5G-Technik

Tele-Turm in Starup: „Das müssen wir in Kauf nehmen“

Tele-Turm in Starup: „Das müssen wir in Kauf nehmen“

Tele-Turm in Starup: „Das müssen wir in Kauf nehmen“

Starup
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Starup möchte weiterhin seinen uneingeschränkten Blick auf die „Idylle“ behalten. Foto: Ute Levisen

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Höher als der Runde Turm in Kopenhagen oder die alten Getreidesilos am Haderslebener Hafen: Ein geplanter Funk-Turm soll die Netzabdeckung in Starup verbessern. Bei einigen Anwohnerinnen und Anwohnern sorgt der Gittermast für Unverständnis. Dabei soll die Anlage das digitale Leben vereinfachen. Und Starup attraktiver machen.

5G ist in aller Munde. Zugleich soll das Mobilfunknetz für die Zukunft stehen: für eine digitalisierte Welt auch im ländlichem Raum. Im Dorf Starup in der Kommune Hadersleben (Haderslev) sorgt solch ein Ausbau des Netzfunks zurzeit für Ärger, wie bereits „JydskeVestkysten“ berichtete.  

Das Problem mit dem Mast

Der kommunale Ausschuss für Klima und Technik möchte Starup wettbewerbssicher machen und blickt in die Zukunft. Geplant sind ein Gittermast in Höhe von 50 Metern und zwei technische Gebäude am Lyøvej in Starup. Doch mit dem Plan kommt die Sorge: Bürgerinnen und Bürger fürchten um die Sicht und den Wert ihrer Immobilien. Die Höhe des Turms würde die Betroffenen besonders stören. Stimmen nach einer alternativen Lösung werden laut.

Doch diese alternative Lösung gibt es nicht, sagt Carsten Leth Schmidt, Vorsitzender des Ausschusses für Klima und Technik. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ betont der Lokalpolitiker der Schleswigschen Partei (SP), dass die Entscheidung für den Mast gründlich durchdacht und geprüft worden sei.

Mehr Vorteile als Nachteile 

„Im Hinblick auf die Zukunft ist eine gute Netz-Infrastruktur wichtig. Die Nachteile sind natürlich nicht unwesentlich, aber die Vorteile überwiegen deutlich“, erklärt Carsten Leth Schmidt auf die Frage, weshalb überhaupt ein Gittermast in einer Wohnsiedlung nötig ist.

Man möchte wettbewerbsfähig bleiben und vor allem zukunftsorientiert. Dabei sei eine Abdeckung mit 5G-Technik mittlerweile ein Muss, denn der Fortschritt sei unaufhaltsam: „Die Menschen möchten ‚Smart-Home’ und ‚Online-Lernprogramme‘ in ihrem Haushalt. Diese werden technisch immer ausgeklügelter. Dafür benötigt man ein immer besser werdendes Netz“, erklärt der Vorsitzende. 

Für ihn und den Ausschuss sei klar, dass der Ausbau hauptsächlich Vorteile bringe. Auch in Bezug auf Standortattraktivität: „Die Menschen wollen gutes Netz, und das wird in der Zukunft auch nicht abnehmen. Ich denke, man kann dann einen Blick auf einen Gittermast verschmerzen, wenn man dafür eine gute Infrastruktur vor der Haustür hat“, sagt Leth Schmidt. 

Ein ähnlicher Mast könnte bald in Starup stehen. Foto: Karin Riggelsen

Urteil in Deutschland schürt Hoffnung bei kritischen Anwohnenden

Trotz der Vorteile sprechen sich viele Anwohnerinnen und Anwohner von Starup gegen den Bau des Mastes aus.

Sorgen bereiten verschiedene Faktoren, wie etwa die Sichteinschränkung und die Wertminderung der Immobilien. 

In Foren tauschen sich betroffene Menschen aus. Ein Urteil aus Deutschland erscheint wie ein rettender Anker.

Denn in dem von 2021 stammenden Urteil vom Landgericht Münster heißt es, dass nicht nur der Mobilfunkanlagenbetreiber für Schädigungen durch seinen Anlagenbetrieb haftet, sondern auch der Grundstückseigentümer, der sein Grundstück für den Anlagenbetrieb zur Verfügung stellt. Dieser kann also im Schadensfall von Dritten ebenso haftbar gemacht werden wie der Anlagenbetreiber. Die wenigsten deutschen Kommunen und Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer seien sich dessen bewusst gewesen, schreibt „diagnose:funk“.

Dabei seien primär mögliche EMF-bedingte Schäden Grundlage für die Klage gewesen. 

Elektromagnetische Felder (EMF) 

 

Elektromagnetische Felder, kurz EMF genannt, bezeichnen die entstandenen elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Felder, die durch die Benutzung von Technologie, wie etwa Mobilfunk, entstehen. Dabei beschreibt man die Felder über ihre Stärke (Amplitude), ihre Schwingung (Wellenlänge) und ihre Schwingzahl (Frequenz). Anders als bei Röntgenstrahlung reicht die Energie der EMF nicht aus, um Atome und Moleküle elektrisch aufzuladen. Nichtsdestotrotz kann auch EMF-Strahlung gesundheitliche Folgen haben. Um dies zu vermeiden, arbeiten Fachleute an unterschiedlichen Konzepten zur Gefahrenvermeidung (Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz).

Nun ist ein Gerichtsurteil aus Nordrhein-Westfalen nicht 1:1 auf die Situation in Starup anzuwenden. Das Thema „Strahlung“ sei in Bezug auf 5G ein wiederkehrendes Thema, doch Carsten Leth Schmidt versucht, Entwarnung zugeben: „Nichts deutet auf ein Gesundheitsrisiko hin.“

Er wisse auch nichts über ein ähnliches Urteil in Dänemark, und fügt hinzu: „Es ist schwierig, ein derartiges Urteil als Grundlage für Dänemark heranzuziehen. Wir als Nation sind darauf angewiesen, dass im Folketing alles dafür getan wird, dass mit der Verantwortung in Bezug auf neue Technologien sorgsam und bedacht umgegangen wird“, erklärt der Politiker. 

Beim Thema Forderungen einzelner Bürgerinnen und Bürger nach Entschädigung seitens der Kommune Hadersleben macht er deutlich: „Das ist bei Infrastrukturprojekten gar nicht so einfach. Ein anschauliches Beispiel ist der Metrobau in Kopenhagen gewesen. Die klagenden Bewohner bekamen auch keine Entschädigung. Das sieht bei Hochspannungsleitungen oder Windparks vielleicht noch anders aus. Aber ein Gittermast wird da ganz sicher nicht ‚schlimm genug’ sein.“

Für den kommunalen Ausschuss für Klima und Technik ist der Ausbau sogar förderlich in Hinblick auf Immobilienpreise: „Ein gutes Netz fördert die Attraktivität eines Standortes.“

Und wie sieht es aus mit Alternativen? 

Neben den Sorgen schlichen sich auch viele Ideen zum Thema Mastbau ein. Bürgerinnen und Bürger unterhielten sich in Foren über mögliche alternative Standorte oder gar die Erweiterung von bestehenden Masten.

Für den Ausschuss für Klima und Technik kommen die Forderungen nach Alternativen nicht überraschend. Viele von ihnen haben die Verantwortlichen selbst überdacht: „Wir als Politiker sind auch in uns gegangen und haben uns selbst gefragt: Welche Alternativen gibt es? Letztendlich sind fast alle Alternativen, die derzeit genannt wurden, von uns geprüft worden“, erklärt Carsten Leth Schmidt.

Dabei sei man sehr behutsam vorgegangen und habe nicht den gradlinigen Weg genommen: „Es gab einen reges Hin und Her zwischen uns und der zuständigen Verwaltung. Fachleute in der Verwaltung haben dann wiederum mit dem Anbieter gesprochen “, erklärt der Vorsitzende. Dies sei auch dem Mastenplan zu verdanken, der von einer derart hohen Bebauung in einem Wohnviertel abrät. 

Carsten Leth Schmidt versichert: „Wir haben den Mastenplan nicht ignoriert, sondern versucht, ihn so gut wie möglich einzuhalten. Deswegen wurde der Standort auch so gut überprüft, mit allen Eventualitäten.“

Ideen, wie etwa kleinere Funktürme, wären dabei nicht sinnvoll, da man mit einer höheren Stückzahl arbeiten müsste: „Anstatt einem gäbe es dann schätzungsweise drei, die in Starup gebaut werden müssten“, erläutert Leth Schmidt.

Zudem müsse man auch attraktiv für den Anbieter bleiben, erklärt Carsten Leth Schmidt und fährt fort: „Preisdruck und eine faire Konkurrenz der Anbieter sind im Sinne aller Beteiligten. Auch im Hinblick der derzeitigen Preissteigerung im Bezug auf Mobilfunk.“

Offen für einen Dialog 

Der Ausschuss für Klima und Technik ist sich einig, dass der Ausbau von 5G am Lyøvej ein großer Pluspunkt für die Kommune und vor allem für Starup ist. Bei Klärungsbedarf und einem Dialogwunsch seitens der Bürgerinnen und Bürger stehen die Politikerinnen und Politiker aber gern zur Verfügung, versichert Vorsitzender Carsten Leth Schmidt.

Was ist eigentlich 5G?

5G ist die nachfolgende Generation von 4G (LTE) und bezeichnet die 5. Generation des Mobilfunks. Der 5G-Standard ermöglicht eine bis zu zehnmal schnellere Datenübertragung als sein Vorgänger. Laut Orkla, ein Unternehmen, das sich auf die Messung und Analyse von Internetgeschwindigkeit spezialisiert hat, lag die Verfügbarkeit von 5G in Dänemark im zweiten Quartal 2022 etwa bei 36,4 Prozent.

Diese Landkarte illustriert die 5G-Abdeckung durch einzelne Anbieter in der Kommune Hadersleben: 

 

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