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Løkke: Enge Beziehung zu Deutschland ist unumgänglich und natürlich

Løkke: Enge Beziehung zu Deutschland ist unumgänglich und natürlich

Løkke: Enge Beziehung zu Deutschland ist unumgänglich

Kopenhagen
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Lars Løkke Rasmussen traf sich am 22. Dezember in Berlin mit Annalena Baerbock. Foto: Annette Riedl/DPA/Ritzau Scanpix

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Unmittelbar nach seiner Ernennung zum Außenminister reiste Lars Løkke Rasmussen nach Berlin. Im exklusiven Interview mit dem „Nordschleswiger“ erklärt er, warum enge Beziehungen zum großen Nachbarn gerade jetzt besonders wichtig sind. Das Grenzland spiele dabei eine zentrale Rolle.

Am 15. Dezember stellte sich Lars Løkke Rasmussen (Moderate) der Königin als neuer Außenminister vor. Er dürfte kaum Zeit gehabt haben, sein am Kopenhagener Hafen gelegenes Büro einzurichten, bevor er sieben Tage nach der Ernennung unmittelbar vor Weihnachten nach Berlin reiste, um seine Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) zu besuchen.

„Für mich beginnt das übrige Europa in Deutschland. Die Bundesrepublik ist unser größter Exportmarkt und eine gute Freundin. Daher ist eine enge Beziehung zu Deutschland ebenso unumgänglich wie sie natürlich ist“, sagt Løkke Rasmussen im Interview mit dem „Nordschleswiger“.

EU, Sicherheit und Klima

Im März 2021 unterzeichneten die damaligen Außenminister Jeppe Kofod (Soz.) und Heiko Maas (SPD) eine deutsch-dänische Freundschaftserklärung. Im August vergangenen Jahres konkretisierten Kofod und Baerbock bei einem Treffen in Kopenhagen mit einem Handlungsplan die gemeinsamen Ziele.

„Wir müssen zügig auf den bisherigen Schritten aufbauen. Bereits in meiner Zeit als Staatsminister haben wir unsere Deutschlandpolitik gestärkt. Ich sehe vor allem drei Bereiche, die strategisch wichtig sind. Das ist eine Stärkung der EU, das ist die Sicherheitspolitik, und das ist die Klimapolitik“, so der dänische Außenminister.

„Enge Partner“

Bereits nachdem eine Mehrheit der britischen Bevölkerung 2016 für den EU-Austritt gestimmt hatte, hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Løkke Rasmussen sowie weitere Regierungschefs benachbarter Länder zu einem Austausch über die Zukunft der EU eingeladen.

„Es galt, pragmatische Lösungen für eine gestärkte EU zu finden. Deutschland und Dänemark sind in dieser Frage enge Partner, und daher ist es nur logisch, dass wir uns gemeinsam für eine noch bessere EU-Zusammenarbeit einsetzen“, meint Løkke Rasmussen.

Zeitenwende

Eine engere Zusammenarbeit in sicherheitspolitischen Fragen sei nach dem russischen Überfall auf die Ukraine zwingend notwendig geworden. Løkke Rasmussen sieht die Zeitenwenderede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Februar des vergangenen Jahres als einen wichtigen Anknüpfungspunkt für diese engere Zusammenarbeit.

Der Ukraine-Krieg habe auch eine noch engere Zusammenarbeit bei der Lösung der Klimaprobleme noch dringlicher gemacht.

„Wir müssen gemeinsam schneller vom Erdgas loskommen und es durch erneuerbare Energien ersetzen. Hier kann Dänemark Kompetenzen einbringen. Bezüglich der Klimadiplomatie hat mein Vorgänger Jeppe Kofod bereits mit Deutschland vereinbart, dass wir uns gegenseitig helfen“, erläutert der erfahrene Politiker.

„Intuitives Verständnis“

Der schnelle Besuch Løkkes in Berlin zeigt, dass man auch von deutscher Seite der engen Zusammenarbeit mit dem kleinen Nachbarn im Norden Bedeutung beimisst. Hilfreich sei laut Løkke auch, dass in der deutschen Politik derzeit viel Wissen über Dänemark und den Norden vertreten ist.

Ich denke auch, dass wir bei der Kooperation ein noch unausgeschöpftes Potenzial haben.

Lars Løkke Rasmussen

Vizekanzler, Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kommt aus Flensburg und spricht Dänisch. Bundeskanzler Olaf Scholz ist als Hamburger Dänemark ebenfalls vertraut. Europaministerin Anna Lührmann (Grüne) war Juraprofessorin an der Universität im schwedischen Göteborg. Und in der Landesregierung in Kiel leitet mit Claus Ruhe Madsen (Parteilos) ein Däne das Wirtschaftsressort.

„Das öffnet neue Möglichkeiten. Denn eines ist, dass man mit dem kühlen Verstand die Notwendigkeit der Zusammenarbeit erkennt. Was anderes, dass zentrale Akteurinnen und Akteure in Deutschland durch ihr Wissen ein intuitives Verständnis von Dänemark haben und man sich auch auf dieser Ebene versteht.“

Zentrale Bedeutung des Grenzlandes

Løkke meint, dass auch auf dänischer Seite das Wissen über die deutsche Gesellschaft und Kultur erweitert werden sollte. „Von den Moderaten setzen wir uns dafür ein, dass die Deutschkenntnisse gestärkt werden. Dem Grenzland kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu, da viele hier die jeweils andere Sprache und damit auch das andere Land kennen.“

Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Ruhe Madsen sieht das ähnlich. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ sprach er im Juli von einem „Momentum für Dänemark-Deutschland“, meinte jedoch auch, die wirtschaftliche Zusammenarbeit sei noch ausbaufähig.

„Ich denke auch, dass wir bei der Kooperation ein noch unausgeschöpftes Potenzial haben, obwohl 12 Prozent Export nach Deutschland ein imposanter Wert ist“, sagt Lars Løkke Rasmussen zu den Äußerungen Ruhe Madsens.

Viel Zeit für das Büroeinrichten und ähnliche Tätigkeiten dürfte der Außenminister weiterhin nicht haben. Doch zehn Minuten für das Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ ließen sich in seinem Kalender finden. 

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