Corona

Frauen und Kinder bleiben beim gewalttätigen Mann

Frauen und Kinder bleiben beim gewalttätigen Mann

Frauen und Kinder bleiben beim gewalttätigen Mann

Sonderburg/Sønderborg
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Das Sonderburger Frauenhaus ist trotz Corona-Pandemie für alle geöffnet. Foto: Karin Riggelsen

„Sønderborg kvinde- & krisecenter“ warnt: In der Corona-Krise gibt es noch mehr rohe Gewalt in den Eigenheimen. Aber weniger Frauen bitten im Augenblick um Hilfe.

Die Frauen, die mit einem Mann zusammenleben, der sie schlägt, sind in der Corona-Zeit noch schlechter dran. In dem aktuellen Corona-Shutdown und dem verordneten Homeoffice geht es in den Eigenheimen leider körperlich noch gewalttätiger zu. Wenn die Männer gar nicht mehr das Haus verlassen und auch die Kinder zu Hause bleiben müssen, dann kocht es bei einigen Familien noch öfter über.

Was dann aber völlig unverständlich ist: In den Frauenhäusern in den Landgebieten bitten im Augenblick weniger Frauen um Hilfe. Auch in der Sonderburger Abteilung am Agervang 5 ist es im Augenblick sehr ruhig.

Rückgang bei den Anfragen

„Wir hatten bei der Schließung im Frühjahr einen großen Rückgang bei den Anfragen im Zentrum und weniger Anmeldungen. Bei dem jetzigen Shutdown hat es erneut beträchtlich weniger Anfragen gegeben. Wir haben rund ein Drittel weniger Anrufe entgegengenommen. Für uns ist es wichtig zu unterstreichen, dass das Krisencenter geöffnet hat – ob für ambulante Ratschläge oder für Anmeldungen“, unterstricht Karina Lüthje, die 2017 die Leitung des Sonderburger Frauenhauses übernahm.

Die Leiterin des „Sønderborg Kvinde- & Krisecenter" ist Karina Lüthje seit 2017. Foto: Karin Riggelsen

Im Januar ist nur eine Frau am Agervang aufgenommen worden.

Das Sonderburger Frauenhaus verfügt über fünf Räume. Dort können fünf Frauen und ihre Kinder angebracht werden. Vier Zimmer sind im Augenblick belegt. Zwei Frauen verlassen aber in Kürze die Notunterbringung.

Das Angebot in Sonderburg erhält jährlich einen kommunalen Zuschuss von 2,8 Millionen Kronen. Hinzu kommen Legate und Zuschüsse. 

Der Bedarf ist da

„Ich bin gespannt. Aber der Bedarf ist jedenfalls da“, weiß die Leiterin.

Wie in anderen Kommunen des Königreichs, hat auch das Krisencenter in Sonderburg nach dem Shutdown eine klare Tendenz verspürt: Die Gewalt war noch ausgeprägter. Wer Tag und Nacht zusammen ist, für den wird die Flucht noch unüberschaubarer.  

Die Leiterin des „Aabenraa Krisecenter“, Hanne Frederiksen, kann der Problematik leider nur zustimmen: „Es ist einfach erschreckend. Eigentlich ist ja gut, dass so wenig um Hilfe bitten. Aber das hat leider einen Grund.“ Seit Dezember hat das Frauenhaus an der Bjerggade 3 lediglich zwei Anrufe entgegengenommen. Normalerweise erkundigen sich täglich Gewaltopfer, Familienangehörige oder die Kommune über die Möglichkeiten. Das Krisencenter hat auf Instagram und Facebook PR gemacht. „Rufe einfach an, wenn irgend etwas vorgefallen ist“, so die klare Aufforderung von Hanne Frederiksen.

Kritische Verhältnisse bleiben unbemerkt

Die Corona-Pandemie ist schuld an einem weiteren Dilemma:  Familienangehörige und andere Personen, wie zum Beispiel Lehrer oder Hortangestellte, haben beim Shutdown auch nicht die Gelegenheit, kritische Verhältnisse in einem Zuhause zu bemerken.

Karina Lütje im Eingangsbereich Foto: Karin Riggelsen

Kamilla Bjørn Drøidal ist die Direktorin bei LOKK, der Landesorganisation der dänischen Frauenhäuser.

„Das ist eine bedauerliche Entwicklung, dass weniger Frauen außerhalb der größeren Städte sich an ein Frauenhaus wenden. Nicht zuletzt, weil wir wissen, dass die Gewalt während des Shutdowns noch gröber wird. Von der letzten Schließung wissen wir, dass die Frauen einer massiven, intensiven und noch ärgeren Gewalt ausgesetzt waren. Kein Zweifel: die Frauen brauchen uns gerade im Shutdown. Aber wir können sie nur schwer erreichen“, so Kamilla Bjørn Drøidal.

Es gibt Hilfe

Sie hat deshalb eine Bitte an Frauen, die einer physischen oder psychischen Gewalt ausgesetzt sind: „Es gibt Hilfe und an den dänischen Krisenzentren haben wir Platz. Du kannst den ganzen Tag die nationale Hotline auf 1888 erreichen und erfahren, in welchem Frauenhaus es einen Platz gibt.“

Auch die Angehörigen oder Nachbarn von betroffenen Frauen sollen sich nicht zurückhalten. Wer einen Verdacht hat, sollte ansprechen, auch wenn es schwerfällt.

 

Der Spielplatz im Frauenhaus wurde soeben ausgebaut. Foto: Karin Riggelsen
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