Dänische Tradition

Sankt Hans, die Hexenverbrennung und der Blocksberg

Sankt Hans, die Hexenverbrennung und der Blocksberg

Sankt Hans, die Hexenverbrennung und der Blocksberg

Apenrade/Aabenraa
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Eine Tradition, die auf der Geschichte der Hexenverbrennung basiert. Foto: Karin Riggelsen

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Das dänische Traditionsfest findet in diesem Jahr zwar statt, wegen der Trockenheit sind die dazugehörigen Feuer in weiten Teilen des Landes allerdings verboten. Doch die Tradition, die Dänemark und Deutschland verbindet, ist längst nicht bei allen beliebt. Dass eine Strohpuppe auf einem Scheiterhaufen verbrannt wird, erinnert an dunkle Stunden der Menschheitsgeschichte – und wird besonders von Frauen heute als inakzeptabel betrachtet.

Zur Sommersonnenwende brennen in Dänemark in der Regel die Sankt-Hans-Feuer. In diesem Jahr gilt allerdings für weite Teile des Landes – genauer gesagt für die meisten Kommunen westlich des Großen Belts – ein Abbrennverbot. Grund ist die anhaltende Trockenheit. 

Die dänische Tradition wird am Freitagabend also vielerorts ohne Feuer begangen. Dabei gehört ein brennender Scheiterhaufen, auf dem symbolisch eine Strohhexe mitsamt ihrem Besen verbrannt und auf diesem Wege zurück zum Blocksberg geschickt wird, seit langer Zeit zu diesem Abend dazu.

Im Schein des lodernden Mittsommerfeuers wird Kindern die Geschichte von der Hexe erzählt, die auf dem sagenumwobenen Berg andere Zaubernde trifft und mit dem Teufel feiert. 

Dänische Tradition mit Ursprung in der Hexenverbrennung

Hier braucht es einen Blick zurück in die Geschichte und in die Zeit der Hexenverfolgung. Die gab es auch in Dänemark. Allerdings wurden die ersten Todesurteile erst nach der Reformation 1536 gesprochen. Die erste Frau, die auf einem dänischen Scheiterhaufen brennen musste, weil sie angeblich eine Hexe war, wurde 1540 in Stege auf Møn umgebracht.

Bis 1576 konnten Menschen wegen Zauberei in erster Instanz zum Tode verurteilt werden. Erst danach wurde beschlossen, dass eine zweite Instanz verhandeln musste. Die meisten dänischen Hexenprozesse fanden nach 1576 statt, was bedeutete, dass die meisten Verurteilten ihr endgültiges Urteil vor der zweiten Instanz erhielten. 

Ab 1686 wurde dann gesetzlich festgelegt, dass alle Hexenprozesse auch vor dem höchsten Gericht verhandelt werden mussten, bevor ein endgültiges Urteil gefällt werden konnte. Dies war die Praxis bis 1693, als Anne Palles als letzte Person in Dänemark wegen Hexerei zum Tode verurteilt wurde und so auf der Insel Falster ums Leben kam. 

Am Ende standen etwa 2.000 Prozesse, bei denen rund 1.000 Menschen zum Tode verurteilt wurden. In Dänemark wurden Hinrichtungen nach der Leitermethode vollzogen. Dabei wurde der Scheiterhaufen zuerst angezündet und der oder die Verurteilte an eine Leiter gebunden. Die Leiter wurde dann in den Scheiterhaufen gekippt.

Wer mehr über die Geschichte der Hexenverfolgung in Dänemark wissen will, der sollte das Hexenmuseum in Ribe besuchen. Die Stadt stand im 16. und 17. Jahrhundert im Zentrum der Prozesse. Das Museum arbeitet mit der Süddänischen Universität (Syddansk Universitet) und der Universität Bergen zusammen, um Daten über die Hexenverfolgung hierzulande zu sammeln.  

Erste dänische Erwähnung des Blocksbergs 1708

Das erste Mal wird der deutsche Blocksberg übrigens in einem späten Fall aus Dänemark aus dem Jahre 1708 erwähnt. Man geht aufgrund der schlechten Quellenlage aber davon aus, dass der mythische Berg auch früher schon in Prozessen erwähnt wurde.

Zur Zeit der Hexenverfolgung entstanden im Volk Erzählungen über Hexen, in denen verschiedene Berge als Versammlungsplätze auftauchen. Im Laufe der Zeit ähnelten sich die Geschichten immer mehr. Bestimmte Berge wurden zu überregionalen Hexenbergen.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts behauptete sich so unter anderem der Blocksberg (Brocken) im Harz in Erzählungen als Hexenberg. Durch seine 1.142 Meter Höhe, den kargem Bewuchs, schlechtes Wetter und damals nahezu unmögliche Besteigung, entwickelte sich der Mythos Blocksberg gerade in früheren Zeiten stark und schaffte es am Ende sogar in die Akten dänischer Prozesse. Laut Expertinnen und Experten hat ein Bild des Künstlers Johannes Praetorius von 1668 das Bild des geheimnisvollen Berges als Ort der Hexenversammlungen noch verstärkt. Es zeigt seine Vorstellung von einem Hexensabbat auf dem Blocksberg – inklusive Teufel. 

 

Johannes Praetorius: Blockes-Berges Verrichtung, Leipzig 1668
Johannes Praetorius: Blockes-Berges Verrichtung, Leipzig 1668 Foto: gemeinfrei

Seit 1717 gibt es übrigens auch im Osten der Stadt Flensburg (Flensborg) ein Gebiet, dass den Namen Blocksberg trägt. Es erstreckt sich vom Hafen über Wees bis nach Glücksburg (Lyksborg). 

Dunkler Teil der Menschheitsgeschichte

Und so wird, kurz gesagt, noch heute eine Strohpuppe auf einem Scheiterhaufen verbrannt und in den Harz geschickt. Dabei steckt dahinter ein dunkles Kapitel der Menschheitsgeschichte.

Louise Nyholm ist Historikerin an der Süddänischen Universität und beschäftigt sich unter anderem mit der Hexenjagd. In einem Interview, das auf sdu.dk zu finden ist, schlägt sie vor, dass die Sankt-Hans-Feuer einfach ohne die symbolische Verbrennung einer Puppe stattfinden sollten. Denn die ursprüngliche Idee des Feuers zu Mittsommer sei es, das Böse zu vertreiben. Dass dazu auch Hexerei gezählt wurde, und angebliche Hexen verbrannt wurden, wurde laut Nyholm erst später im Zuge der Sankt-Hans-Feuer zur Tradition.

Auch Jana Surkus, Kulturkonsulentin beim Bund Deutscher Nordschleswiger, schrieb anlässlich des Sankt-Hans-Spektakels im vergangenen Jahr in ihrem Kulturkommentar:

„Egal wie bunt und magisch und fantastisch die Assoziationen mit dem Sankt Hans Feuer sind, so real ist es doch, dass ihr Ursprung bei echten Menschen ist. Frauen, die an Leitern gebunden und auf ein brennendes Feuer geworfen wurden, schwangere Frauen, die mit Stöcken zu Tode geprügelt wurden, bedroht, gefoltert, gedemütigt – weil ein Sündenbock gesucht wurde, weil sie zu einflussreich und unbequem geworden waren, weil jemand neidisch war oder weil sie schon vorher ausgegrenzt waren wegen Krankheit, Einsamkeit oder schlicht Andersartigkeit.

[...] So wurde das Feuer mit der Hexenpuppe beibehalten – zum Schutz vor bösen Geistern und Hexen. Die Botschaft: Bleibt ja weg, hier verbrennen wir Hexen, wenn sie uns quer kommen. Die Puppe wirkte wie eine Abschreckung. Eine Drohung mit einer sehr realen Geschichte, was mit Menschen passiert, die anders sind, unbequem oder aufmüpfig … oder einfach weiblich. Es bereitet mir Bauchschmerzen, dass mit dieser Tradition nie gebrochen wurde und sie nie umgedeutet wurde, sondern, dass es heute das gleiche Fest ist wie damals und ich frage mich, ob ich die einzige bin, der es so geht.“

Tatsächlich gibt es immer wieder Debatten um die Hexenverbrennung beim Sankt-Hans-Abend. Bei einigen Feuern sucht man die Strohhexe daher bereits vergeblich. 

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