Rückblick und Rückzug

LHN: 20 Jahre mit Popp an der Spitze

LHN: 20 Jahre mit Popp an der Spitze

LHN: 20 Jahre mit Popp an der Spitze

Nordschleswig/Tingleff
Zuletzt aktualisiert um:
Jørgen Popp Petersen hört Montag als Vorsitzender beim Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig auf. Foto: Helge Möller

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Jørgen Popp Petersen war 20 Jahre lang an der Spitze des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Nordschleswig. Montag gibt er seinen Vorsitz ab. In einem Interview blickt er auf die Zeit im LHN zurück – und auf das, was kommt.

Eine Ära geht beim Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig zu Ende, wenn der Vorsitzende, Jørgen Popp Petersen, am Montag sein Amt abgibt. 20 Jahre lang war Popp an der Spitze der Minderheiten-Organisation, doch nun soll Schluss sein.

Die Zeit werde ihm knapp, als Bauern-Vorsitzender, Stadtratsmitglied in der Kommune Tondern (Tønder) und als Landwirt seiner Schweineproduktion auf dem Hof in Seewang (Søvang), sagte Popp vor einigen Wochen dem „Nordschleswiger“.

„Ich habe nach der Bekanntgabe viele positive Reaktionen erhalten, aber ich glaube, dass es erst nach der Generalversammlung so richtig einsickern wird, dass die Zeit beim LHN zu Ende geht“, sagt der 57-Jährige.

Die Entscheidung sei ihm allerdings nicht schwergefallen. Es war nach 20 Jahren an der Spitze und vielen Jahren in der Ausschussarbeit beim LHN einfach Zeit. 

Jørgen Popp Petersen

Jørgen Popp Petersen ist 57 Jahre alt und lebt mit seiner Frau Elsbeth auf einem Hof in Seewang (Søvang). Das Ehepaar hat vier erwachsene Töchter.

Jørgen Popp Petersen ist seit 20 Jahren Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Nordschleswig und außerdem für die Schleswigsche Partei in den Stadtrat der Kommune Tondern gewählt.

Jørgen Popp Petersen beim Deutschen Tag mit Pastorin Christa Hansen und dem früheren Landwirtschaftsminister Hans Chr. Schmidt Foto: Karin Riggelsen

Popp: „Neue Situation gewöhnungsbedürftig"

„Ich denke, es war derselbe Entscheidungsprozess wie bei Leuten, die in Rente gehen. Die Leere kommt erst im Nachhinein – das wird sicherlich gewöhnungsbedürftig sein“, glaubt Jørgen Popp Petersen.

„Mit dem Vorsitz folgt die Verpflichtung, sich stets aktuell in die Lage der Landwirtschaft hineinzuversetzen, um gegebenenfalls darauf reagieren zu können. So stand ich oft mittendrin im Geschehen und habe vieles mitprägen können. Das war die vielen Jahre ein Privileg.“

Lang genug sei er ja geblieben, doch als Ehrenamtler bestimmt man nicht immer selbst, ob man weitermachen kann oder nicht. Da gehört es eben auch zur Kunst, zum richtigen Zeitpunkt aufzuhören, bevor andere am Stuhl rütteln, so Popp.

Das war in den vergangenen 20 Jahren allerdings nicht der Fall. Jørgen Popps Vorsitz wurde in den zwei Jahrzehnten nicht infrage gestellt.

Der LHN-Vorsitzende Jørgen Popp Petersen 2002 Foto: Karin Riggelsen

Popp: „Der LHN ist gut aufgestellt"

„Es hat auch schwierige Zeiten gegeben, und nicht immer waren alle mit uns zufrieden. Doch im Großen und Ganzen haben wir unsere Sache recht gut gemacht“, so Popp.

Durch den Strukturwandel hat der LHN heute zwar weniger Mitglieder, aber nichtsdestotrotz kann der Verein heute neue Mitglieder und Kunden dazugewinnen.

Als Ehrenamtler sei es für ihn wichtig, die Wünsche und Bedürfnisse der Mitglieder anzuhören und für die Sache zu kämpfen – auch wenn es ungemütlich wird. „Manchmal muss man aber auch den Mut haben, gegen die Meinung einiger Mitglieder zu sein. Man kann nicht immer allen gerecht werden.“

Der LHN sei generell gut aufgestellt für die Zukunft, doch die vergangenen Jahre seien nicht leicht gewesen.

„Es reicht nicht, dass wir der LHN sind, der deutsche Landwirtschaftsverein. Wir müssen qualitativ überzeugen, denn unsere Mitglieder brauchen und erwarten von uns dieselbe professionelle und spezialisierte Beratung, wie ihre dänischen Kollegen sie bekommen.“

Der LHN-Vorsitzende Jørgen Popp Petersen und Ex-Landwirtschaftsminister H. C. Schmidt Foto: Karin Riggelsen

LHN und die deutsche Minderheit

Außerdem ist der LHN heute nicht nur für Landwirte aus der deutschen Minderheit da, sondern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gegenüber der Mehrheitsbevölkerung geöffnet.

„Wenn wir nur für die Minderheit da gewesen wären, würde uns heute die Existenzgrundlage fehlen“, sagt Popp Petersen zu dem Schritt.

Die Frage ist über die Jahre hinweg mehrmals diskutiert worden: Wie deutsch soll der LHN sein? Muss er überhaupt Deutsch sein, oder wäre eine Zusammenlegung mit anderen Beratungsstellen besser?

„Wir sind in der Landwirtschaft die Hummelbiene, die eigentlich nicht fliegen kann, es aber trotzdem tut. Wir haben vor 25 Jahren an Gesprächen teilgenommen, in denen es um die Zusammenlegung der nordschleswigschen Landwirtschaftsverbände ging – aber mit der Voraussetzung, dass wir kein Teil der Fusion sein wollten. Für den LHN hat die Verbindung zur Minderheit und zur Kultur der Minderheit immer noch eine große Bedeutung. Die Kultur ist in allen Belangen unserer Arbeit wichtig. So lange das der Fall ist, ergibt es auch Sinn, dass wir selbstständig sind“, meint der Vorsitzende, der deshalb auch die Verbindung zum deutschen Bauernverband pflegt. „Wir haben vieles gemeinsam.“

Um weiterhin eine gute Beratung geben zu können und die Selbstständigkeit zu wahren, ist der LHN laufend neue Kooperationen mit Experten im ganzen Land eingegangen.

Jørgen Popp Petersen ist auch Vorsitzender der Tierschau in Nordschleswig. Er hofft, dass sie in diesem Jahr stattfindet. Foto: LHN

Der Medienmensch Popp

 

Jørgen Popp Petersen hat sich zwei Jahrzehnte lang mit seiner Meinung auch in Medien für die Landwirtschaft starkgemacht. Dafür hat er sowohl auf dänischer als auch auf deutscher Seite viel Respekt verdient.

Dabei hat er, zum Beispiel beim Randzonen-Gesetz, auch mal alles auf eine Karte gesetzt, als er bewusst das Gesetz brach – was schließlich dazu führte, dass die Politiker das Gesetz wieder zurücknahmen.

„Aber das gab dann auch Ärger aus der Hauptzentrale der Landwirtschaft, die gar nicht damit zufrieden waren, dass ich das Gesetz gebrochen hatte“, lacht Jørgen Popp Petersen. „Aber es war in der Situation einfach notwendig, denn es war eine wichtige Sache, dass man den Landwirten nicht einfach Boden wegnehmen konnte.“

Königsmacher Popp

Es war nicht das einzige Mal, dass Kopenhagen versuchte, den deutschen Landwirt mundtot zu machen – zuletzt in Verbindung mit dem Wildschweinzaun an der deutsch-dänischen Grenze.

Doch Popp blieb sich und seiner Sache stets treu – und mischte weiter in der dänischen Landwirtschaftspolitik mit. Unter anderem auch als Königsmacher von Martin Merrild, der jahrelang ein anerkannter Vorsitzender des Landwirtschaftsverbandes Landbrug & Fødevarer wurde, oder auch wenn ein Landwirtschaftsminister sich einen Rat holen wollte.

„Für mich ist es auch wichtig, dass wir als Landwirte nicht immer als Neinsager im Fokus stehen“, erklärt der Vorsitzende. So kamen unter anderem interne Kampagnen für die eigene Sicherheit in der Landwirtschaft zustande.

Strukturentwicklung hat Konsequenzen

Rückschläge hat es über die Jahre natürlich auch gegeben.

„Am meisten hat es mich geärgert, wenn uns Mitglieder verlassen haben, auch wenn es in einer Organisation wie unserer unmöglich ist, alle zu halten. Aber wir tun unser Möglichstes.“

Auch die Strukturentwicklung sei in der Landwirtschaft harte Kost gewesen. Viele Kollegen haben über die Jahre ihren Hof aufgeben müssen. Das tut weh.

„Die Landwirtschaft ist unter Druck – politisch und kulturell. Persönlich geht es mir so, dass ich versuche, davon im Alltag nicht zu sehr beeinflusst zu werden“, sagt Popp Petersen.

Jørgen Popp Petersen ist gemeinsam mit Louise Thomsen Spitzenkandidat bei der Kommunalwahl in der Kommune Tondern (Tønder). Foto: Privat

Die Zeit nach dem LHN

Und was macht der bald Ex-Vorsitzende mit seiner neu gewonnenen Zeit? Der eigene Betrieb und die Politik werden mehr Aufmerksamkeit bekommen – passend in einem Wahljahr, in dem der Wahlkampf zur Kommunalwahl schon begonnen hat.

„Ich sage jetzt nicht, dass ich Bürgermeister in Tondern werden will, denn so etwas kann man nicht planen. Das bestimmen andere letztendlich. Aber ich stelle mich für den Posten gerne zur Verfügung, und ich werde alles dafür tun, dass die Schleswigsche Partei nach der Wahl einen günstigen Ausgangspunkt hat“, sagt Jørgen Popp Petersen.

Ein eigentliches Hobby hat er nicht. Früher hat er Musik gemacht und war sportlich aktiv, heute läuft er manchmal eine Runde.

„Ich habe viele Bücher, die ich noch lesen möchte – aber daraus wird wohl nichts“, lacht Popp Petersen, der sich auch nicht vor dem Fernseher Netflix-Serien anschauen wird.

Aktiv im Zeppelinprojekt

„Ich bin als Vorsitzender der Projektgruppe am Zeppelinprojekt in Tondern beteiligt. Wenn es möglich ist, würde ich mich hier gerne mehr engagieren. Ansonsten wird sich sicherlich auch etwas anderes ergeben“, glaubt Jørgen Popp Petersen, der mit der Politik bis zur Wahl im November auch schon genug am Hals hat.

Sein Abschied beim LHN wird etwas anders als erwartet. Es wird kein voller Saal von dem langjährigen Vorsitzenden Abschied nehmen, sondern nur eine Handvoll seiner Vorstandsmitglieder. Der Rest sitzt – wie so oft in dieser Zeit – zu Hause vor dem Computerschirm und wird von dort aus den alten Vorsitzenden mit Beifall aus dem LHN verabschieden.

 


 

 

 

 

 

 

Die Vorsitzenden vor Jørgen Popp Petersen

Hinrich Jürgensen 1993-2001

Fedder Peter Hindrichsen 1981-1993

Hans Heinrich Johannsen 1962-1981

Mehr lesen