Vor 20 Jahren

„Adam“, der Dezemberorkan

„Adam", der Dezemberorkan

„Adam", der Dezemberorkan

Nordschleswig/Dänemark
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Ein Auto unter Trümmern in Marstrup bei Hadersleben Foto: Karin Riggelsen

Vor genau 20 Jahren, am Nachmittag bis in den Abend hinein, zog ein Orkan mit bis dahin nicht gemessener Windstärke über Dänemark und Nordschleswig. Ein Rückblick.

Als das Jahrtausend sich seinem Ende näherte, brach der Orkan „Adam“ (in Deutschland „Anatol“) über Dänemark herein. Das war Freitag, 3. Dezember 1999, am frühen Nachmittag – damals dem Dänischen Meteorologischen Institut (DMI) zufolge der stärkste jemals gemessene Orkan.

„Adam“ hatte sich tags zuvor westlich von Irland aufgebaut, zog dann von Schottland aus über die Nordsee, legte auf seinem Weg gen Osten an Kraft deutlich zu und fegte dann mit dem Zentrum im Bereich des Limfjords über Dänemark hinweg nach Südschweden.

Aufräumarbeiten in Apenrade nach dem großen Sturm Foto: Karin Riggelsen

Sieben Todesopfer, 13 Millarden Schaden

Landesweit kamen sieben Menschen zu Tode, mehr als 800 wurden verletzt. „Adam“, in Dänemark auch unter Dezemberorkan (decemberorkanen) bekannt, verursachte 13 Milliarden Kronen Schaden. Vier Millionen Kubikmeter Wald knickte der Jahrhundertorkan um, vor allem in Nordschleswig, niederstürzende Elektroleitungen verursachten 200 Brände, 20.000 Personen mussten in Dänemark bis zu einer Woche lang ohne Strom auskommen.

In Svenstrup auf Alsen brannte ein Stall ab, als sich Dachplatten lösten und ein Stromkabel trafen. 70 Schweine des Landwirts Jørgen Esbensen kamen ums Leben, Schornsteine fielen von den Dächern und verletzten Menschen. In der Kommune Tondern riet die Polizei den Menschen in den sturmflutgefährdeten Gebieten bei Ballum und Rejsby, ihre Häuser zu verlassen. Laut der Zeitung „JydskeVestkysten“ blieben aber einige zu Hause. In Esbjerg sprach die Polizei angesichts der Zerstörung von einem „kriegsähnlichen Zustand“.

 

Ein schwer beschädigtes Haus in Hadersleben Foto: Karin Riggelsen

Nach dem Rekord brach der Windmesser

Das alles ging einher mit bis dahin niemals registrierter Windstärke (durchschnittliche Windstärke und Böen) von 38,1 m/s respektive 51,4 m/s oder 185 Kilometer pro Stunde. Das war auf der Insel Röm/Rømø, dann zerbrach, wie die Zeitung „JydskeVestkysten“ berichtet, der Windmesser. Dieser Rekord wurde dann aber recht schnell vom Orkan „Allan“ im Jahr 2013 eingeholt.

Glücklicherweise war gerade Niedrigwasser, als „Adam“ auf die Westküste Jütlands traf, das Wasser stieg dennoch auf 4 bis 4,5 Meter über Normalnull. Hätte der Orkan die Westküste sechs Stunden früher oder später erreicht – also mit dem Hochwasser – dann wären es nach Schätzung des Dänischen Meteorologischen Instituts 1,0 bis 1,5 Meter mehr gewesen – DMI zufolge das Kaliber der Groten Mandränke vom 11. Oktober 1634. Gegen Mitternacht ließ der Orkan nach.

Viele Bäume wurden Opfer des Orkans – auch in Apenrade. Foto: Karin Riggelsen

„Das Schlimmste sind die vielen Neugierigen“.

Es dauerte etwas, bis das Ausmaß der Orkanschäden deutlich wurde. Während die Wälder um Tondern und den Gravensteiner Staatsforst mit Ausnahme der Kjelstruper Plantage relativ glimpflich davonkamen, hatte der Dezemberorkan für den Haderslebener und Linnetschauer Staatsforst verheerende Folgen. In der Kommune Tondern hielt ein alter Hof dem Dezemberorkan nicht stand. In Kraulund verlor die Familie Hansen buchstäblich das Dach über dem Kopf. Auch in Vor-Smartphone-Zeiten machten Katastrophentouristen den Einheimischen nach dem Sturm das Leben schwer. „Der Nordschleswiger“ titelte damals:  „Das Schlimmste sind die vielen Neugierigen“.

 

Quellen: Deutscher Wetterdienst, Dansk Meteorologisk Institut, „JydskeVestkysten" und „Der Nordschleswiger"

Der Nordschleswiger hatte auf Facebook Leserinnen und Leser gebeten, ihre Erinnerungen zu schildern. Brigitte Handler schrieb: „An dem Abend haben wir im Haderslebener Dom mit der Nordschleswigschen Musikvereinigung das Weihnachtsoratorium gesungen. Diese Nacht werde ich nicht vergessen!"

 

 

Unsere Fotografin Karin Riggelsen erinnert sich, dass sie auf dem Weg war, die Musikvereinigung zu fotografieren. „Die Rücktour war schrecklich", schreibt sie.

Britta Schneiders schreibt beim Blick zurück: „Unser Dach im Wintergarten ist weggeflogen und wir hatten keinen Strom. Außerdem brannte ein Haus im Dorf und Feuerbälle flogen vorbei."

Ilka Jankiewicz: „4 Tage hatten wir keinen Strom auf Nørre Hede. Schade das um ca. 19.30 Uhr unser phantastischer Wald kippte ... aber jeder hat jedem geholfen. Det glemmer vi aldrig.

Marieke Heimburger berichtet von einer „archaischen Erfahrung": Mir war übel, weil ich wieder schwanger war. Uns flog ein Teil des Dachs weg ... Wir hatten ein paar Tage keinen Strom, kochten aber zum Glück auf Gas. War eine sehr archaische Erfahrung, wie der Wind am Haus rüttelte und tobte.

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