Familienunternehmen

Die Ziegelei Petersen gibt den Ton an

Die Ziegelei Petersen gibt den Ton an

Die Ziegelei Petersen gibt den Ton an

Nübel/Nybøl
Zuletzt aktualisiert um:
Christian Petersen mit einem Mitarbeiter in der Produktionshalle, wo die fertigen Ziegel verlesen und gestapelt werden. Foto: Karin Riggelsen

Die Familie Petersen legt sich gerne einmal Steine in den Weg, wenn es sich um handgemachte Ziegelsteine handelt. Das zeigt ein Besuch im Ziegeleiwerk des Unternehmens am Nübeler Noor, wo guter Ton eine tragende Rolle spielt.

Der Nebel verhüllt das Nübeler Noor mit einem graubraunen Schleier, es will nicht so recht hell werden an diesem Donnerstagvormittag. Doch Ziegeleibesitzer Christian Petersen schaut alles andere als düster drein. Wie jeden Tag hat er seine Rundtour durch alle seine drei Ziegelwerke am Noor bereits hinter sich.

Jeden Morgen um kurz vor 7 Uhr bricht der 79-Jährige zu einem Spaziergang durch die Betriebe auf. Einst lagen hier am Noor 60 bis 70 Ziegeleien, heut sind es noch sechs. Drei davon gehören der Familie Petersen.

Entlang des Nübeler Noors spaziert Christian Petersen jeden Morgen seine Runde durch die Betriebe. Foto: Karin Riggelsen

Die Corona-Krise hat dem Ziegeleibetrieb bislang keine Steine in den Weg gelegt. Es scheint, als ob sich die Menschen auf der ganzen Welt neue Häuser bauen – und dafür viel Wert auf beste Materialien legen. Und so ist an diesem Donnerstag wie gewöhnlich viel los in Petersens Ziegeleifabriken.

Rund 350.000 Ziegel stellt das Unternehmen pro Woche her, in den Lagerhallen stapeln sich die Paletten. Graue, bunte, gelbe und braune Steine in verschiedenen Längen und Breiten warten darauf, in die ganze Welt verfrachtet zu werden. Was hier am Noor entsteht, verändert das Gesicht der Welt.

 

Ein Stadthaus in New York, erbaut mit Petersens Ziegelsteinen Foto: Karin Riggelsen

Im Vorzeigeraum der Ziegelei, in dem große Fensterfronten den Blick auf Noor und Ziegeleibetrieb freigeben, blättert Christian Petersen durch diverse Bauprojekte.

Petersens Ziegel stehen in der ganzen Welt. Die Stadthöfe im Herzen Hamburgs sind mit ihnen erbaut, ebenso wie ein Anbau an der Judge Business School in Cambridge, ein einzigartiges ziegelverkleidetes Haus in den Hamptons und Wandverkleidungen in der Kopenhagener Metro. Sie schufen ein Ziegelkleid für einen Wohnkomplex am Sonderburger Ringbakken, das Corner House in London, das Kunstmuseum in Basel und ein elegantes Hochhaus in New York, um nur einige Projekte zu nennen.

Einstieg in den Familienbetrieb qua Geburt

Christian Petersen führt den Ziegeleibetrieb in siebter Generation. Das Familienunternehmen ist alt: Am 17. Mai 1791 hatte König Christian VII. dem Landwirt Peter Andresen die Erlaubnis erteilt, ein Ziegelwerk am Nübeler Noor zu errichten. Die Frage, wann er in das Ziegeleiunternehmen eingestiegen ist, ist für Christian Petersen schnell beantwortet. „1941, bei meiner Geburt.“

Dieses Bild zeigt in einer Fotocollage den kleinen Christian. Foto: Karin Riggelsen

Er wächst am Nübeler Noor mit dem Ziegeleibetrieb auf. Als Dreijähriger geht er mit seinem Großvater durch den Betrieb, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, genauso wie der Opa es machte.

Nach der Schule folgt die Ausbildung.  „Mein Vater meinte, ich brauche kein Abitur. Ich habe eine Ausbildung in der Maschinenfabrik Petersen gemacht, nach zwei Jahren konnte ich schweißen und drehen.“ 1962 geht Christian Petersen nach Bayern auf die Ingenieursschule und lernt auf der Keramikerschule die Herstellungsweise von Ziegeln und Grobkeramik. Und er lernt seine Frau Christa kennen.

1969 Rückkehr von Bayern nach Nordschleswig

„Da musste ich meinem Vater dann beibringen, dass ich mich in ein Mädchen aus Bayern verliebt habe“, lacht Christian Petersen. Tochter Vibeke kommt zur Welt, die heutige Vorstandsvorsitzende des Ziegeleiunternehmens.

Im Alter von 28 Jahren kehrt Christian Petersen1969 mit seiner Frau und den Töchtern Vibeke und Annette nach Hause zurück. „Mein Vater war mit 60 Jahren gestorben. Nun war ich an der Reihe“, erinnert sich Christian Petersen.

Christian Petersen zeigt den enormen Ofen, in dem die Ziegelsteine gebrannt werden. Foto: Karin Riggelsen

Damals gab es 13 Ziegeleien am Nübeler Noor, die sich zu einer Aktiengesellschaft zusammenschlossen. Die Ziegelei Petersen geht ihren eigenen Weg und macht sich mit handgefertigten Ziegeln nach der Wasserstrich-Methode sowie einer besonderen Stein-Oberfläche einen Namen. Noch heute stehen die Mitarbeiter in der Produktionshalle, und schneiden die Ziegel per Hand. Ein handgefertigter Prozess, der vollautomatisch läuft – und der die Ziegelei Petersen überlebensfähig gemacht hat.

Der Ziegelstein Kolumba ist der Star der Produktpalette, die Petersen-Ziegel werden in Bauprojekten in 47 verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt verwendet.

Ein privates Haus mitten im Wald, das mit Petersen-Ziegeln errichtet wurde. Foto: Karin Riggelsen

„Ein normaler Ziegelstein kostet 50 Cent. Das macht rund 7.500 Euro für ein Einfamilienhaus. Unsere Ziegel kosten 1 Euro – das macht 15.000 Euro pro Haus. Wenn man sich überlegt, was man für Kücheneinrichtung, Grundstück und Fenster bezahlt, ist das immer noch eine überschaubare Summe. Und man erhält Qualität, die hält. Ich gebe 1.000 Jahre Garantie auf Ziegel mit englischem Ton und rund 400 Jahre auf Ziegel aus dänischen Ton“, so Petersen.

Ton aus Manchester und dem Westerwald

Außer dem Ton, den die Fabrik vor der eigenen Haustür aus dem Boden hebt, erhält die Ziegelei Tonlieferungen aus Manchester und dem Westerwald. Angst, dass es einmal keinen Ton geben wird, hat Petersen nicht. „Es gibt Ton genug auf der ganzen Welt.“

Hier werden die Ziegelsteine in die Form gepresst und handgeschnitten. Foto: Karin Riggelsen

165 Mitarbeiter arbeiten für das Familienunternehmen. Die Abteilung für Neuentwicklung liegt direkt am Nübeler Noor. „Und zwar besteht die aus allen 165 Mitarbeitern. Alle unsere Angestellten sollen dazu beitragen, die Produkte zu verbessern. Alle sollen mit Ideen kommen“, so Christian Petersen, dessen Schwiegersohn Peter einen Ziegel-Showroom in Kopenhagen betreibt.

Der bayrische Dialekt ist geblieben

Nach dem Tod seiner Frau Christa 1992 traf Christian Petersen 1994 seine heutige Frau Marion. Die Kontakte nach Bayern sind geblieben, ebenso der bayrische Dialekt, wenn Christian Petersen Deutsch spricht.

Auch wenn Vertrieb, Marketing und Finanzen in anderen Händen liegen, bleibt Christian Petersen seinem Job als Ziegeleibesitzer treu. „Ich habe vor, mit 95 in Altersteilzeit zu gehen“, lacht der 79-Jährige.

Christian Petersen mit einer Auswahl seiner Ziegelsteine Foto: Karin Riggelsen

Einige seiner sechs Enkelkinder zeigen bereits reges Interesse an dem Betrieb, die neunte Generation steht in den Startlöchern.

So geht ein weiteres Jahr im Ziegeleibetrieb Petersen am Nübeler Noor zu Ende. Mit einem Spaziergang am Morgen und einem Betrieb, der sich auch im bald 230. Jahr seines Bestehens immer wieder selbst die handgeschöpften Steine in den Weg legt, um auf der Erfolgsstraße zu bleiben.

Alltag in einer von mehreren Produktionshallen Foto: Karin Riggelsen
Mehr lesen