Nachhaltigkeit

Fleischlos glücklich: Gemeinschaftsessen wird zum Erfolg

Fleischlos glücklich: Gemeinschaftsessen wird zum Erfolg

Fleischlos glücklich: Gemeinschaftsessen wird zum Erfolg

Hadersleben/Haderslev
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Pflanzlich schlemmen und Beiträgen zum Thema Nachhaltigkeit lauschen ­– beim Gemeinschaftsessen am 23. November war beides möglich. Foto: Amanda Klara Stephany

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Kartoffeln, Rote Bete, Pilze – in der dänischen Küche sind diese Zutaten nicht wegzudenken. Als Beilage. Doch was passiert, wenn diese Lebensmittel zum eigentlichen Star des Gerichtes werden? Die „Haderslev Grønne Nabofællesskaber“ hat zum pflanzlichen Drei-Gänge-Menü geladen und dabei gezeigt: Vegan kann richtig lecker sein.

„Das schmeckt wirklich gut.“ „Ich hole mir noch einen Nachschlag.“ „Diese Suppe ist wirklich lecker.“

Besteck klappert, Kerzen flackern, und im ganzen oberen Geschoss der Slotsgade 25 riecht es deftig und verführerisch. Als die Vorspeise von Freiwilligen in den Raum gebracht wird, freuen sich alle. Jetzt gibt es was zu essen. Und zwar pflanzlich und gesund. 

Ein Abend ohne Fisch und Fleisch Foto: Amanda Klara Stephany

Veranstaltung gut besucht 

Dass die Veranstaltung so gut ankommt – 65 Frauen und Männer sind anwesend –, das hätte Karen Skøtt sich nicht erträumt. Sie ist Mitglied der Grünen Nachbarschaft Hadersleben, einer Gruppe engagierter Menschen, die sich für mehr Nachhaltigkeit in der Domstadt einsetzen.

Die Idee für einen fleischlosen Abend hatte die Gruppe bereits vor einiger Zeit, mithilfe des Supermarktes „Meny“ wurde die Vision in die Tat umgesetzt: „Unser Ziel war es, ein festliches Drei-Gänge-Menü zu kreieren, um den Menschen die Erfahrung zu vermitteln, dass es Spaß macht, über einen längeren Zeitraum hinweg zusammen zu sein und gesundes, nachhaltiges und leckeres Essen zu genießen. Eine Art ‚Slow-Food-Erlebnis‘, bei dem an den Tischen geplaudert wird. Eine kleine Party“, erklärt Skøtt.

Die Zusammenarbeit mit dem Supermarkt „Meny“ funktioniert laut Eigenaussage der Grünen Nachbarschaft hevorragend. Foto: Amanda Klara Stephany

Zusammenarbeit mit Supermarkt 

Ein teures Vorhaben für eine lokale Gruppe, das nur mit einem Partner möglich ist: „Unser nationaler Koordinator der Grünen Nachbarschaft wies darauf hin, dass ‚Meny‘ die Möglichkeit hat, Initiativen in den Bereichen Klima, Nachhaltigkeit und öffentliche Gesundheit durch Stiftungen zu unterstützen. Wir haben unser Konzept des pflanzlichen Gemeinschaftsessens und der Vorträge dem Haderslebener Marktleiter Egon Greve vorgestellt. Egon Greve war von der Idee begeistert, und ohne ihn und ‚Meny‘ wäre eine ähnliche Initiative nicht zustande gekommen“, erzählt Skøtt. 

Hadersleben isst Grün 

Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: ein pflanzliches Drei-Gänge-Menü mit Kartoffelsuppe als Vorspeise, Pilz-Teigtaschen, eingelegter Rote Bete, Rotkohlsalat und einer herzhaften Soße als Hauptgang. Und auch der Apfelkuchen, serviert mit Soja-Joghurt, kommt gut an. Auch bei denen, die sonst nicht so viele Berührungspunkte mit der veganen und vegetarischen Ernährung haben: „Mit unserer öffentlichen Einladung zum gemeinsamen Essen auf pflanzlicher Basis wollten wir auch Menschen erreichen, die mit pflanzlicher Kost bisher nicht vertraut sind“, so Skøtt. Ein Erfolg, wer die Nachschlags-Wünsche betrachtet.

Und auch die Gespräche am Tisch sind aufgeschlossen. Ein Ehepaar staunt, als es erfährt, warum veganer Wein deklariert sein muss: „Also, dass der Wein normalerweise mit Fischblase geklärt wird, ist mir neu“, erklärt die Frau und nimmt einen großen Schluck des italienischen Bio-Weines.

 

Karen Skøtt freut sich über die rege Teilnahme am Gemeinschaftsessen. Foto: Amanda Klara Stephany

Referentin zeigt andere Wege auf 

Aber nicht nur das Menü samt Weinkarte kann sich sehen – und essen – lassen. Als Rednerin ist Trine Krebs in die Domstadt gereist. Die passionierte Köchin und  Expertin für gesunde Ernährung hat eine ganz besondere Mission: „Trine Krebs konzentriert sich auf die Bedeutung der Ernährung im Kontext der grünen Transformation und dem Klimawandel. Sie betonte auch die Bedeutung von Gemeinschaft und Vereinigungen, wenn es darum geht, Veränderungen herbeizuführen. Eine Agenda, die auch der Ausgangspunkt für die Denk- und Arbeitsweise der Grünen Nachbarschaft ist“, erklärt Karen Skøtt die Einladung.

Für Trine Krebs ist Nachhaltigkeit auch in der Ernährungsweise ein entscheidender Punkt in der Klimawende Dänemarks, wie sie dem „Nordschleswiger“ verrät: „Viele Lebensmittel, die wir heute hier gegessen haben, verstehen sich eigentlich immer als Beilage. Heimisches Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst – das alles versorgt uns, wir haben es vor unserer Haustür, und es ist klimafreundlicher. Und wie man sieht: Daraus kann ein gesamtes Menü gezaubert werden“, erklärt die Expertin für gesunde Ernährung, die unter anderem in der Fernsehsendung „Landmand søger kærlighed“ (Bauer sucht Frau) mitgewirkt hat. 

 

 

Dem Vortrag von Trine Krebs lauschten die Anwesenden gebannt. Foto: Amanda Klara Stephany

„Haderslev Grønne Nabofællesskaber“ freut sich, dass das Publikum so bunt gemischt war und die Resonanz positiv ausfiel: „Es war die erste Veranstaltung dieser Art, die in Bezug auf Arbeitsaufwand, Umfang und Finanzen einen großen Umfang hatte. Die Veranstaltung verlief perfekt. Vielleicht sogar ein wenig über unsere eigenen Erwartungen hinaus“, so Karen Skøtt. Sie schwelgt Anfang der Woche noch in positiver Erinnerung.

Hygge und Nachhaltigkeitsdiskussionen 

Die Menschen hatten Lust, auf Augenhöhe zu diskutieren und zu probieren. Fragen nach pflanzlichen Proteinen und Protein aus Insekten wurden besprochen, Linsen gelobt und Preise für Ersatzprodukte hinterfragt ­ – das alles inmitten von Kerzenlicht und in großer Wertschätzung. Ein Schnitzel-Verbot, wie es manch eine deutsche Politikerin prophezeit, war kein Thema. Warum auch, wenn das pflanzliche Menü, laut den Besucherinnen und Besuchern, so gut schmeckt. 

 

Auch die vegane Deklaration auf Weinen war Thema an diesem Abend. Foto: Amanda Klara Stephany

Weitere Veranstaltungen geplant 

Wer nun Lust auf gemeinsames pflanzliches Essen hat, kann sich auf weitere Veranstaltungen freuen: „Ein Drei-Gänge-Menü für 65 Personen zu kreieren, ist eine große Aufgabe für Laien. Aber mithilfe einer guten Portion Humor in der Küche wurden köstliche frische Zutaten in ein Festmahl verwandelt. Wir haben Pläne für weitere themenbezogene Veranstaltungen, vorzugsweise in Zusammenarbeit mit entsprechenden Partnerinnen und Partnern. Möglicherweise mehrere kleinere Veranstaltungen“, sagt Karen Skøtt.

 

Die Speisen konnten sich sehen lassen. Foto: Amanda Klara Stephany

Grüne Nachbarschaft (Grønne Nabofællesskaber)

Die Grüne Nachbarschaft (Grønne Nabofællesskaber) ist ein lokales Netzwerk, das sich für den „grünen“ Wandel interessiert und engagiert. Dabei kommen gleich gesinnte Menschen an ihrem Wohnort zusammen und bringen Projekte und Aktivitäten in den Bereichen Klima, Biodiversität und Umwelt zustande. In ganz Dänemark findet man solche Nachbarschaftsverbände vor.

Dabei werden den lokalen Gruppen keine Grenzen gesetzt. Von „Car-Sharing“ bis hin zu „Repair-Cafés“ und Baumpflanzaktion ist alles dabei. Vordergründig ist der Austausch von Menschen und Familien, die nachhaltiger leben möchten.

Es gibt zudem einen eigenes für die Grüne Nachbarschaft erschaffenen gleichnamigen Podcast.

Weitere Information erhält man auf der Internetseite der Initiative.

https://www.omstilling.nu/groennenabofaellesskaber
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Leitartikel

Fleischlose Revolution: Supermärkte ändern sich

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