Folkemøde auf Bornholm

„Ukraines EU-Kandidatur ist entscheidendes Signal“

„Ukraines EU-Kandidatur ist entscheidendes Signal“

„Ukraines EU-Kandidatur ist entscheidendes Signal“

Allinge
Zuletzt aktualisiert um:
Botschafter Pascal Hector, Militäranalytiker Peter Viggo Jakobsen, EU-Repräsentations-Chef Per Haugaard und Sicherheitsexperte Jacob Kaarsbo beim Folkemøde Foto: Walter Turnowsky

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Unterstützung für einen kommenden EU-Beitritt der Ukraine sei das wichtigste Ergebnis des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz, des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi in Kyjiw gewesen, so die übereinstimmende Einschätzung bei einer Debatte beim Folkemøde auf Bornholm.

Das Timing der Debatte zur europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik hätte besser nicht sein können: Sie begann am Freitag um 12 Uhr. Eine halbe Stunde später sollte die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, ein Statement zur EU-Kandidatur der Ukraine abgeben.

Wer in dem Zelt der EU-Kommission die Debatte verfolgte, mehr als konnte erahnen, was sie sagen würde, denn einer der Teilnehmer war der Repräsentationschef der Kommission in Dänemark, Per Haugaard. Bis vor wenigen Tagen war er einer der engsten Mitarbeiter von der Leyens.

„Jetzt muss ich aufpassen, dass ich nicht zu breit lächele“, sagte er zur Frage des EU-Ansuchens der Ukraine.

Langfristige Perspektive

Er sieht es als das wichtigste Ergebnis des Besuches von Bundeskanzler Olaf Scholz, des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und des rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis in Kyjiw am Donnerstag.

Die beiden Sicherheits- und Verteidigungsexperten Peter Viggo Jakobsen und Jacob Kaarsbo sowie der deutsche Botschafter in Dänemark, Pascal Hector, teilen diese Einschätzung.

„Es ist sehr wichtig, dass wir der Ukraine eine langfristige Perspektive in Europa geben. Mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission und der Unterstützung des Vorschlags durch viele Länder in der Europäischen Union haben wir ganz klar das Signal gegeben, dass die Zukunft der Ukraine in Europa liegt und wir dem Land eine langfristig politische Orientierungsmöglichkeit gegeben. In der langen Frist ist das sehr, sehr wichtig“, so Hector gegenüber dem „Nordschleswiger“ im Anschluss an die Diskussion.

Anliegen der Kommissions-Präsidentin

Jakobsen lobte den entschiedenen Auftritt der EU in dieser Frage.

 „Es ist das erste Mal seit Beginn des Krieges, dass Europa eine markante eigenständige Entscheidung fällt. Bislang sind wir weitgehend den Vorgaben der USA gefolgt, doch hier hat die EU Charakter gezeigt“, so der Lektor an der Verteidigungsakademie in Kopenhagen.

Nachdem die vier Regierungschefs in Kyjiw ihre Unterstützung der EU-Kandidatur bekannt gegeben hatten, haben sich weitere Länder, hierunter Dänemark, der Position angeschlossen. Um 12.30 Uhr gab dann die Kommissionspräsidentin ihre Unterstützung bekannt.

„Ursula von der Leyen hat wiederholt betont, dass die Ukraine zur europäischen Familie gehört. Sie und die Kommission unterstützen die Kandidatur von ganzem Herzen. Wir haben Tag und Nacht daran gearbeitet, das umzusetzen“, verriet Repräsentationschef Haugaard nachdem offiziell geworden war, was er bereits angekündigt hatte.

Signal an Putin

Kaarsbo sieht in der Unterstützung der Kandidatur ein sehr deutliches Signal an Wladimir Putin.

„Es ist eine klare Botschaft, dass die ukrainischen Angelegenheiten nicht von Moskau aus gelenkt werden“, sagt der Analytiker des Think-Tanks „Europa“, der für den dänischen Auslandsnachrichtendienst gearbeitet hat.

„Das schickt das Signal nach Moskau, dass das ukrainische Volk selber über seine Zukunft bestimmen will und auch bestimmen soll und dass wir es darin unterstützen“, so auch die Einschätzung des deutschen Botschafters.

Mehr lesen

Leitartikel

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
„Giftige Hausapotheke“