Dänemark

Neubewertung lässt Grundsteuer für Eigentum auf dem Land explodieren

Neubewertung lässt Grundsteuer für Eigentum auf dem Land explodieren

Neubewertung lässt Grundsteuern auf dem Land explodieren

ghe/Ritzau
Kopenhagen
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Die Landflucht, die mancherorts bereits im Gange ist, wird durch höhere Grundsteuern noch verstärkt, befürchtet der Gemeinschaftsrat der ländlichen Räume (Landdistrikternes Fællesråd). Foto: Karin Riggelsen

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Eigentümerinnen und Eigentümer von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben können nun eine Antwort darauf erhalten, ob ihre Immobilie künftig als selbst genutztes Eigentum eingestuft und damit deutlich teurer wird. Der Gemeinschaftsrat der ländlichen Räume kritisiert die Entwicklung scharf und fordert eine Aussetzung der steuerlichen Neubewertung.

Gilt meine Immobilie auf dem Land künftig als Eigenheim und nicht mehr als Bauernhof? Viele Eigentümerinnen und Eigentümer kleiner landwirtschaftlicher Betriebe müssen bald mit einer massiv höheren Grundsteuer rechnen. Hintergrund ist eine Neueinstufung, die von der Bewertungsbehörde (Vurderingsstyrelsen) vorgenommen wird, und die für ländliche Grundstücke bis zu einer Größe von 15 Hektar gilt. Betroffen sind rund 25.000 Menschen.

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten könnte sich die Grundsteuer durch eine Neubewertung für einzelne Personen um das Acht- oder Neunfache erhöhen. Das kritisiert der Gemeinschaftsrat der ländlichen Räume (Landdistrikternes Fællesråd) scharf.

Kleinere ländliche Grundstücke betroffen

Nach Ansicht von Steffen Damsgaard, dem Vorsitzenden des Rates, könnte dies die Entwicklung neuer Siedlungen in ländlichen Gebieten erheblich behindern. „Diese Neueinstufung könnte weitreichende Folgen haben – nicht nur für die einzelne Familie, die möglicherweise an die Immobilie gebunden ist, ohne die Möglichkeit, Änderungen an der Immobilie vorzunehmen, bis sie die Immobilie verkaufen muss“, sagt er in einer Pressemitteilung.

„Dies wird vor allem kleinere ländliche Grundstücke betreffen, die zumindest teilweise landwirtschaftlich genutzt werden, oder Grundstücke mit Natur-, Feucht- oder Erholungsgebieten. Das sind zum Beispiel Grundstücke, auf denen ein paar Kühe oder Pferde gehalten werden oder auf denen einige Feldfrüchte und lokal erzeugte Lebensmittel angebaut werden, die in einem Hofladen verkauft werden könnten. Dies ist sehr ärgerlich, da diese ländliche Lebensweise in den vergangenen Jahren auf dem Vormarsch ist.“

Der Bevölkerungsrückgang, der mancherorts bereits im Gange ist, wird dadurch noch verstärkt.

Steffen Damsgaard, Vorsitzender des Gemeinschaftsrates der ländlichen Räume

Mehr Einfamilienhäuser auf dem Land

Nach Angaben von Steffen Damsgaard könnten die Eigentümerinnen und Eigentümer infolgedessen gezwungen sein, einen erheblichen Teil ihrer Grundstücke an größere Landwirtschaftsbetriebe zu verkaufen, die in Vollzeit arbeiten und eine niedrigere Grundsteuer zahlen. Insgesamt bedeute dies, dass in den ländlichen Gebieten neben den großen Vollerwerbsbetrieben nur noch Wohnungen mit sehr wenig Grund und Boden entstehen werden. Mit anderen Worten, eine Art „Einfamilienhaus auf dem Land“, erklärt Steffen Damsgaard.

„Die Vielfalt des Wohnungsangebots wird sich erheblich verringern, wenn die kleinsten Bauernhöfe und ländlichen Grundstücke von den steigenden Grundsteuern betroffen sind und somit allmählich als Immobilientyp verschwinden“, so Damsgaard. Dadurch werde das Wohnen auf dem Lande, das dringend spannende Wohnformen brauche, um mit den Städten konkurrieren zu können, unattraktiver. „Mit anderen Worten: Der Bevölkerungsrückgang, der mancherorts bereits im Gange ist, wird dadurch noch verstärkt.“

Sorgen auch um die Natur

Gleichzeitig besteht die Sorge um die Natur. Diese droht verloren zu gehen, wenn Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer gezwungen sind, ihr Land für größere Betriebe zu verkaufen, betont Steffen Damsgaard: „Das benachteiligt Besitzerinnen und Besitzer ländlicher Grundstücke mit einer Fläche von weniger als 15 Hektar, die das Land für Wald-, Natur- und Erholungszwecke genutzt haben. Wenn viele am Ende Land für die Vollzeitbewirtschaftung verkaufen müssen, dann für die landwirtschaftliche Produktion und nicht für Natur- und Erholungszwecke mit kleinen Biotopen und erhöhter biologischer Vielfalt. Aus meiner Sicht ist das inmitten einer Klima- und Biodiversitätskrise völlig falsch.“

Die Spielregeln für den Verkauf von Grundstücken sind in städtischen und ländlichen Gebieten sehr unterschiedlich.

Steffen Damsgaard, Steffen Damsgaard, Vorsitzender des Gemeinschaftsrates der ländlichen Räume

Problematisch sei auch, dass mit der Neueinstufung versucht werde, Wohneigentum im ländlichen Raum mit Wohneigentum in der Stadt gleichzusetzen, so Damsgaard. „Die Spielregeln für den Verkauf von Grundstücken sind in städtischen und ländlichen Gebieten sehr unterschiedlich.“

Diese kleinen Grundstücke auf dem Land sollten seiner Ansicht nach nicht auf die gleiche Weise besteuert werden wie Eigenheime in der Stadt. „Denn wer in einem ländlichen Gebiet ein Grundstück besitzt, hat bei Weitem nicht die gleichen Möglichkeiten, es zu verkaufen wie in der Stadt.“ Während Grundstücke in einer städtischen Zone an einen Nachbarn verkauft oder in manchen Fällen sogar für neue Wohnungen unterteilt werden könnten, seien Grundstücke in ländlichen Zonen nur als landwirtschaftliche Flächen zu veräußern. „Es handelt sich also um eine Gleichstellung, die weder sinnvoll noch gerecht ist“, so der Vorsitzende.

Rat fordert Aussetzung der Neueinstufung 

Eine kurzfristige Lösung sieht der Rat darin, die Neueinstufung auszusetzen, bis die Folgen geklärt sind. Eine langfristige Lösung schlägt er auch vor. Sie könnte darin bestehen, eine neue Zwischenkategorie für die kleinsten ländlichen Grundstücke einzuführen.  So könnten Eignerinnen und Eigner ländlicher Grundstücke ohne landwirtschaftlichen Betrieb eine geringfügig höhere Grundsteuer zahlen als für landwirtschaftliche Flächen. „Dies würde dazu beitragen, kleinere landwirtschaftliche Betriebe zu unterstützen“, argumentiert Damsgaard.

Darüber hinaus hat der Gemeinschaftsrat der ländlichen Räume viele Anfragen von Menschen in ländlichen Gebieten erhalten, für die die neue Einstufung dramatische Folgen haben wird. Sie sollen genutzt werden, um das Thema bei den Politikerinnen und Politikern in Christiansborg anzusprechen.

Die neue Besteuerung soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. 

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