Wiedereröffnung

Angst vor dem Ende des Shutdowns

Angst vor dem Ende des Shutdowns

Angst vor dem Ende des Shutdowns

Kopenhagen/Nordschleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Menschen, die an Angst leiden, können durch den Shutdown einen Rückschlag erlebt haben. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Für eine kleinere Gruppe von Menschen ist die Wiedereröffnung der Gesellschaft nicht ganz einfach. Vor allem Menschen, die an Angst leiden, fällt es zum Teil schwer, sich wieder in das soziale Leben zu begeben. 

Die meisten Menschen freuen sich über die schrittweise Wiedereröffnung. Sie hoffen, dass jetzt allmählich mehr Normalität einkehrt, das soziale Leben schrittweise wieder möglichst wie früher wird.

Doch nicht allen geht es so. Zählt man zum Beispiel zu einer Risikogruppe, kann die Wiedereröffnung auch Sorgen bereiten. Davon weiß der Patientenverband Hjerteforeningen zu berichten.

„Vor allem bei der ersten Wiedereröffnung erhielten wir viele Anrufe von Herzpatienten, die unsicher waren, wie sie sich nun verhalten können. Wir konnten das fast im Takt mit der Wiedereröffnung verfolgen. Als die Kinderinstitutionen aufmachten, riefen Pädagoginnen und Pädagogen an. Als die Schulen öffneten, waren es die Lehrerinnen und Lehrer“, berichtet Pernille Hauge, Leiterin der Beratungsstelle „Hjertelinjen“.

Eigene Grenzen

Häufig waren es auch die Angehörigen, die sich mehr sorgten als der Patient selbst. Vergangenes Frühjahr ging man auch noch davon aus, dass Herzpatienten ein deutlich erhöhtes Risiko für eine ernste Erkrankung bei einer Covid-Infektion hätten. Mittlerweile ist bekannt, dass vor allem das Alter eine zentrale Rolle spielt.

Doch letztlich müsse jeder seine eigenen Grenzen definieren, betont Hauge.

„Je nach Diagnose kann man sich ja zum Beispiel mit ein oder zwei nahen Freunden im Freien treffen. Wir empfehlen, dass man einen Plan darüber macht, was einem am wichtigsten ist und dann diese Dinge zuerst tut“, sagt sie.

Dabei sei auch entscheidend, dass die Umgebung Verständnis zeige.

„Wir haben zum Beispiel vor Weihnachten erlebt, dass es Unsicherheit bei einigen Familien darüber gab, wie groß das Fest gefeiert werden konnte. Es sollte nicht die alleinige Verantwortung der Person einer Risikogruppe sein, auf den richtigen Abstand und die Größe der Versammlung hinzuweisen“, so Hauge.

Beobachtung in den Kirchen

Bei der Nordschleswigschen Gemeinde spürt man eher indirekt, dass einige Menschen vorsichtiger sind oder es aufgrund eines erhöhten Risikos sein müssen.

„Einerseits erleben wir, dass Menschen in die Kirchen kommen, die wir sonst selten gesehen haben, aber andererseits sind einige wenige unserer treuen Kirchengänger den Gottesdiensten ferngeblieben“, sagt Matthias Alpen, Senior der Nordschleswigschen Gemeinde.

Er hat nach der Anfrage des „Nordschleswigers“ eine schnelle Umfrage unter den Kollegen gemacht.

„Ich deute dies so, dass einige vorsichtiger sind. Die meisten sehnen sich jedoch nach der Wiedereröffnung und der sozialen Gemeinschaft“, meint Alpen.

Angst vor dem sozialen Leben

Dies gilt jedoch nicht für alle. Menschen, die zum Beispiel an sozialer Angst leiden, fällt der Schritt hinaus in die Gesellschaft in vielen Fällen schwer. Für diese Menschen fühlte sich der Shutdown zunächst gut an, doch nun kommt der Rückschlag, berichtet der Patientenverband Angstforeningen.

„Für viele Menschen mit Angstdiagnosen war es zunächst ein angenehmes und sicheres Gefühl, sich sozusagen in den eigenen vier Wänden verstecken zu können“, berichtet Maria Särs Andersen, Vorsitzende von Angstforeningen.

Umso schwieriger ist es nun, wo dies nicht mehr so einfach geht.

„Viele müssen wieder fast von vorne damit anfangen, sich wieder an das gesellschaftliche Leben zu gewöhnen. Wer an sozialer Angst leidet, geht ungern einkaufen. Wer an Agoraphobie leidet, möchte nicht allein außer Hauses gehen und meidet möglicherweise den Bus. Wer an Panikangst leidet, liebt es nicht, wenn Menschen zu nahe herantreten“, beschreibt Särs Andersen.

Kleine Schritte

Viel Geduld und eine schrittweise Wiedergewöhnung seien die wirksamsten Mittel.

„Als Angehörige oder Freunde sollten man Menschen mit Angst auf diesem Weg unterstützen. Es wäre falsch, ihnen zum Beispiel die Einkäufe abzunehmen. Stattdessen sollte man anbieten, sie zunächst zu begleiten. Auf diese Weise können sie Schritt für Schritt wieder am sozialen Leben teilhaben.“

Angstforeningen betreibt die Beratungsstelle „Angsttelefonen“, die über 70 27 13 20 zu erreichen ist. Für Kinder, Jugendliche und Eltern gibt es eine besondere Beratung unter 82 30 60 70.

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