Bedrohte Meeresumwelt

Sauerstoffschwund in Förden Nordschleswigs nicht vorbei

Sauerstoffschwund in Förden Nordschleswigs nicht vorbei

Sauerstoffschwund in Förden Nordschleswigs nicht vorbei

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
In der Apenrader Förde ist der Sauerstoffgehalt selbst in den kühleren Herbstwochen, in denen sich das Wasser eher mit Sauerstoff anreichert, noch zum Teil bedrohlich niedrig. Foto: Volker Heesch

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Miljøstyrelsen berichtet aber über eine Verbesserung durch stürmisches Wetter. Die Flensburger und Apenrader Förde wiesen noch Anfang November Bereiche mit gefährlich geringem Gehalt des Atemgases auf.

Während der Sommer- und Herbstmonate mit ungewöhnlich hohen Lufttemperaturen und vorausgegangenen Phasen mit hohem Nährstoffeintrag sowie Algenmassenvermehrung ist es in vielen dänischen Küstengewässern wieder zu Sauerstoffschwund gekommen.

Problem-Förden in Nordschleswig

Besonders stark betroffen waren wie in früheren Jahren die Flensburger Förde und die Apenrader Förde. Diese beiden Förden wiesen auch noch bis Anfang November größere Bereiche auf, in denen besonders in tieferen Zonen kaum Sauerstoff vorhanden war. Der für die Untersuchungen zum Sauerstoffgehalt zuständige Biologe am Institut for Ecoscience der Universität Aarhus, Jens Würgler Hansen, sieht mit Sorge auf den andauernden Sauerstoffschwund.

Der Biologe Jens Würgler Hansen ist seit Jahrzehnten mit dem Thema Sauerstoffschwund in dänischen Küstengewässern betraut. Er bedauert, dass die Öffentlichkeit sich offenbar mit der andauernden Misere in Förden, Sunden und Belten abgefunden hat. Foto: DCI Uni Aarhus

 

Maßnahmen zur Verringerung des Nährstoffeintrags in die Gewässer reichten nicht aus. „Es geht in die falsche Richtung“, so der Wissenschaftler und nennt auch Ursachen für die besonders ungünstige Situation hinsichtlich der Sauerstoffversorgung in einigen nordschleswigschen Förden. In vielen anderen Meeresbereichen in Dänemark hat sich die Situation hinsichtlich der Sauerstoffversorgung verbessert, so die staatliche dänische Umweltbehörde Miljøstyrelsen in ihrem neuesten Bericht zum Sauerstoffschwund in den dänischen Gewässern.

Starker Wind hilfreich

Vor allem stärkerer Wind in den Herbstmonaten habe das Wasser stärker durchmischt. Würgler Hansen erklärt  den im Vergleich mit anderen Fjorden und Meeresbuchten in Dänemark besonders anhaltenden Sauerstoffschwund in Flensburger und Apenrader Förde mit mehreren Besonderheiten. „In der Apenrader und der Flensburger Förde behindern Bodenschwellen den Wasseraustausch zwischen den Buchten und der offenen See. Außerdem liegen die Förden relativ windgeschützt. Das verhindert oft eine Durchmischung des sauerstoffarmen Bodenwassers mit dem sauerstoffhaltigeren Wasser an der Oberfläche.“

 

In der Apenrader und der Flensburger Förde behindern Bodenschwellen den Wasseraustausch zwischen den Buchten und der offenen See.

Jens Würgler Hansen, Biologe an der Universität Aarhus

 

Ursache des Sauerstoffschwunds sind meist die Zersetzungsprozesse in den zum Meeresgrund absinkenden Planktonalgenteppichen, die sich bei Überdüngung der Gewässer durch Nährsalze, viel Sonnenschein und hohen Temperaturen besonders im Frühjahr an der Gewässeroberfläche bilden.  Die neuesten Messungen aus der Flensburger Förde im Bereich Süderhaff (Sønderhav), im Nübel Noor (Nybøl Nor) und der äußeren Apenrader Förde wiesen Anfang November Sauerstoffwerte zwischen 0,1 und 1,0 Milligramm Sauerstoff pro Liter Wasser auf. Das sind Werte, die für Fische, aber auch für Muscheln und Würmer tödlich sind.

Zu viele Nährstoffe kommen in die Gewässer

„Es gelangen dort immer noch zu viele Nährstoffe in die Förden, vor allem aus landwirtschaftlich genutzten Flächen“, so der Wissenschaftler. Er betont, dass weitere Maßnahmen wie Wiedervernässung von Niederungen zur Verminderung der Nährstoffauswaschung erforderlich seien, die das Wasser überdüngt und Algenmassenvermehrung auslöst.

 

Die Karten der staatlichen Umweltbehörde zeigen, wie stark die rot markierten Meeresbereiche mit starkem Sauerstoffschwund sich bis Mitte September ausgedehnt hatten. Im Oktober waren vor allem in der Flensburger und Apenrader Förde noch rote und ockergelbe Bereiche markiert, wo Sauerstoffmangel grassierte. Im Kleinen Belt dominierte Gelb, was immer noch sehr niedrige Sauerstoffwerte anzeigt. Foto: Miljøstyrelsen

 

Kritisch sieht er auch, dass im dänischen Teil der Flensburger Förde weiter Miesmuscheln gefischt werden können. „Dabei wird jede Menge Schlamm aufgewirbelt, was den Sauerstoffschwund noch verstärkt“, so der Experte für die Meeresumwelt in Dänemark. Im Schlamm des Meeresgrundes sind viele Nährsalze enthalten und auch organisches Material, dessen Zersetzung bei Vermischung mit dem Wasser Sauerstoff zehrt. Die stürmischen Winde ab Mitte Oktober haben die Zonen mit Sauerstoffschwund gegenüber dem vorangegangenen Untersuchungszeitraum zwischen dem 12. und 22. September deutlich schrumpfen lassen.

Keine guten Werte

Dennoch herrschten in fast dem gesamten Kleinen Belt keine guten Sauerstoffwerte. Die Umweltbehörde spricht bei 4 bis 6 Milligramm pro Liter Wasser von einem niedrigen Sauerstoffgehalt. Positiv vermerkt der Bericht, dass sowohl die Augustenburger Förde (Augustenborg Fjord) als auch der Alsensund (Alsfjord)  im Oktober von Sauerstoffschwund verschont blieben.

Problem nicht ernst genommen

Im September schrieb Jens Würgler Hansen zum damals alarmierenden Bericht zum aktuellen Sauerstoffschwund, dass sich die Menschen in Dänemark offenbar mit dem Problem abgefunden hätten. „Ich glaube, die Problematik würde ernster genommen, wenn Tiere und Pflanzen an Land sterben würden. Unter Wasser ist das nicht sichtbar“, so der seit Jahrzehnten mit den schlechten Nachrichten vom Meeresgrund befasste Biologe in Anspielung auf schwindende Fischbestände und Artenschwund. Er erinnert auch daran, dass die Zahl der Stationen für Wasseruntersuchungen zur Sauerstoffversorgung seit der Auflösung der Ämter 2007 um 100 auf nur noch 150 zusammengestrichen worden ist.  

 

Mehr lesen