Diese Woche in Kopenhagen

„Lieder über die Rückkehr und andere Dinge“

Lieder über die Rückkehr und andere Dinge

Lieder über die Rückkehr und andere Dinge

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:

Diesen Artikel vorlesen lassen.

In der Kolumne geht es in dieser Woche im hohen Tempo von einem Waffenskandal über die Korankrise zu Frauenquoten und Querdenkenden. Von letzteren wünscht sich Walter Turnowsky mehr, aber von der Sorte, die es tatsächlich beherrscht, querzudenken.  

Ich bin wieder hier in meinem Revier auf Nørrebro. Ich hatte an den Urlaub noch zehn Tage Homeoffice angehängt. Quasi: gleitender Übergang.

Auch der Venstre-Vorsitzende Jakob Ellemann-Jensen ist wieder zurück. Er war richtig weg, denn wie er beschrieben hat, ist seine Stress-Erkrankung sehr ernst gewesen. Er hat sich also nicht nur versteckt.

Ellemanns Entschuldigung

Mit dem Verstecken ist es für ihn jetzt ohnehin vorbei. Nur eine Woche nach Dienstantritt musste er sich als Verteidigungsminister am Dienstag beim Finanzausschuss des Folketings entschuldigen, weil er ihm falsche Informationen über den Kauf von Artilleriegeschützen vom israelischen Rüstungshersteller Elbit gegeben hatte. An Tagen wie diesen wünscht er sich wohl keine Unendlichkeit.

Zumal er nach eigener Aussage nicht gelogen hat, sondern die Falschinformationen von seinem Ministerium erhalten hatte. Am Freitag hat er dem obersten Beamten des Ministeriums, dem  Departementschef (Staatssekretär), gekündigt. Jetzt will er in seinem Laden weiter aufräumen. Dies gilt für das Verteidiugungsministerium als solche wie für die Material- und Einkaufsbehörde (FMI) des Ministeriums. Denn es nützt ja alles nix: Einer muss den Job mit dem Aufräumen ja machen.

Ellemanns Vorgängerinnen und Vorgänger sind vor der Aufgabe der Umstrukturierung des Verteidigungsministeriums zurückgewichen. Doch in den kommenden zehn Jahren erhalten die Streitkräfte 143 Milliarden Kronen extra, von denen das FMI einen gehörigen Batzen verwalten wird. Also Ellemann: Bitte keine halben Sachen; lass es richtig krachen.

Vom Löschen brennender Korane

Gleichzeitig versucht Ellemanns Kollege im Außenministerium, Lars Løkke Rasmussen von den Moderaten, zu verhindern, dass es bei der Korankrise zum Krachen kommt. Während er darüber nachdenkt, wie er die Regierungen in den islamischen Staaten beruhigen kann, wurde erst einmal an der Grenze die Freiheit wieder abbestellt. Und die verschärften Kontrollen wurden diese Woche erwartungsgemäß um eine Woche verlängert. Und in der kommenden Woche …

Doch jene, die sich als Querdenker bezeichnen, haben irgendwie übersehen, dass sich das Substantiv „Denker“ vom Verb „denken“ ableitet.

Ich würde mir ja wünschen, dass die islamischen Staaten und andere auf Rasmus Paludan und die anderen Koranverbrenner reagieren, wie es nach anfänglichen Unruhen in meinem Revier der Fall ist: mit einem Schulterzucken. Dann würden jene, die alles, was anders ist, stört, nicht mehr das Gefühl haben, wo ihre Füße stehen, sei der Mittelpunkt der Welt.

Helden abmelden

Die Sache mit dem Revier bringt mich darauf, dass ich noch im Ferienhaus in einigen Statistiken geblättert hatte. Dabei stellte ich fest, dass es in den Stadträten in Nordschleswig alles andere als unbeschreiblich weiblich zugeht. Weit ist der Weg, bis gleich viel Frauen wie Männer in den Stadträten sitzen.

Meine Kollegin Marle Liebelt kommt in ihrem Leitartikel zu dem Schluss, die Parteien würden schon Wege finden, die Ämter paritätisch zu besetzen; sie müssen nur wollen. Und wollen sie nicht, könne man ihnen mit einer Frauenquote auf die Sprünge helfen. Es geht wohl darum, einige der männlichen politischen Helden abzumelden.

Querdenken? Ja, bitte!

Nicht ab-, sondern angemeldet, haben sich in den vergangenen beiden Jahren immer mehr Menschen aus Deutschland – und zwar mit einen Wohnsitz in Nordschleswig. Wie wir Anfang des Sommers berichteten, befinden sich unter ihnen auch eine kleinere Anzahl von sogenannten Querdenkerinnen und Querdenkern. In gewisser Weise sind sie seelenverwandt mit dem bereits erwähnten Rasmus Paludan, denn auch sie mögen es nicht so sehr, wenn du etwas Anderes bist als der ganze lahme Rest.

Und damit haben sie das mit dem „quer“ schon ein wenig dementiert. Eigentlich bin ich der Ansicht, dass wir noch deutlich mehr querdenkendende Menschen brauchen. Neue Ideen benötigen wir, wie kaum jemals zuvor. Doch jene, die sich als Querdenker bezeichnen, haben irgendwie übersehen, dass sich das Substantiv „Denker“ vom Verb „denken“ ableitet.

Das Heilen von Wundern

Eher ist es so, dass sie, wie Wellenreiter, pausenlos dem neuesten Trend in ihrer Internetblase hinterherlaufen. Gestern Corona-Experte, heute Russlandkenner. In ihren Foren wird ihnen die Meinung gratis mitgeliefert; Denken war noch nie so leicht. Und so gehen sie Rüssel an Schwanz auf ihren Trampelpfaden durch die sozialen Medien.

Doch wir anderen müssen uns auch fragen, ob wir nicht allzu gleichgeschaltet marschieren. Wir hatten gehofft, das Internet würde das Wunder vollbringen, die öffentlichen Debatten zu demokratisieren und zum selbstständigen Denken anregen. Ein wenig ist das auch passiert, aber die Zeit heilt alle Wunder und schon nach wenigen Jahren sind nur noch Narben, da wo Wunder waren (Judith Holofernes).

Mehr lesen