Kommunalwahl 2021

Stadtratskandidat: Aus Kabul nach Augustenburg

Stadtratskandidat: Aus Kabul nach Augustenburg

Kernthema Integration: „Jeder will ein stabiles Leben“

Sonderburg/Sønderborg
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Faisal Shojai lebt in Augustenburg und arbeitet in Apenrade. Foto: Sara Wasmund

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Faisal Shojai tritt für die Radikale Venstre als Kandidat für den Sonderburger Stadtrat an. Der 32-jährige ist als Zwölfjähriger aus Kabul geflohen und hat erlebt, was es heißt, als Familie in einem fremden Land neu anzufangen. Nun will er diese Erfahrungen für eine bessere Integrationspolitik nutzen.

Über 7.000 Straßenkilometer liegen zwischen Augustenburg, dem Wohnort von Faisal Shojai, und Kabul. Doch für den 32-jährigen Dänen sind die Ereignisse in seiner alten Heimat Afghanistan nicht weit weg, sondern als Erinnerung greifbar und präsent.

2001 floh er mit seiner Familie von Kabul mit einem Bus in die Berge nach Pakistan. Damals, als die Alliierten begannen, Afghanistan zu bombardieren. Faisal Shojai und seine Familie fanden vor 20 Jahren in Augustenburg (Augustenborg) in der Kommune Sonderburg ein neues Zuhause. Als Stadtratspolitiker will sich Faisal Shojai mit den Themen Natur, Gemeinschaft und Integration für seine neue Heimat starkmachen. Er hofft, im November als Lokalpolitiker in den Sonderburger Stadtrat gewählt zu werden.

Eigene Erfahrung mit der Integration nutzen

Er geht als Spitzenkandidat der Partei Radikale Venstre ins Rennen um die Wählerstimmen – und will eigene Erfahrungen zum Thema Integration in seine politische Arbeit einfließen lassen. Faisal Shojai lebt in Augustenburg, ist seit Jahren dänischer Staatsbürger, arbeitet als Projektleiter für die Versorgungsgesellschaft Arwos in Apenrade (Aabenraa) – und er weiß, was es heißt, sich in einem neuen Land eine neue Existenz aufbauen zu müssen.

Der 32-Jährige, hier in der Sonderburger Innenstadt, lebt in Augustenburg und arbeitet in Apenrade. Foto: Sara Wasmund

„Dänemark ist mein Zuhause. Wir waren damals die ersten Einwanderer in Augustenburg, zusammen mit einigen anderen Familien. Wir sind damals gut aufgenommen worden und auch gut angekommen. Aber das gilt nicht für alles Einwanderer. Ich will dafür arbeiten, dass die Integration besser gelingt“, sagt Faisal Shojai.

Er war zwölf Jahre alt, als er nach Dänemark kam. „Wir kamen aus Kabul, einer großen und lebhaften Stadt, nach Augustenburg, wo es wirklich nicht gerade viele Menschen gab“, erinnert er sich. Er sprach Englisch und lernte in einer speziellen Klasse für Ausländer erste Dänischkenntnisse, bevor er in die ganz normale Volksschulkasse kam.

„Jeder Mensch möchte gerne Teil einer Gemeinschaft sein“

„Sprache ist entscheidend für die Integration“, sagt er. „Und das Gemeinschaftsgefühl ist ebenso wichtig. Jeder Mensch möchte gerne Teil einer Gemeinschaft sein. Jeder will seine Familie gut versorgen können und in sicheren Rahmen leben. Viele Einwanderer haben nicht das Gefühl, ein Teil der Gemeinschaft zu sein“, gibt der Stadtratskandidat zu bedenken. 

„Das ist ein Problem, an dem die Radikale Venstre arbeiten will und für dessen Verbesserung der radikale Parlamentskandidat aus dem Kreis Sonderburg, Nils Sjøberg, gekämpft hat, als er 2019 bis 2020 als Integrationssprecher von Radikale Venstre im Folketing saß“, sagt Faisal Shojai.

Jeder will seine Familie gut versorgen können und in sicheren Rahmen leben. Viele Einwanderer haben nicht das Gefühl, ein Teil der Gemeinschaft zu sein. Das ist ein Problem, an dem die Radikale Venstre arbeiten will.

Faisal Shojai, Stadtratskandidat
Kabul im August 2021: Tausende Menschen versuchen, in den Flughafenbereich vorzudringen, um der Taliban entfliehen zu können. Foto: Aamaj News Agency/Reuters/Ritzau Scanpix

Er fühlt mit den Menschen, die derzeit darauf hoffen, aus Kabul und somit den Taliban zu entkommen. „Ich erinnere mich noch genau dran, wie hektisch es auch damals war, als wir nach Pakistan geflohen sind. Überall war Panik und Chaos.“ Er hält, so gut es geht, Kontakt zu Freunden und Familienangehörigen, die noch in Kabul leben.

Als Wanderer liegt Faisal Shojai auch die Natur der Kommune Sonderburg am Herzen. „Derzeit liegt die Kommune laut Dänischem Naturschutzbund auf Platz 83 von 98 Kommunen, was Diversität angeht. Das kann man auf jeden Fall besser machen!“, nennt der Stadtratskandidat ein weiteres seiner politischen Kernthemen. Die Sommerferien hat er hauptsächlich Zuhause verbracht und die Natur auf Alsen genossen – die Nachhaltigkeit im Blick.

Vorfreude auf Gespräche im Wahlkampf

Für die Radikalen Venstre gehen insgesamt drei Kandidaten in die Kommunalwahl. 2007 saß zuletzt ein Parteimitglied der Radikalen im Kommunalparlament. Zu seiner Kandidatur sagt Faisal Shojai: „Ich bin dabei inspiriert vom Parlamentskandidaten der Radikalen aus dem Sonderburger Kreis, Nils Sjøberg, der auch Sonderburger Kandidat für den Regionalrat ist.“

„Ich hoffe sehr, dass ich in den Stadtrat gewählt werde. Ich möchte mich sehr gerne für eine bessere Integration und für Naturschutz einsetzen und ich denke, ich könnte meinen Teil dazu beitragen“, so der 32-Jährige. „Ich freue mich auch auf den Wahlkampf und darauf, mit den Wählern in Kontakt zu treten und Dinge zu diskutieren. So kommen wir miteinander ins Gespräch!“

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