Serie: Auf Arbeit mit …

Ein Tag im Leben eines Feuerwehrmannes

Ein Tag im Leben eines Feuerwehrmannes

Ein Tag im Leben eines Feuerwehrmannes

Sonderburg/Sønderborg
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Ulrick Christiansen ist Teil der Berufsfeuerwehr in Sonderburg. 36 Vollzeitangestellte und 25 Teilzeitangestellte sowie rund 350 ehrenamtliche Feuerwehrleute gehören zu „Beredskab Sønderborg“. Foto: Sara Eskildsen

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In unserer Serie „Auf Arbeit mit …“ begleiten wir Menschen in ihrem Berufsalltag. In dieser Folge erzählt Ulrick Christiansen von seiner Arbeit als Feuerwehrmann. Wir haben ihn in der Sonderburger Bereitschaftszentrale besucht.

Es ist Freitagmorgen, 8 Uhr. Ulrick Christiansen eröffnet die Dienstbesprechung. Wie jeden Tag weiß keiner der Anwesenden, was an diesem 7. Juli in der Einsatzzentrale von „Beredskab Sønderborg“ auf sie zukommt.

Der 51-Jährige ist Feuerwehrmann – und Leiter des Einsatzkommandos. Er bespricht mit den Mitarbeitern der Wachzentrale und den Angestellten des operativen Kommandos den Stand der Dinge.

Immer nur eine Minute von der Abfahrt entfernt

Derzeit ist es ruhig – doch das kann sich sekündlich ändern. Kommt ein Alarm über 112 herein, sitzen Ulrick und seine Kollegen innerhalb einer Minute im Feuerwehrauto und rücken aus. „Es sollte höchstens 90 Sekunden dauern, bis wir im Einsatzwagen und unterwegs sind“, sagt Christiansen.

Aber was machen die Feuerwehrleute den ganzen Tag, wenn kein Einsatz stattfindet? Ulrick Christiansen gewährt an diesem Freitag einen Einblick in seinen Berufsalltag.

Ulrick Christiansen (r.) leitet die morgendliche Besprechung mit dem Team von der Wachzentrale und des operativen Einsatzkommandos. Foto: Sara Eskildsen
Im kleinen Kreis folgt eine Besprechung über die Aufgaben des Tages, die die operativen Kräfte erledigen müssen. Wegen der Sommerferienzeit fällt die Besprechung klein und kurz aus. Foto: Sara Eskildsen

Eines kann Ulrick Christiansen gleich zu Beginn sagen: „Die Zeit, die wir im Einsatz sind, in der wir Häuser löschen, Menschen aus Autos befreien oder zu einer Rettungsaktion auf dem Wasser unterwegs sind, ist verhältnismäßig klein. Einen Großteil der Zeit verbringen wir damit, die Ausrüstung zu kontrollieren, zu reinigen, zu warten und für neue Einsätze vorzubereiten.“

Wartungsarbeit ist Handarbeit

Beim Rundgang wird deutlich, wie viel Arbeit hinter den Kulissen geleistet werden muss, damit die Einsätze reibungslos ablaufen. Die Sauerstoffmasken beispielsweise. Die werden nach einem Einsatz nicht nur gereinigt. Mitarbeiter testen jeden Gurt und jede Atemröhre mit aufwendigen technischen Geräten von Hand.

Nicht nur die Sauerstoffmasken, auch die Tragegurte und die Atemgeräte werden einzeln kontrolliert, bevor sie zurück in den Dienstkreislauf gehen. Foto: Sara Eskildsen
Jedes einzelne Kleidungsstück wird nach dem Einsatz – oder nach Übungen – gewaschen und gereinigt. Foto: Sara Eskildsen
Waren die Feuerwehrleute an einem Brandort, ziehen sie noch direkt am Ort des Geschehens ihre Einsatzkleidung aus und tüten sie ein. Mitsamt der Plastiktüte kommt die mit Rauchpartikeln und anderen gesundheitsgefährdenden Stoffen kontaminierte Kleidung hier in die Waschanlage. Auf diese Weise kommen die Feuerwehrleute mit möglichst wenig schädigenden Substanzen in Berührung. Foto: Sara Eskildsen

Die Sauerstoffflaschen – rund 1.000 jährlich sind im Einsatz – müssen gereinigt, neu gefüllt und vorbereitet werden. Fahrzeuge werden gewartet, und die Kleidung der Einsatzleute wird gewaschen und getrocknet.

Bei der Dienstbesprechung verteilt Ulrick Christiansen verschiedene Aufgaben. Zwei Einsatzfahrzeuge gilt es heute zu betanken, und der Platz des Ringreiterfestes muss sicherheitstechnisch gutgeheißen werden.

Umzug in die Großzentrale

Ansonsten dreht sich vieles um Alltags- und Umzugsaufgaben. Denn die Sonderburger Brand- und Rettungszentrale, „Beredskab Sønderborg“, befindet sich aktuell mitten im Umzug an den Ingolf Nielsens Vej, wo eine neue, kommunale Großzentrale entsteht.

Hier entsteht die neue Einsatzzentrale der Rettungsbereitschaft. Der Umzug läuft, erste Angestellte sind mit ihren Büros bereits umgezogen. Foto: Sara Eskildsen
Ulrick Christiansen war 23 Jahre lang Teil der Einsatzzentrale an der Adresse Vestermark 10. Es ist sein zweiter Umzug als Mitarbeiter der Feuerwehrwache. Foto: Sara Eskildsen

Ulrick Christiansen hat sein gesamtes Berufsleben für die Sonderburger Feuerwehr gearbeitet. Nach seiner Zeit als Soldat auf dem Balkan kehrte er nach Sonderburg zurück – und begann seine Ausbildung zum Feuerwehrmann.

„Nach meinem Wehrdienst war ich drei Jahre lang als Soldat auf dem Balkan. Als ich zurückkam, habe ich 1996 bei der Feuerwehr begonnen. Zunächst war ich im Depot, dann erhielt ich das Angebot, mich zum Feuerwehrmann auszubilden.“

Vom Feuerwehrmann zum Betriebsleiter

Ulrick Christiansen hat alle Weiterbildungsmöglichkeiten als Feuerwehrmann durchlaufen. Wurde Teamleiter, Einsatzleiter, Kursleiter und leitet nun als Vize-Bereitschaftsinspektor den täglichen Betrieb der Einsatzzentrale.

Ein Blick in die Wachzentrale, wo 14 Vollzeitangestellte rund um die Uhr Notrufe und Alarme koordinieren. Unter anderem betreiben sie von hier auch die beiden kommunalen Klappbrücken. Die Bildschirme links im Bild zeigen verschiedene Kameraübertragungen live. Rund 2.000 Brückenöffnungen führt die Wachzentrale von hier aus durch. Foto: Sara Eskildsen
Vor dem Einsatzfahrzeug liegen Stiefel und Rettungskleidung bereit. Falls ein Notruf das Ausrücken erfordert, können Christiansen und seine Kollegen innerhalb einer Minute losfahren. Foto: Sara Eskildsen

Ging er zur Feuerwehr, um Leben zu retten? „Dieses Klischee, dass man für andere da sein und Leben retten will, das war nicht mein Antrieb. Als junger Feuerwehrmann habe ich dem nächsten Einsatz schon mal entgegengefiebert, aber es ist vielmehr das Planen, das Organisieren, was die Arbeit für mich interessant macht.“

Navigieren in Krisensituationen

Die Herausforderung seines Berufes seien Unvorhersehbarkeit und das Navigieren in Krisensituationen, sagt Christiansen. „In einem Umfeld zu agieren, das unvorhersehbar ist, das mag ich an meiner Arbeit. Schnelle und richtige Entscheidungen treffen. Dafür sorgen, dass alles bestens vorbereitet ist, dass die Dinge in Ordnung sind.“

Ulrick Christiansen koordiniert die Dienste in der Einsatzzentrale. Seit 1996 arbeitet er für die Sonderburger Feuerwehr. Foto: Sara Eskildsen
Das Fach ist recht leer, da die Einsatzkleidung von Ulrick Christiansen vor dem Einsatzfahrzeug liegt – für den Fall, dass ein Einsatz das schnelle Ausrücken erforderlich macht. Foto: Sara Eskildsen

Die Sonderburger Feuerwehr

  • Die Sonderburger Feuerwehr wird von der Kommune Sonderburg als „Beredskab Sønderborg“ betrieben.
  • Es gibt 36 Vollzeitkräfte, davon arbeiten 14 Personen in der Wachzentrale. 25 Teilzeitangestellte und rund 350 freiwillige Feuerwehrleute in den insgesamt 14 Feuerwachen.

Aufgaben der Feuerwehrleute:

Rettungseinsätze bei Bränden und Unfällen, Einsätze auf oder unter dem Wasser und bei Naturkatastrophen.

Vorbeugende Inspektionen beispielsweise von Stadtfesten, Großveranstaltungen, Schulen oder Pflegeheimen.

Koordinierung von Krisensituationen in der Kommune Sonderburg.

Die Sonderburger Einsatzzentrale koordiniert den Winterdienst für vier Kommunen.

Die Wachzentrale bedient die beiden Klappbrücken in Sonderburg und Ekensund (Egernsund). Es gibt pro Jahr rund 2.000 Öffnungen, rund 22.000 Segelboote passieren die Brückenöffnungen.

Zahlen und Fakten

  • 12.000 bis 15.000 Anrufe pro Jahr nimmt die Wachzentrale entgegen.
  • 1.400 Alarme wegen Einbruchs
  • 2.000 technische Alarme
  • 700 112-Alarme
  • 1.000 Menschen werden jährlich vor Ort in Erste-Hilfe- und anderen Rettungskursen ausgebildet.
  • Bis zum Jahr 2000 befand sich die Feuerwehrwache am Rønhaveplads in Sonderburg, seitdem lag sie an der Adresse Vestermark 10. Nach 23 Jahren zieht Ulrick Christiansen nun ein weiteres Mal mit der Feuerwehr um.

Die Schicht von Ulrick Christiansen läuft von 6 bis 18 Uhr, und kein Tag ist wie der andere. „Wenn man das Unvorhersehbare mag, wenn man sich wohlfühlt in einem Arbeitstag, der sich innerhalb von einer Minute vollkommen ändern kann, dann ist man hier richtig. Jetzt gerade trinke ich einen Kaffee, aber schon in zehn Minuten befinde ich mich möglicherweise inmitten einer Katastrophe. Das muss man mögen – sonst ist man hier nicht richtig.“

Unfälle, Selbstmorde, Großbrände

Christiansen hat die komplette Bandbreite von Einsätzen miterlebt und geleitet. Er hat Menschen aus brennenden Häusern gerettet und miterlebt, dass Menschen Selbstmord begingen. Er hat Einsätze bei Verkehrsunfällen geleitet, bei denen Kinder und Eltern ums Leben kamen und Unfälle, bei denen er Kind und Mutter lebend aus dem Auto befreien konnte.

Falls ein Einsatz beginnt, läuft er folgendermaßen ab: Auf der Rückbank des Einsatzfahrzeuges nehmen zwei Personen Platz, vorn sitzen Fahrer und Ulrick Christiansen auf dem Beifahrersitz. Bereits während der Fahrt koordiniert Christiansen den Einsatz. Er bereitet sein Team auf die bevorstehenden Aufgaben vor, während er von der Zentrale mit neuesten Informationen versorgt wird. Foto: Sara Eskildsen
Die Kantine – und das Gebäude – teilen sich die Angestellten mit dem Personal des regionalen Rettungsdienstes „Ambulance Syd“. Einige Einsatzkräfte von „Ambulance Syd“ haben 12- oder 24-Stunden-Schichten. Foto: Sara Eskildsen

Auch Großbrände hat Ulrick Christiansen in seinem Lebenslauf, er war dabei, als die Düppeler Schule gebrannt hat, die Seefahrtsschule oder die Omnicon-Fabrik.

„Großbrände sind immer sehr anstrengend, und danach ist man total fertig. Auf der anderen Seite können auch kleinere Einsätze sehr schwierig und kompliziert sein. Generell ist es schwer zu sagen, was mein herausforderndster oder schlimmster Einsatz war. Denn, was ist schlimmer: Wenn bei einem Unfall Kinder sterben oder wenn zwei Menschen in einem Feuer umkommen? Großes Leid lässt sich schwer messen. Und schon gar nicht definieren.“

Während die Kommunen Tondern (Tønder), Apenrade (Aabenraa) und Hadersleben (Haderslev) mit „Brand og Redning Sønderjylland“ eine gemeinsame Rettungsbereitschaft mit Hauptsitz in Tingleff (Tinglev) haben, betreibt Sonderburg eine eigenständige Bereitschaft. Foto: Sara Eskildsen
Die Kommune Sonderburg hat 252 Kilometer Küste und viele Gewässer. Daher ist die Bereitschaft für den Rettungseinsatz auf und im Wasser vorbereitet. Unter anderem mit Rettungsbooten, ausgebildeten Rettungstauchern und Tauchausrüstung. Foto: Sara Eskildsen

Dass in der Einsatzzentrale vor allem Männer arbeiten, ist den wenigen Bewerbungen geschuldet, die von Frauen eingereicht werden. „Wir hätten gerne mehr Frauen im Team. Frauen können den Dienst genauso wahrnehmen. Aber der Anteil an Bewerberinnen ist verschwindend gering.“

Nur sehr wenige Frauen bewerben sich

Wie der Freitag weitergeht, weiß Ulrick Christiansen nicht. Möglich, dass es ein ruhiger Tag wird. Möglich, dass der 51-Jährige in einer Minute in einem Feuerwehrauto sitzt und ausrückt. „Und genau das mag ich an meinem Job.“ 

 

Berufsweg Feuerwehr

  • Angestellt ist ein Feuerwehrmann oder eine Feuerwehrfrau bei einer kommunalen Bereitschaft oder einem Bereitschaftsverbund, den mehrere Kommunen betreiben. Arbeitgeberin kann auch eine private Rettungsbereitschaft sein.
  • Die meisten Feuerwehrleute sind in Teilzeit angestellt und gehen nebenbei einem anderen Beruf nach.
  • Wer in Vollzeit arbeitet, verbringt seine Schichten in der Rettungsstation. In der Zeit, in der keine Einsätze stattfinden, kümmern sich die Angestellten um die Ausstattung der Feuerwehrzentrale.

Karrieremöglichkeiten:

Feuerwehrmann/Feuerwehrfrau, Rauchretter, Fahrer, Stationsleiter, Mannschaftsleiter, Brandinspektor, Wachhabender oder Leiter der Wache.

Das durchschnittliche Gehalt für eine/n neu ausgebildeten Feuerwehrmann/Feuerwehrfrau beträgt 32.224 Kronen (privat) und 25.479 Kronen (öffentlich).

Ausbildung:

Die Ausbildung zum/zur Feuerwehrmann/Feuerwehrfrau dauert rund 222 Stunden. Die Ausbildung führen die Bereitschaften durch, Näheres dazu hier.

Auch die private Rettungsbereitschaft Falck bildet aus, Näheres dazu hier.

Als Wehrdienstleistender kann man ebenfalls eine Ausbildung zum/zur Feuerwehrmann/-frau machen.

Freiwillige Feuerwehr:

In Nordschleswig gibt es außerdem die Möglichkeit, Teil der Freiwilligen Feuerwehren zu werden. Mehr dazu hier. Wer eine solche Ausbildung durchlaufen hat, kann sich um eine Anstellung bei der Berufsfeuerwehr bewerben.

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