Leitartikel

„Knappe Entscheidung für den Lebensnerv auf dem Land“

Knappe Entscheidung für den Lebensnerv auf dem Land

Knappe Entscheidung für den Lebensnerv auf dem Land

Hadersleben/Haderslev
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Wann sind auf dem Land die Grenzen der Marktwirtschaft erreicht? Belebt Konkurrenz das Geschäft? Diesen Fragen widmet sich Lokalredakteurin Ute Levisen nach einer knappen Entscheidung in Hadersleben. Dabei geht es um ein Vorhaben, das nicht nur heftige Debatten entfacht hat, sondern auch Fragen über die Zukunft des Lebensnervs unserer ländlichen Gemeinschaften aufwirft.

Wie viele Läden braucht das Land? – In dieser Frage blieb es spannend bis zum Schluss. Das Haderslebener Kommunalparlament machte sich die Entscheidung darüber nicht leicht, ob in Starup vor den Toren der Domstadt, gleich gegenüber dem Dorfladen, ein Discounter entstehen soll.

Mit Ausnahme von Dänemarks liberaler Partei Venstre. Sie blieb standhaft bis zum Ende und argumentierte damit, dass Konkurrenz das Geschäft belebe – so wie in Woyens. Die alte Bahnhofsstadt hat eine Einwohnerschaft von circa 7.500 – Starup gerade einmal 2.500.

Doch die bürgerliche Koalition in der Großkommune Hadersleben bröckelte in dieser prinzipiellen Frage. Den Anfang machte Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei (SP). Der Vorsitzende des Ausschusses für Technik & Klima votierte von Anfang an dagegen, aus einem Wohnviertel ein Gewerbegebiet zu machen und dem Dorfladen einen Discounter vor die Tür zu stellen. 

Ihm folgten Børge Koch von Det Radikale Venstre und Kjeld Thrane sowie zwei weitere Mitglieder der Konservativen Volkspartei, deren Fraktion in dieser Frage gespalten ist. Thrane hatte zwischen zwei Sitzungen sogar eine Kehrtwende von 180 Grad gemacht: Noch im Finanzausschuss hatte der Konservative für das Vorhaben gestimmt. Letztlich scheiterten die Discounter-Pläne, die im Technischen Ausschuss noch eine Mehrheit hatten, auch dank der Stimmen der Opposition im Kommunalparlament mit 17 zu 14. 

„Es ist nie zu spät, klüger zu werden“, wie es Børge Koch treffend formulierte. Während die Liberalen auch damit argumentierten, dass auf dem Land Platz genug sei für einen Discounter, sprechen Zahlen der jüngsten Kaufkraftanalysen eine deutliche Sprache. Einer wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verlieren, so ihr Fazit. Auch über dem Kaufmannsladen im benachbarten Ösby (Øsby) schwebt somit das Damoklesschwert. 

Es ist kein Geheimnis, dass kleine Läden auf dem Land keine Goldgruben sind, sondern harte Arbeit. Sie sind zugleich der Lebensnerv in Dorfgemeinschaften. Das kam auch auf einer Bürgerveranstaltung in Starup zum Ausdruck. Dort sprach sich die Mehrheit der Teilnehmenden gegen den Discounter aus. 

Dahinter verbirgt sich noch mehr: Für das Projekt hätten der Bebauungsplan und der Flächennutzungsplan geändert werden müssen, sodass aus dem bisherigen Wohnviertel ein Gewerbegebiet geworden wäre. Darauf aber waren die Familien, die dort wohnen, nicht eingestellt, als sie sich im malerischen Starup an der Förde niedergelassen haben. 

Es geht somit um weit mehr als die freie Marktwirtschaft und belebende Konkurrenz. Es geht nicht zuletzt um die politische Glaubwürdigkeit: Diesmal hat sie die Oberhand behalten, doch es war verdammt knapp!

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