Geschichte

Vom bankrotten Handelsmann zum Wunderheiler

Vom bankrotten Handelsmann zum Wunderheiler

Vom bankrotten Handelsmann zum Wunderheiler

Apenrade/Aabenraa
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Johann Nielsen Jebsen warb in deutschen wie in dänischen Zeitungen um seine Kundschaft. Foto: Historisk Samfund for Sønderjylland

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Im Heft 8 der historischen Zeitschrift „Sønderjysk Månedsskrift“ zeichnet Kurt Seifert das Leben des aus wohlhabenden Hause in Apenrade stammenden Quacksalbers Johann Nielsen Jebsen (1867-1935) nach. Thema im Heft sind auch Maßnahmen gegen die Pest in Tondern im Jahre 1598.

Die regionale Geschichte Nordschleswigs birgt viele interessante Kapitel aus der älteren wie jüngeren Epochen. Im Heft 6/2022 der historischen Zeitschrift „Sønderjysk Månedsskrift“ zeichnet Kurt Seifert das Leben und Wirken des aus wohlhabenden Verhältnissen stammenden Johann Nielsen Jebsen (1867-1935) nach.

Geburtsort Neue Mühle

Der in der Neuen Mühle (Nymølle) bei Apenrade geborene Nachfahre des berühmten Reeders und Werftbesitzers Jörgen Bruhn machte nach wirtschaftlichem Misserfolg als Händler und Hotelbesitzer in Apenrade „Karriere“ sowie als alternativer Krankenbehandler unter anderem in der Schweiz und in Flensburg, nachdem er sich zunächst an lahmen Pferden mit dubiosen Heilmitteln ausgelassen hatte. Zeitweise wirkte der Nordschleswiger auch in einem „Schlössli“ in der Schweiz, vermutlich auch, weil ihm im Deutschen Reich die Justiz wegen des Vorwurfes der Kurpfuscherei auf den Fersen war.

Kurt Seifert ist ein Kenner der Lokalgeschichte in und um Apenrade. Foto: Archiv Der Nordschleswiger

 

Kurt Seifert liefert mit seinem Beitrag Einblick in das Treiben einer schillernden Persönlichkeit, der offenbar die strenge preußische Justiz nicht das Handwerk legen konnte, obwohl selbst der Flensburger Kreisarzt Fischer-Benzon dem angeblich mit Therapien gegen Schwindsucht, Gschlechtskrankheiten und Epilepsie bewanderten Quacksalber ohne jegliche medizinische Ausbildung bescheinigte, er verspreche mehr als selbst Ärzte ausrichten könnten.

Nach 1920 keine Zulassung in Nordschleswig

Als Medikamente setzte er Heilmittel ein, deren Rezeptur er vom Vater übernommen hatte: unter anderem Salben mit Kräutern, Terpentinöl und Franzbranntwein. Offenbar hatte der auch bei Rheuma laut Annoncen tätige Wunderheiler viele Kunden. Kurt Seifert fand heraus, dass der Quacksalber nach den Volksabstimmungen 1920 und der Abtretung Nordschleswigs an Dänemark versuchte, sein Treiben auch in Dänemark zu vermarkten. Erstaunlicherweise habe Jebsen Empfehlungen der Polizei und des Amtsarztes vorlegen können, die ihm „hervorragende Qualifikationen“ attestierten. Die staatliche dänische Gesundheitsbehörde hat ihm allerdings eine Zulassung verweigert. Vermutlich vor allem mit der Begründung, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen Wohnsitz außerhalb Dänemarks in Flensburg hatte.

 

Das Foto auf der Titelseite der „Sønderjysk Månedsskrift 6/2022“ zeigt eine homöopathische Hausapotheke, die in Deutschland anerkannt ist, in Dänemark aber nicht. Foto: Sønderjysk Månedsskrift

 

Dort setzte er seine Tätigkeit als „Krankenbehandler“ an guter Adresse bis zu seinem Tode fort.

Vorkehrungen gegen die Pest in Tondern

Auch ein medizinisches Thema greift Birgit Christensen auf. In ihrem Beitrag stellt sie Maßnahmen gegen eine Pestepidemie im Jahre 1598 in Tondern (Tønder) vor. Es geht darin um Vorkehrungen des damaligen Amtmanns Dietrich Blome in der damals zum Herzogtum Schleswig-Holstein-Gottorf gehörenden Wiedaustadt nach Ausbruch der Seuche in Dörfern wie Abel (Abild) und der Insel Sylt (Sild). Der Brief des Amtmanns ist bekannt als ein erstes schriftliches Dokument in hochdeutscher Sprache, das im Stadtarchiv erhalten ist. Es gibt Anweisungen des Amtmanns, dass kein Bürger Erkrankte besuchen dürfe, die „unter dem abscheulichen Gift der Pest“ leiden.

 

Herzog Hans der Ältere ist vermutlich auch der Pest zum Opfer gefallen. Er starb 1580 in der Hauptstadt seines Miniherzogtums, Hadersleben (Haderslev). Foto: Museum Sønderjylland

 

Auch wurde befohlen, niemanden aus Orten mit Pestfällen in durch die Stadttore einzulassen. Birgit Christensen kommt unter Hinweis auf Ausführungen des Tonderner Stadthistorikers Ludwig Andresen zum Schluss, dass die Maßnahmen gegen die seinerzeit auch als „spanische Pipsucht“ bezeichnete Seuche 1598 die Stadt beschützten. Es habe aber vorher und in folgenden Jahrzehnten Pestausbrüche in und um Tondern gegeben, denen oft ein Großteil der Einwohnerschaft zum Opfer gefallen sei. Auch Herzog Hans d. Ä. (1521-1580), zu dessen Herzogtum Tondern bis zu dessen Tode gehörte, soll an der Pest gestorben sein.

Die Zeitschrift wird an Mitglieder des Vereins „Historisk Samfund for Sønderjylland“ verschickt. Weitere Informationen zum Bezug unter www.hssdj.dk oder Telefon 74624683. Im Heft sind noch weitere Beiträge zu finden. 

 

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