Grenzkontrollen

Nummernschildscanner: Mehr als nur ein kurzer Scan

Nummernschildscanner: Mehr als nur ein kurzer Scan

Nummernschildscanner: Mehr als nur ein kurzer Scan

Helge Möller/Walter Turnowsky
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Nummernschildscanner können mehr, als der Name sagt. Foto: Mads Dalegaard/Ritzau Scanpix

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Was hat Dänemark davon, wenn es an der Grenze deutsche Nummernschilder scannt? Dies fragten sich einige Leserinnen und Leser des „Nordschleswigers“ nach der Lektüre eines entsprechenden Artikels im „Nordschleswiger“. Nun liefert die Reichspolizei ein paar Antworten.

Für die Reichspolizei sind Nummernschildscanner ein probates Mittel, grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen. „Die ANPG-Kameras tragen dazu bei, organisierte und grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen wie auch den Drogenhandel und Kabotagefahrten“, so die Polizei in einer Antwort an den „Nordschleswiger“, der in Sachen Nummernschildscanner nachgefragt hatte.

ANPG steht für „automatisk nummerpladegenkendelse“ (automatische Kennzeichenerfassung). Wie „Der Nordschleswiger“ kürzlich berichtete, ist auch Frank Jensen, ehemaliger operativer Chef des Nachrichtendienstes der Polizei (PET) vom Wert der Scanner überzeugt.

Das Thema der Nummernschildscanner kam im Laufe des Wahlkampfes in Dänemark aufs Tableau. Sie wurden seitens der Politik als Mittel genannt (neben nicht weiter definierten anderen „technischen Lösungen“), die die Grenzkontrollen flüssiger machen sollen.

Der Nordschleswiger hatte über den Status quo berichtet, was das Thema Nummernschildscanner und Austausch von Halterdaten angeht. Der Beitrag wurde auf Facebook veröffentlicht und einige Leserinnen und Leser diskutierten darüber, was denn nun Dänemark mit dem deutschen Kennzeichen anfange.

Das hat sich auch „Der Nordschleswiger“ gefragt und vor der Veröffentlichung des Artikels entsprechende Anfragen gestellt. Nach einigem Hin und Her hat die Reichspolizei einige der Fragen beantwortet. Andere blieben unbeantwortet, um die Kriminalitätsbekämpfung nicht zu gefährden, so die Reichspolizei.

Mehr Scanner

Diese bestätigt zunächst den Ausbau der Kennzeichenscanner. Die neuen Scanner sollen 2023 fertig sein. Man arbeite daran, das Regierungsprogramm „Tryghed og sikkerhed i Danmark“ von 2019 umzusetzen und die ANPG-Kapazität auf Landesebene auszuweiten. Näheres wollte die Polizei nicht mitteilen.

Welche Daten werden nun genutzt? Hier wird es interessant, denn das Wort Nummernschildscanner ist im Grunde genommen irreführend und die Polizei nutzte in der Antwort an den „Nordschleswiger“ auch den Begriff „ANPG-Kamera“.

Die Reichspolizei verweist auf das entsprechende Gesetz, die ANPG-Bekanntmachung, das aussagt, dass die Polizei ein Foto des Kraftwagens, das Nummernschild, den Aufnahmezeitpunkt und den Ort des Wagens zurzeit der Aufnahme festhält.

Das Scannen eines dänischen Kennzeichens identifiziert die Halterin oder den Halter des Fahrzeugs, diese Informationen stehen den dänischen Behörden beim Scannen eines deutschen Kennzeichens also nicht zur Verfügung. Sie müssen bei einer Straftat angefordert werden. Wie aus einem Fachartikel in der Zeitschrift „Nordisk Tidsskrift for Kriminalvidenskab“ hervorgeht, kann die Polizei mithilfe der Fotos in gewissen Fällen auch Rückschlüsse auf die Person bzw. die Personen ziehen, die sich im Auto befinden.

Alle werden erfasst

Dabei bleibt festzuhalten: Alle Fahrzeuge werden registriert, egal ob es ein „hit“ oder ein „no-hit“ ist. Das heißt erst einmal werden die Daten gesammelt, egal, ob die Polizei einen Fahndungstreffer landet oder ob die Fahrerin oder der Fahrer unschuldig ist.

Ein „hit“ oder „no-hit“ entscheidet über die Aufbewahrungsfristen der gesammelten Daten und das weitere Vorgehen, auch ob sich die Polizei an eine ausländische Behörde wendet, geregelt ist dies auch in der ANPG-Bekanntmachung. Die Reichspolizei stellt gegenüber dem „Nordschleswiger“ fest, dass sie keine ANPG-Daten aus dem Ausland erhält, es sei denn, sie fragt die Daten ab aufgrund einer Ermittlung.

Die Daten unschuldiger Autofahrerinnen und -fahrer werden nach zwei Monaten gelöscht, diese Frist wurde vor einiger Zeit von einem auf die genannten zwei Monate heraufgesetzt.

Auf die Frage, ob die Fahrzeugüberwachung effektiver würde, wenn es mehr Daten aus Deutschland gebe, antwortet die Reichspolizei diplomatisch: Generell helfe eine gute Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden, die Aufgabe optimal zu erfüllen, darunter die Bekämpfung von organisierter und grenzüberschreitender Kriminalität, so die Polizei.

Kabotage

Kabotage ist gewerblicher Güterkraftverkehr mit Be- und Entladeort in einem Staat, dem sogenannten Aufnahmemitgliedstaat, durch einen Unternehmer, der in diesem Staat weder Sitz noch Niederlassung hat.

Seit dem 14. Mai 2010 gelten gemeinschaftsweit einheitliche Kabotagebestimmungen (Art. 8 ff. Verordnung (EG) Nr. 1072/2009). Dabei lässt Art. 8 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 Kabotagebeförderungen durch einen Transportunternehmer mit Sitz in einem EU-/EWR-Staat im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung erst nach vollständiger Entladung des Fahrzeuges zu. Dabei muss für die Kabotagebeförderungen dasselbe Kraftfahrzeug verwendet werden, mit welchem auch die grenzüberschreitende Beförderung durchgeführt wurde.

Zudem kann innerhalb von drei Tagen nach der Einfahrt mit einem unbeladenen Fahrzeug in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eine Kabotagebeförderung durchgeführt werden. Dies setzt voraus, dass zuvor eine grenzüberschreitende Beförderung in einen anderen Mitgliedstaat stattgefunden hat, die Gesamtzahl von drei Kabotagebeförderungen noch nicht ausgeschöpft wurde und dass insgesamt die 7-Tage-Frist eingehalten wird.       

Quelle: Bundesamt für Güterverkehr (BAG)

Mehr lesen

VOICES – MINDERHEITEN WELTWEIT

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
„Sudan am Rande einer Hungersnot“