks Umweltschutzverein) begrüßen den Rückbau deutscher Kernkraftwerke in der Grenzregion und die steigenden Investitionen von deutscher Seite - wie auch in Dänemark - in erneuerbare Energien.

In Dänemark beschlossen die Politiker schon 1985, dass im Land keine Kernkraft verwendet werden solle; teils aus Gründen der Sicherheit, aber noch mehr ins Gewicht fiel der Umstand, dass man keine für die Lagerung von radioaktiven Abfällen geeignete Gebiete finden konnte. Man wollte kein Problem erschaffen, für das es keine Lösung geben konnte.

Es gab in Dänemark eine kleine Kernkraft-Forschungsanlage in Risø am Roskilde Fjord; diese wurde 2001 stillgelegt. Der schwach strahlende radioaktive Abfall befindet sich weiterhin in einem Lagergebäude am Roskilde Fjord. Seit vielen Jahren besteht nun die Diskussion über den Ort für eine schlussendliche Lagerung. Derzeit wird diese Diskussion in einem nationalen Kontaktforum über radioaktivem Abfall geführt; an dieser nimmt die Umweltbehörde Danmarks Naturfredningsforening teil, es ist bisher jedoch kein geeignetes Endlager für den schwach strahlenden Abfall gefunden worden. In Dänemark gibt es ganz einfach keine Kommune, die Atommüll empfangen oder Gebiete für eine Endlagerung zur Verfügung stellen möchte, obwohl es in Dänemark um Ablagerung in tertiärzeitlichem, plastischem Lehm in 500 Metern Tiefe geht.

Wir haben mit Bestürzung von DN Aabenraa, Danmarks Naturfredningsforening und Aabenraa Kommune erfahren, dass der Minister die Lagerung von Bauschutt wenige Meter von der dänischen Grenze in der Gemeinde Harrislee beschlossen hat. Aus einem Sitzungsprotokoll der Region Sønderjylland-Schleswig geht hervor:

”Vorstand gegen Lagerung von Bauschutt aus Kernkraftwerken in Harrislee. In einer Sitzung am 11.9.2020 kommentierte der Vorstand die Deponierung von Bauschutt aus Kernkraftwerken: Der Vorstand der Region Sønderjylland-Schleswig fordert das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein dazu auf, von der geplanten Lagerung freigegebenen Abfalls aus dem Rückbau von Kernkraftwerken in einer Deponie in Harrislee abzusehen. Der Vorstand fordert besonders dazu auf, die im deutschen Gesetz über (Kreislaufwirtschaftsgesetz) vorgesehene Maßnahmen zur Auferlegung von Annahme von Abfall für Gemeinden, Nachbargemeinden oder Betreiber von Deponien, die einer solchen Lagerung nicht beipflichten, nicht anzuwenden. Neben der Landesregierung in Kiel haben auch die Betreiber von Deponien, Gemeinden und Nachbargemeinden von Deponien sich in den letzten Jahren intensiv mit der Problematik von Lagerung beschäftigt, unter anderem in Form einer Bürgerinitiative. Mit der Landesregierung im Besonderen bestand bisher Einigkeit über die Freiwilligkeit aller Parteien im Modell "Deponie Plus". Eine Zwangsauflage von freigegebenem Abfall wäre nicht vereinbar mit dem Geist der bisherigen fachübergreifenden Zusammenarbeit. Eines der ausgewählten Gebiete befindet sich in Harrislee, in direkter kommunaler Nachbarschaft der deutschen Grenzgemeinden Flensburg und Handewitt, so wie der dänischen Grenzgemeinde Apenrade. Diese Gemeinden weisen eine Lagerung von Abfall in der Deponie ab.”

Eine Anfrage an die dänische Behörde (Miljøstyrelsen) zeigt, dass es in den letzten Jahren keinen Kontakt zwischen den dänischen und deutschen Behörden zum Thema Depot an der Grenze zwischen Dänemark und Deutschland gegeben hat.

Aus den Medien geht hervor, dass die Lagerung von mindestens 50.000 m3 Abfall an der Grenze geplant ist, und in der Aufstellung ”Deponien in Abfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfälle (2014-2023)” geht es um eine Restmenge von mehr als 500.000 m3.

https://data.geus.dk/JupiterWWW/borerapport.jsp?borid=147926 ist der Link zu einem Brunnen eines privaten Haushaltes in einer Entfernung von weniger als 500 Meter zur geplanten Deponie. Aus der Geologie weiterer Brunnen im Gebiet und Bohrungen von DGUnr 174. 192 geht hervor, dass es sich dabei um ein äußerst sensitives Magazin aus 34 Metern Schmelzwasser auf einer Schicht von dünnem Schmelzwasserlehm dreht. Die erhöhte Sensitivität geht auch aus vielen Pestizidfunden im Grundwasser nördlich der Grenze hervor, dabei u.a. 1,2,4-Triazol, MCPA, 2,6.Dichlorbenzamid, Bentazon, DEIA und Dichlorprop, https://data.geus.dk/geusmap/?mapname=grundvand#baslay=baseMapDa&optlay=&extent=511940.2345780109,6072678.700050046,525890.5319769696,6078760.157822405&layers=mc_grp_analyse&filter_0=dgu_nr%3D%26stofgruppe.num%3D50%26maengde.min%3D%26dato_seneste_analyse.part%3D%26boringsanvendelse.part%3D%26stof_tekst_hidden.part%3D%26stoffer_over_det_hidden.part%3D.

Es liegen keine Informationen zu der Geologie des Deponiegebietes südlich der dänischen Grenze vor; aus Luftfotos der Kies/Sandgrube, in der die Deponierung geplant ist, geht allerdings hervor, dass die Lagerstätte ein Teil desselbigen Schmelzwasserreservoirs ist.

Geologisch gesehen ist dieser Ort ungeeignet für eine Lagerung, da es keine Lehmschicht gibt, die die Grundwasserreservoirs schützen kann; diese haben eine freie Wasseroberfläche in einer Tiefe von etwa ein bis zehn Meter unter der Oberfläche, je nach Gewinnung, Spiegelhöhe in den sekundären und primären Magazinen, etc.  https://data.geus.dk/geusmap/?mapname=jupiter#baslay=baseMapDa&optlay=&extent=519692.8872936723,6072270.181697455,523801.75180672086,6074061.389821113&layers=jupiter_pejlinger.

Bei einer eventuellen Auswaschung radioaktiver oder anderer (Abbau-) Stoffe, beispielsweise von Betonabbrüchen, würden extreme pH-Werte im durch den Beton sickerndem Wasser entstehen. Die pH-Werte würden eine Reihe von Metallen mobilisieren, darunter vermutlich auch radioaktive Spurenelemente.

Die Lagerung von Bauschutt aus Kernkraftwerken würde demzufolge eine beträchtliche Gefahr sowohl für das Grundwasser als auch nahe gelegene Gewässer und Gräben ausmachen, durch die eine Verunreinigung sich in Dänemark und Deutschland ausweiten könnte.

DN Aabenraa, Danmarks Naturfredningsforening fordert deshalb im Namen der Miljøstyrelsen, (der dänischen Umweltbehörde, die Fragen zu grenzübergreifende, von der Espoo Konvention umfasste, Umwelteinwirkungen behandelt), dass diese Lagerungsstätte an der dänisch-deutschen Grenze in die Espoo Konvention aufgenommen wird. Die Gefahr einer grenzübergreifenden Umweltbeeinträchtigung muss untersucht werden, sowohl in Bezug auf Bauschutt wie Betonbruch, der oft Flugasche aus Kraftwerken mit Schwermetallen und anderen Komponenten enthält, die bei einer Befeuchtung von gebrochenem Beton freigegeben werden, und dabei besonders unter welchen Bedingungen Betonbruch aufzubewahren ist, der Spuren radioaktiver Elemente enthält.

Danmarks Naturfredningsforening legt gerne Dokumentation zu Auswaschung und chemischen Fakten bei Betonbruch vor.

Mit freundlichen Grüßen

Lorens Bo Nielsen, Vorsitsender von Danmarks Naturfredningsforening Aabenraa,

Geologe Walter Brüsch, Sekretariatsmitarbeiter von Danmarks Naturfredningsforening, Kopenhagen

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