Kulturkommentar

„Auf Wolke 17: Rührselig und glücklich“

Auf Wolke 17: Rührselig und glücklich

Auf Wolke 17: Rührselig und glücklich

Sonderburg/Sønderborg
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Warum man in Sonderburg auf Wolke 17 schwebt und warum dem Chefredakteur aus heiterem Himmel eine Träne übers Gesicht gelaufen ist – der Kulturkommentar von Gwyn Nissen.

Ein wenig rührselig bin ich schon, das gebe ich zu. Dennoch war ich überrascht, als mir hoch über Sonderburg eine Träne übers Gesicht lief. Liebe, Familie, Freunde, Kirche oder gar Musik können bei mir Gefühle auslösen – aber ein Restaurantbesuch?

Ich habe gutes Essen im Beisein meiner Familie genossen, mit Freunden Gourmetrestaurants besucht, und überhaupt habe ich das Glück gehabt, durch meinen Beruf und auch privat einige Sterneköche dieses Landes und ihre Küchen kennenzulernen. Viele davon sind übrigens aus Nordschleswig.

Jesper Koch aus Apenrade ist einer davon. In den vergangenen Jahren haben sich unsere Wege mehrmals gekreuzt – unter anderem beim Schleswig-Holstein Gourmetfestival. Heute regiert der 48-jährige Masterchef-Juror seit einigen Jahren im Sonderburger Hotel Steigenberger Alsik, wo er den kulinarischen Dirigentenstab schwingt. Der Apenrader hat im ganzen Hotel das Sagen und hat gemeinsam mit Peter Rødsgaard außerdem einen Stern am gastronomischen Himmel über Sonderburg geschaffen.

Das „Syttende“ im 17. Stock des Hotels hat hohe Ambitionen. Den ersten Michelinstern hat das dynamische und innovative Duo schon erreicht. Der zweite Stern ist ihr proklamiertes Ziel – doch wie ich Jesper Koch kenne, träumt er auch vom dritten Michelin-Stern. Aber das sagt kein Koch der Welt laut.

Und nun sitze ich endlich hier im 17. Stock, habe die ersten von insgesamt 17 (!) Gängen in vollen Zügen genossen, als mir die Träne übers Gesicht läuft. Einfach so, ohne Vorwarnung.

Es ist eine Freudenträne, ein absoluter Glücksmoment und eine Träne der Rührung: Jedes Gericht ist ein kulinarisch gemaltes Motiv, jeder Mundvoll ein himmlischer Genuss und eine Entdeckung von neuen Geschmäckern, überraschenden Kombinationen und Sinnes-Explosionen.

Koch und Rødsgaard haben internationales Format, und was sie über den Dächern Sonderburgs auf den Teller zaubern, hat in Dänemark Seltenheitswert. Darauf dürfen die beiden Köche stolz sein – und wir Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger übrigens auch. Dass man so etwas im ländlichen Nordschleswig erleben darf – einfach bewundernswert und einmalig.

Es werden zwar Weine und Zutaten aus der ganzen Welt serviert, doch vornehmlich sind es Obst, Gemüse und Kräuter aus der Nachbarschaft – eben das Beste vom Besten.

Das 17. ist (leider) kein „Gehen-wir-heute-Abend-Essen-Restaurant“. Zum einen muss man drei Monate im Vorwege einen der wenigen Tische ergattern, und zum anderen, wenn es nicht klappt, sich am nächsten Tag zur Mitternachtsstunde wieder in die digitale Schlange stellen. Und dann muss man für einen Abend im „Syttende“ des Hotels Alsik auch noch „eine Mallorca-Reise für zwei“ hinblättern.

Wir hatten zum Glück einen Geschenkgutschein als Anzahlung – ich bin unseren Freunden hierfür ewig dankbar, denn nicht nur wegen der vielen Stockwerke fühlte ich mich an diesem Abend näher am Himmel – auf Wolke 17.

 

 

 

 

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