Sankt Petri Schule

Brücken bauen

Brücken bauen

Brücken bauen

Malick Volkmann
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Im Schatten der Sankt Petri Kirche liegt die Sankt Petri Schule. Foto: Jens Dresling/Ritzau Scanpix

Eine deutsch-dänische Schule mitten in Kopenhagen. Was die Sankt Petri Schule so besonders macht und was die Situation des heutigen Europas damit zu tun hat. Ein Besuch.

Man mag kaum vermuten, dass sich hinter den dicken Backsteinmauern im Herzen Kopenhagens, in der Larslejsstræde, eine einzigartige Schule verbirgt. Die Sankt Petri Schule ist keine dänische, aber auch keine deutsche Schule. Sie ist beides vereint. Beide Sprachen werden auf Muttersprachen-Niveau gleichwertig unterrichtet, von der 0. bis zur 9. Klasse und optional in der gymnasialen Oberstufe.

 

Für Jürgen Sacht, Oberstufenleiter und Schulentwickler, spielt der Aspekt der Sprache an der Sankt Petri Schule eine immens wichtige Rolle: „Die Sprachen sind die Grundlage. Selbst in anderen Fächern wie Chemie oder Biologie lernen die Schüler quasi automatisch Sprache mit, weil es sein kann, dass der Unterricht in der Sprache erteilt wird, die dem Schüler noch nicht so liegt“, erklärt der 45-Jährige.

Darum gibt es ein paar Grundsätze: Deutsch und Dänisch auf Muttersprachen-Niveau, Mathematik stets auf Deutsch und die anderen Fächer in der Muttersprache des unterrichtenden Lehrers. In den Pausen sind die Schüler dagegen frei in der Sprachwahl.

Arbeitet seit 15 Jahren in Dänemark: Oberstufenleiter Jürgen Sacht. Foto: Malick Volkmann

Zumindest in den Klassen sieben bis zwölf zeichnet sich sprachlich ein klarer Trend ab: 74 Prozent der Schüler sprechen auf dem Pausenhof Dänisch, nur 14 Prozent unterhalten sich vermehrt auf Deutsch, wie eine Umfrage der Schule kürzlich zeigte. Das Resultat kommt laut Sacht daher, dass die meisten Schüler im Elternhaus Dänisch lernen und ihnen die Sprache daher besser liegt.

Die meisten Schulanmeldungen kommen aus Haushalten, die entweder deutsch-dänisch oder „rein“ deutsch geprägt sind. „Viele Elternteile wollen, dass ihr Kind beide Sprachen, die eigene und die des Partners, auf hohem Niveau sprechen kann“, sagt Sacht.

Sacht erkennt nur Vorteile in Mehrsprachigkeit

Für den Lehrer hat die Mehrsprachigkeit nur Vorteile: „Die Schüler fühlen sich durch die Sprachkenntnisse und das Wissen über die Kultur der Länder in beiden Kulturkreisen heimisch. Das kann gerade im heutigen Europa mit seinen vielen Kulturen, Sprachen und Möglichkeiten nur eine einzige große Chance sein“, findet Sacht, der weiß, wovon er spricht – er stammt aus Nordfriesland und lebt und arbeitet seit 15 Jahren im Königreich, auch seine Kinder gehen auf die Sankt Petri Schule. 

Viele Elternteile wollen, dass ihr Kind beide Sprachen, die eigene und die des Partners, auf hohem Niveau sprechen kann.

Jürgen Sacht, Oberstufenleiter

Er sieht es als Aufgabe der Schule, Brücken zwischen den Kulturen und Menschen der Nachbarstaaten zu bauen. Dies gelinge durch Schüler, die umfassende Kenntnisse aus eben beiden Ländern mitbringen.

Neben dem Fokus auf Sprachen hat die Sankt Petri Schule aber noch mehr zu bieten. Die Atmosphäre wirkt besonders. Im Schatten der historischen Sankt Petri Kirche, mit der die Schule übrigens aus geschichtlichen Gründen verbunden ist, lernen die Schüler in alten, aber gut erhaltenen und gemütlichen Klassenzimmern.

Gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde

Die Zusammenarbeit mit der Sankt Petri Gemeinde besteht darin, dass der Pastor die siebten Klassen in Religion unterrichtet, der Kantor den Schulchor leitet und die Kirche der Schule den großen Saal für Festivitäten zur Verfügung stellt, weil die Schule nicht über eine Aula verfügt. Außerdem dürfen die Kleinen auf dem Kirchhof spielen. In der Schule selbst sind eine kleine Sporthalle und eine Bibliothek vorhanden.

Die historische Sporthalle bietet wenig Platz, erfüllt aber ihren Zweck. Foto: Malick Volkmann

Der Lernstoff setzt sich teilweise aus dem deutschen und dem dänischen Lehrplan zusammen. Gerade in der 9. Klasse hätten die Schüler viel zu tun: „Sie machen die deutsche und die dänische mittlere Reife. Deswegen ist in diesem Jahr auch keine Zeit für eine Klassenfahrt“, berichtet Sacht.

Klassenfahrten spielen eine große Rolle an der Sankt Petri Schule. Fahrten innerhalb Dänemarks, nach Deutschland und später Reisen nach Paris oder Schottland stehen auf dem Programm.

Lernen an der Kapazitätsgrenze

All das seien Punkte, die die Beliebtheit der Schule erklären, sagt Sacht. „Insbesondere bei der Einschulung in die 0. Klasse ist der Andrang so groß, dass es eine Warteliste gibt“, so der Oberstufenleiter. Die insgesamt 630 Schüler, von denen nur 21 auf das Gymnasium gehen, lernen also an der Kapazitätsgrenze. Deswegen entschied man sich zur Einführung der gymnasialen Oberstufe vor neun Jahren dazu, dass die Oberstufen-Schüler in anderen Räumlichkeiten untergebracht werden.

Die Bibliothek umfasst sowohl dänische als auch deutsche Werke. Foto: Malick Volkmann

Die Oberstufe ist allerdings eine kleine Baustelle: „Wir hätten schon gerne mehr Schüler“, so Sacht. Die geringe Zahl komme daher, dass die Form des deutsch-dänischen Gymnasiums nur für eine „kleine Gruppe attraktiv“ sei, weil die Schüler nach dem Beenden der 9. Klasse die Möglichkeit haben, auf ein dänisches Gymnasium zu wechseln. Diese Option zögen die meisten.

Umzug kein Thema

Umziehen wolle man nicht. „Das würde der langen Geschichte nicht gerecht werden“, sagt Sacht. Deswegen wird die Sankt Petri Schule auch in Zukunft hinter den dicken Mauern in der Larslejsstræde zu finden sein.

Mehr lesen

Gastkommentar

Judit Kürthy
Judit Kürthy
„Nordschleswig aus ungarischer Sicht: Die Regeln, die zur Freiheit führen können“

Diese Woche in Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Es wird keine Neuauflage der SVM-Regierung geben“