Lokalgeschichte

Aage, der Atomphysiker aus Gravenstein

Aage, der Atomphysiker aus Gravenstein

Aage, der Atomphysiker aus Gravenstein

Gravenstein/Gråsten
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Aage Petersen studierte Anfang der 1950er Jahre Kernphysik in Kopenhagen. Das Bild zeigt das Modell eines Sodium-Atoms nach der Niels-Bohr-Theorie zur Struktur von Atomen. Petersen wurde noch während seines Studiums Assistent von Niels Bohr. Foto: Sspl/Science & Society/Ritzau Scanpix

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Als Kind war er gehbehindert und lebte mit seiner verwitweten Mutter in bitterer Armut, später arbeitete er für Niels Bohr und erhielt von König Frederik eine Goldmedaille: Aage Petersen. Was ist aus einem der intelligentesten Gravensteiner geworden?

Seine Nachkommen leben in Kalifornien, doch in Gravenstein und Umgebung ist Aage Petersen als einer der intelligentesten Bürger der Stadt unvergessen. 1927 kam er als Sohn von Dora und Nicolai Petersen in Torsbüll (Torsbøl) zur Welt. Nach dem Tod des Vaters 1932 – er starb an Tuberkulose – zog die Witwe Petersen mit ihren zwei Söhnen an die Adresse Konkel in Gravenstein, wo sie eine kleine Nähstube betrieb.

Aage war als Kind körperlich eingeschränkt. Er konnte bis zu seinem sechsten Lebensjahr nicht gehen, weil ihm ein Wirbel im Nacken fehlte. Doch Aage Petersen war klug wie kein anderer seiner Mitschüler – und sein Lehrer Knudsen schickte den kleinen Aage von Torsbüll an die Schule nach Gravenstein, da er ihm „nicht mehr beibringen“ könne.

Nachts Portier, tagsüber Student

Nach dem Gymnasium in Sonderburg (Sønderborg) zog Aage Petersen zum Studium der theoretischen Physik nach Kopenhagen, wo er im Wohnheim „Regensen“ ein Zimmer bezog. Er arbeitete als Nachtportier im Hotel Kong Frederik und wohnte zusammen mit dem späteren Gravensteiner Arzt Uwe Møller, der angeblich ein echtes Skelett im Schrank hatte. Auch die Studierenden Simon Spies und Mogens Glistrup waren damals Teil des Studentenlebens im „Regensen“.

Nach den ersten Jahren mit Portiers-Dienst in der Nacht und Studium am Tag war Aage Petersen ausgebrannt. Er zog in Erwägung, sein Studium abzubrechen. Das kam Wissenschaftler und Atomphysiker Niels Bohr zu Ohren – der Aage daraufhin eine Stelle als wissenschaftlicher Sekretär anbot, da ihm das Talent des jungen Mannes nicht entgangen war.

Niels Bohr erhielt 1922 den Nobelpreis für Physik. Foto: Science Source/Photo Researchers/Ritzau Scanpix
Ein Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1953, als Student Aage Petersen die Goldmedaille für seine Studien erhielt Foto: Historisk Forening for Graasten By og Egn

1953 erhielt Aage Petersen zum Abschluss seiner Studien eine Goldmedaille von König Frederik überreicht, inklusive 1.000 Kronen und einem Besuch des Königlichen Theaters. Der Absolvent lud seine Mutter aus Gravenstein ins Theater ein – und die Witwe Petersen nähte sich zu diesem Anlass in langes schönes Kleid und fuhr nach Kopenhagen.

Nach seiner Studienzeit blieb der ausgebildete Kern- und Atomphysiker aus Gravenstein  in seiner Stelle als Assistent und Sekretär bei Niels Bohr. Auf einer Reise in die USA traf Aage seine zukünftige Frau Betty. Das Paar heiratete und bezog in Kopenhagen eine Wohnung gegenüber der von Bohr.

Umzug in die USA

Bohr starb 1962 – und Aage Petersen zog mit dem Titel Professor in die USA, wo Sohn Troels zur Welt kam, der heute mit seiner Frau Jessie in Santa Cruz in Kalifornien lebt. Aage Petersen starb 1992. Das Leben des ehemaligen Gravensteiner Schülers, der klüger war als seine Lehrer, endete nach letzten Jahren in einem Pflegeheim in New Mexico.

Aage Petersen auf einem Privatfoto im Jahr 1992 Foto: Privat / Historisk Forening for Graasten By og Egn

Im neuen Jahresheft des Vereins „Historisk Forening for Graasten by og Egn“ blicken Hans Jørgen Lausten und Inger Prüsse auf das Leben von Aage Petersen zurück.

In insgesamt acht Abschnitten befasst sich das Heft für 2021 mit der Lokalgeschichte vergangener Zeiten. So werden Alnor und der Alnor Kro beleuchtet, aber auch die Aalräucherei in der Bucht Stranderöd und das Jahr 2020.

Das Heft ist im Lokalhistorischen Archiv in Gravenstein erhältlich. Öffnungszeiten sind montags von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 16 bis 18 Uhr. Weitere Informationen gibt es hier: www.graastenarkiv.dk.

Das aktuelle Jahresheft des historischen Vereins Foto: Sara Eskildsen
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