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Taxifahrt von Flensburg über die Grenze: Das Risiko fährt immer noch mit

Taxifahrt über die Grenze: Das Risiko fährt mit

Taxifahrt über die Grenze: Das Risiko fährt mit

Flensburg/Flensborg
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Beim Transport ausländischer Gäste über die Grenze nach Dänemark ist für Taxifahrer nach wie vor Vorsicht geboten, um nicht in Schleuserverdacht zu geraten (Archivfoto). Foto: Karsten Sørensen

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Erst kürzlich geriet ein Taxifahrer aus den Niederlanden nach dem Passieren der dänischen Grenze in Schleuserverdacht, da der Fahrgast keine ausreichenden Einreisepapiere dabeihatte. Diese Erfahrung mussten schon vor 15 Jahren auch Flensburger Taxifahrer machen. Ein Betroffener hat es immer noch nicht verwunden. An der Problematik hat sich nichts geändert.

Es schlug damals hohe Wogen, als der Flensburger Taxifahrer Jörg Ridder vom Unternehmen „Altstadt-Taxi“ 2008 wegen Schleuserverdachts von der dänischen Grenzpolizei, der heutigen Ausländerkontrollabteilung („Udlændingekontrolafdeling“), festgenommen wurde, in Untersuchungshaft kam und schließlich zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Einem Kollegen aus Flensburg und auch einem Taxifahrer aus Hamburg erging es wenig später ähnlich.

Wegen eines Formfehlers wurde das Ridder-Urteil später vom Dänischen Höchstgericht aufgehoben. Die Problematik mit der Beförderung ausländischer Fahrgäste nach Dänemark ist seitdem geblieben und ist nach wie vor eine Grauzone.

„Nordschleswiger"-Artikel vom 7. März 2009 über den Freispruch von Jörg Ridder Foto: DN

Ridder hatte damals drei Afghanen befördert, die zunächst nach Pattburg (Padborg) und dann weiter nach Kopenhagen wollten. Die Fahrgäste hatten keine Papiere.

Mehrere Wochen verbrachte Ridder im dänischen Gefängnis, ehe er wieder auf freien Fuß kam.

Es gab etliche Medienberichte zu dem Fall sowie Kommentare, darunter auch im „Nordschleswiger“.

Der Fall Ridder stieß auf großes Medieninteresse (Archivfoto). Foto: Karsten Sörensen

Vorsicht geboten

Oberstes Gebot für Taxifahrer ist es spätestens seit dem Fall Ridder, sich zu vergewissern, dass Fahrgäste auf dem Weg nach Dänemark Ausweise dabeihaben.

Der jüngste Zwischenfall mit der Beförderung aus den Niederlanden erinnert noch einmal an diese Maßnahme, auch wenn die Sachlage etwas anders war und sich der Schleuserverdacht erheblich mehr aufdrängte

„Es ist in Deutschland eigentlich nicht zulässig, bei einer Taxifahrt nach dem Ausweis zu fragen. Wir tun es aber trotzdem, wenn es nach Dänemark geht“, sagt Klaus Lange vom Taxiunternehmen „Altstadt-Taxi“.

Touren über die Grenze, ob zum Bahnhof nach Pattburg, nach Krusau (Kruså), Sonderburg (Sønderborg) oder in andere Orte, werden nach wie vor gemacht, so Lange, Geschäftsführer beim Taxibetrieb, der von Liesel Ridder geführt wird.

Es werde dann darauf geachtet, dass die Fahrgäste Pässe mitführen. „Wobei die Fahrer natürlich nicht wissen können, ob beispielsweise ein syrischer Ausweis echt ist“, gibt Lange zu bedenken.

Mulmiges Gefühl

Zum Glück sei seit der unschönen Erfahrung des Kollegen Jörg Ridder 2008 alles gut gegangen. Unangenehm bleibe es dennoch, Fahrgäste nach den Pässen zu fragen und die Fahrt über die Grenze zu machen, sagt der Taxiunternehmer.

Jörg Ridder und Mama Liesel lagen sich in den Armen, nachdem der Freispruch vom Höchstgericht per Fax in Flensburg eingetrudelt war (Archivfoto). Foto: Karsten Sörensen

Eine genaue Vorgehensweise in Absprache mit dänischen Behörden, um Schleuserverdacht auszuschließen, gebe es nicht, so Lange.

Sich vorher bei dänischen Behörden melden oder sich bei der Passage direkt an das Personal in den dänischen Kontrollhäuschen zu wenden, um damit auf der sicheren Seite zu sein, ist als Option nicht vereinbart.

Das bestätigt die Ausländerkontrollbehörde auf Anfrage. Auch von dort gibt es den Rat, Mitreisende nach den Pässen zu fragen und bei Verdachtsmomenten die Fahrt über die Grenze gar nicht erst anzutreten.

Notfalls ablehnen

Letzteres komme hin und wieder auch bei „Altstadt-Taxi" vor. „Wenn etwas merkwürdig ist, wird die Tour abgelehnt“, sagt Klaus Lange. Die unsichere Ausgangssituation und die in den Augen deutscher Taxifahrer unklare Rechtslage bleiben jedoch unbefriedigend, so Lange.

Die EU-Kommission hatte damals auf eine Anfrage aus Deutschland mitgeteilt, dass die dänische Rechtsprechung und die Schleuser-Urteile gegen deutsche Taxifahrer mit europäischem Recht vereinbar sind. Die Auslegung, ob bei Fahrten vorsätzlich gehandelt wurde, obliegt den zuständigen Justizbehörden, hieß es damals.

Jörg Ridder hat den damaligen Vorfall immer noch nicht abhaken können, erzählt Klaus Lange. Die Erinnerungen an die Festnahme, an die U-Haft und an den Gerichtsprozess würden immer wieder aufkommen.

„Fahrten nach Dänemark macht er seitdem nicht mehr. Auch nicht privat, und wenn es nur zum Hotdogessen kurz hinter der Grenze wäre, wie es viele von hier machen. Der Stachel sitzt noch immer tief“, so Klaus Lange.

Jörg Ridder bestätigt das gegenüber dem „Nordschleswiger". Er wolle nicht von einem Trauma sprechen und jede oder jeden in Dänemark verteufeln. „Ich fühle mich aber einfach nicht wohl bei dem Gedanken, einen Fahrgast nach Dänemark zu bringen. Wenn ich jemanden gelegentlich zum Hotel des Nordens kurz vor der Grenze bringe, wird mir schon ganz anders", so Ridder zu seiner Entscheidung, keine Taxifahrt über die Grenze mehr zu machen.

Privat könne es allerdings eher passieren, dass er davon abrückt und nun doch nach Dänemark einreist. „Wir haben Bekannte in Schweden, und uns schwebt vor, sie in absehbarer Zeit zu besuchen. Ich werde dann wohl doch nach und durch Dänemark fahren", sagt der Taxiunternehmer. 

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