Energieversorgung
Interesse an Fernwärme: Bollersleben top, Tingleff hinkt hinterher
Fernwärmeinteresse: Bollersleben top, Tingleff schleppend
Fernwärmeinteresse: Bollersleben top, Tingleff schleppend
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Bereits mehr als die Hälfte der Haushalte in Bollersleben hat sich auf eine Liste für die Umstellung auf Fernwärme gesetzt. Damit liegt der Ort weit vorn und kann sich Hoffnung machen, als Nächstes angeschlossen zu werden. In anderen Ortschaften, darunter Tingleff, sind die Menschen noch zurückhaltender.
Ja, wenn man so wolle, trägt Bollersleben momentan das gelbe Trikot, was das Interesse an Fernwärme angeht. Das bestätigt Tommy Palmholt mit einem Lachen in Anlehnung an das derzeit stattfindende Radsportevent „Tour de France“, bei der der Führende des Gesamtklassements jenes gelbe Shirt trägt.
Der Direktor der Apenrader Fernwärmegesellschaft (Aabenraa Fjernvarme) macht keinen Hehl daraus, dass es in Bollersleben für eine Umstellung auf Fernwärme mit Abstand die meisten Voranmeldungen in den Gebieten gibt, die für die Gesellschaft infrage kommen.
Laut aktueller Liste mit 20 potenziellen neuen Fernwärmeorten innerhalb der Kommune Apenrade haben sich 56 Prozent der Haushalte in Bollersleben für einen Anschluss vormerken lassen. Das sind rund 280. Das ist verglichen mit den anderen Orten der Spitzenwert.
Tingleff ist noch nicht so weit
Tingleff (Tinglev) liegt noch bei 28 Prozent. Der Bürgerverein „Tinglev Forum“ ist schon längere Zeit bestrebt, im Kielwasser der Energiekrise eine Fernwärmeversorgung zu erreichen und hat gerade erst im örtlichen Wochenblatt einmal mehr aufgefordert, sich auf die Liste zu setzen. Wegen des unklaren Zeithorizontes wählt so mancher die Anschaffung einer Wärmepumpe als Alternative zur Gas- oder Ölheizung. Das könnte eine Erklärung für den relativ niedrigen Prozentwert sein.
„Nach der Aufregung in der Energiekrise hat es aber auch den Anschein, als wenn viele erst einmal durchschnaufen und sich mit Entscheidungen Zeit lassen“, vermutet Palmholt.
Der Richtwert der Fernwämegesellschaft liegt bei etwas mehr als 50 Prozent. So viele Haushalte sollten vorab Interesse an Fernwärme bekunden. Bollersleben hat diesen Wert erreicht.
Es sei nicht das alleinige Kriterium, um als Nächstes in Betracht zu kommen, allerdings ein wichtiges, wie Palmholt sagt.
„In Bollersleben leisten sie einen großen Einsatz, um die Fernwärmeanbindung zu realisieren, und der Ort liegt günstig zu unserer Anlage“, so der Direktor. Die Gesellschaft betreibt Holzflies- bzw. Stroh-Heizkraftwerke in Apenrade und Stübbeck (Stubbæk).
Es sei durchaus denkbar, dass Bollersleben im südlichen und südwestlichen Gebiet der Kommune als Nächstes ans Fernwärmenetz angeschlossen wird. Aktuell wird an der Anbindung von Feldstedt gearbeitet, so Palmholt.
Zeitplan noch unklar
Einen genauen Zeitplan für die Anbindung von Orten wie Bollersleben gebe es noch nicht. „Solch eine Anbindung ist ein längerer Prozess. Es müssen etliche Rohre verlegt und viele Details in Abstimmung mit der Kommune geklärt werden“, gibt Palmholt zu bedenken. Mit 56 Prozent Haushalten liege Bollersleben aber gut im Rennen, um zeitnah in Betracht zu kommen.
„Entscheidend ist natürlich, ob die Leute sich auch verbindlich für eine Fernwärmeanbindung entscheiden. Bislang war die Anmeldung unverbindlich und die Preisangaben für einen Anschluss nur ein grober Wert. Ich bin aber zuversichtlich, dass die Bollerslebenerinnen und Bollerslebener an ihrem Interesse festhalten“, so Palmholt.
Noch mehr erwartet
Da ist sich auch Henning Frisk sicher, Vorsitzender des Bürgervereins. „Wenn die Pläne ganz konkret sind und die verbindlichen Verträge mit der Gesellschaft gemacht werden, stoßen garantiert noch viel mehr Haushalte dazu“, sagt Frisk.
Das Bestreben, umweltfreundliche Fernwärme nach Bollersleben zu holen und dadurch zum Klimaschutz beizutragen, hat dem Ort erst vor Kurzem die Nominierung zur Ortschaft des Jahres in Dänemark eingebracht.
Die Bemühungen sind auch der Fernwärmegesellschaft nicht entgangen, weshalb man Tommy Palmholt zufolge Bollersleben bereits unter die Lupe genommen und die Möglichkeiten der Fernwärmeanbindung genau geprüft hat.
Überschusswärme im Fokus
Dreh- und Angelpunkt des Fernwärmenetzausbaus ist das Gewerbegebiet in Kassø, wo insbesondere Überschusswärme der PTX-Anlage (Power-to-X) des Energieunternehmens „European Energy“ genutzt werden soll. Beim PTX-Verfahren wird elektrischer Strom in Brenn- und Kraftstoffe oder in andere Energieformen umgewandelt.
„Diese Überschusswärme wollen wir nach Möglichkeiten komplett nutzen. Dadurch bietet es sich an, auch weiter entfernte Orte wie Tingleff und Bülderup-Bau ans Fernwärmenetz anzuschließen“, so Palmholt. Auch auf Überschusswärme anderer Betriebe wie von der Bollerslebener Brotfabrik des Unternehmens „Kohberg“ soll zurückgegriffen werden.
Von den Überlegungen, Ortschaften per separatem Wärmepumpensystem mit Fernwärme zu versorgen, sei man etwas abgerückt.
„Wir wollen Überschusswärme als zusätzliche Wärmequelle ausschöpfen, zumal es ein weiterer Beitrag zur grünen Umstellung ist“, betont Palmholt.
Auch Pattburg plant
Mit der Anbindung umliegender Orte beschäftigt sich aufgrund steigenden Interesses der Bürgerinnen und Bürger auch die Pattburger Fernwärmegesellschaft.
So sollen neben Krusau (Kruså) und Pattburg (Padborg) einschließlich Gewerbegebiete künftig auch Kollund und umliegende Ortschaften mit Fernwärme versorgt werden. Pläne für eine mögliche Umsetzung sind ebenfalls auf dem Reißbrett oder werden, wie in Krusau, bereits realisiert. Die Gesellschaft lockt derzeit sogar mit 30 Prozent Nachlass beim Anschlusspreis.