Soziales

Versauern in der Warteschleife

Versauern in der Warteschleife

Versauern in der Warteschleife

Hadersleben/Haderslev
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Seit dem 1. August hat die Gesundheitspflege die Heimhilfe abgelöst, sodass E. M. Juhl noch vormittags aus dem Haus kann. Foto: Ute Levisen

Ellen Marie Juhl (71) musste des Öfteren auf die Heimhilfe warten – zuweilen vergebens: Am 1. August begannen neue Zeiten.

Ellen Marie Juhl hat ein sonniges Gemüt. Das braucht die 71-Jährige auch. Wegen einer chronischen Arthrose ist sie seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt und somit auf fremde Hilfe – sprich: die kommunale Heimhilfe –  angewiesen.

Diese aber ließ in den vergangenen Monaten immer mal wieder auf sich warten: „In den vergangenen drei Monaten ist es besonders schlimm gewesen. Die Heimhelfer tauchen auf, wie der Wind gerade weht“, sagt  Ellen Marie Juhl kopfschüttelnd. Oder auch gar nicht: „Ist alles schon vorgekommen.“ Für die Seniorin bedeutete dies, dass sie ihren Tagesablauf nicht richtig planen konnte und die Besuche bei der Physiotherapie schon gar nicht. Nach dem Aufstehen ist sie auf Hilfe beim Anziehen ihrer Stützstrümpfe angewiesen. Nach dem Aufstehen, wohlgemerkt. Und nicht erst um 10 Uhr oder gar halb 11. „Einmal wurde es gar Mittag, bis die  Heimhelferin vor der Tür stand.“  Für die sozial aktive Ellen Marie Juhl war diese Form von Lotterie  ein Handicap, das zu ihrer eingeschränkten Beweglichkeit hinzukam. „Einen zuständigen Mitarbeiter kenne ich nur vom Telefon“, sagt sie: „Woher aber sollen die Mitarbeiter wissen, was der einzelne Bürger braucht, wenn sie ihn nicht mal kennen?“ Nun, sie könne ja einfach zu ihnen in die  Visitation kommen, wurde ihr telefonisch beschieden, als sich die Rentnerin wieder einmal über die unzureichende Heimhilfe beschwerte. Die Haderslebener Abteilung liegt im Varbergparken. Einfach würde der Weg dorthin für die 71-Jährige gewiss nicht. Erst recht nicht ohne Stützstrümpfe ...

Also hatte sie sich in den vergangenen Monaten immer wieder auf telefonischem Wege versucht: „Da kann es einem passieren, dass man die 25. in der Warteschleife ist“, sagt sie: „Ganz ehrlich, so kann man die Leute nicht behandeln!“ Die Seniorin weiß, wovon sie spricht: Sie hat früher selbst als Heimhelferin gearbeitet. Aber das waren noch andere Zeiten: „Neulich hatte ich eine Heimhelferin, die eine Doppelschicht hinter sich hatte! Das darf nicht wahr sein. Ein anderes Mal hieß es: Ups, wir haben dich ganz vergessen.“

Auch die Vertrauensbeauftragten der Gewerkschaft FOA habe sie bereits kontaktiert: „Sie kennen das Problem, haben es auch wiederholt zur Sprache gebracht. Nichts passiert“, sagt Ellen Marie Juhl.
Einmal habe sie den Chef der kommunalen Gesundheitsverwaltung persönlich angerufen, als die Hilfe wieder einmal ausblieb: „Das hat geholfen. Es kam jemand! Nur: Was machen jene Bürger, die sich nicht wie ich zu Wort melden können?“

Zumindest für Ellen Marie Juhl ist die kommunale Heimhilfe erst einmal ein überstandenes Kapitel: Seit dem gestrigen Mittwoch kommt die Gesundheitshilfe (Sundplejen) zu ihr, ein privater Heimhilfeservice, der sich im Vorjahr in der Domstadt etabliert hat. Und zwar schon morgens um 9 Uhr: „Es hat richtig gut begonnen“, stellt Ellen Marie Juhl zufrieden fest. Wie berichtet, hat die kommunale Verwaltung vorgeschlagen, das   Dienstleistungsangebot neu zu überdenken und das Budget aufzustocken. Die stellvertretende Vorsitzende des für diesen Bereich zuständigen Erwachsenenservice hat ihrerseits bereits angekündigt, die Qualitätsstandards der kommunalen Dienstleistungen  erneut als Thema in den Ausschuss einzubringen.

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