Gesundheitswesen

Kritik: Nach der Psychiatrie kommt die Leere

Kritik: Nach der Psychiatrie kommt die Leere

Kritik: Nach der Psychiatrie kommt die Leere

Ritzau/wt
Kopenhagen
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Häufig müssen psychiatrische Patientinnen und Patienten monatelang auf ein Angebot der Kommune warten (Modellfoto). Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Wenn Menschen aus einem psychiatrischen Krankenhaus entlassen werden, müssten sie häufig auf ein Angebot der Kommune zu lange warten. So lautet die Kritik des Verbandes „Sind“.

Es hake mit dem Zusammenspiel der Psychiatrie der Regionen und den Angeboten der Kommunen für Menschen mit einer psychischen Erkrankung. So lautet die Einschätzung des Landesverbandes für psychische Gesundheit „Sind“.

„Wir beobachten generell im ganzen Land, dass es schwierig ist, einen Zusammenhang zu schaffen. Wenn Menschen aus einer psychiatrischen Abteilung entlassen werden, fehlt zum Teil die notwendige Nachbehandlung zu Hause“, so die Verbandsvorsitzende Mia Kristina Hansen.

Sie kritisiert lange Wartezeiten in den Kommunen: die Vorsitzende von „Sind“ Mia Kristina Hansen Foto: Landsforeningen Sind

Die Schüsse in „Fields“

Am 3. Juli 2022 gegen 17.30 Uhr begann ein Mann im Shoppingzentrum „Fields“ mit einem Gewehr zu schießen. Er tötete drei Personen und verletzte sieben weitere. Weitere ungefähr 20 Personen wurden bei der Flucht aus dem Zentrum verletzt.

Die Polizei konnte um 17.48 Uhr einen 22-jährigen Mann außerhalb von „Fields“ überwältigen und verhaften. Ihm wird dreifacher Mord und siebenfacher Mordversuch vorgeworfen. Bereits am selben Abend wurde bekannt, dass der Mann in der „Psychiatrie bekannt war“. Vor der Tat hatte er vergeblich versucht, ein psychiatrisches Krisentelefon zu erreichen.

Quellen: Ritzau und TV2 Lorry

Ein fehlendes Angebot

Dieses fehlende Angebot kann beim Amoklauf eines 22-jährigen Mannes vergangenen Juli im Shoppingzentrum „Fields“ eine Rolle gespielt haben. Laut „TV2“ und „Frihedsbrevet“ wartete der Mann vier Monate lang vergebens auf ein Angebot der Kommune Kopenhagen, bevor er mit seinem Gewehr loszog und drei Menschen tötete.

Laut „Sind“ seien derartige Wartezeiten kein Sonderfall. Diese Einschätzung bestätigt auch die Vorsitzende der Dänischen Psychiatrischen Gesellschaft, Merete Nordentoft. Sie ist zudem Professorin für Psychiatrie an der Universität Kopenhagen und Oberärztin am Psychiatrischen Zentrum Kopenhagen.

„In der Psychiatrie sind wir zum Teil gezwungen, Patientinnen und Patienten zu entlassen, die kein ausreichendes Funktionsniveau haben, um den Alltag zu bewältigen. Und die Kommunen erleben, dass sie nicht die Ressourcen haben, die sie sich wünschen, um die Personen zu unterstützen, die entlassen werden“, so Nordentoft.

Kommune betrachtete Fall nicht als akut

Der 22-Jährige, dem die Schüsse in „Fields“ vorgeworfen werden, war jedoch nicht zuvor in die Psychiatrie eingewiesen worden. Stattdessen wurde er von einer psychiatrischen Abteilung der Region Hauptstadt zur nächsten geschickt, bevor die Region ihn an die Kommune verwies.

Die Psychiaterin Merete Nordentoft empfiehlt eine engere Zusammenarbeit zwischen den Regionen und Kommunen. Foto: Carsten Snejbjerg/Ritzau Scanpix

Nach Einschätzung der Region benötigte er „tägliche Unterstützungsmaßnahmen“. Die Kommune Kopenhagen stufte seinen Fall jedoch als „nicht akut“ ein. Er wohne bei seinem Vater, sei in medizinischer Behandlung und sei in Ausbildung, so die Einschätzung der Kommune.

Fehlende Hilfe kann ernste Folgen haben

Der Verband „Sind“ meint, es sei ein ernstes Problem, dass psychiatrischen Patientinnen und Patienten monatelang ohne die richtige Hilfe auskommen müssen.

„Wenn Menschen mit einem psychiatrischen Leiden sich selbst überlassen werden, können mehrere Dinge passieren. Sie können sich selbst gefährden, weil sie nicht die Hilfe erhalten, die sie für den Alltag benötigen. Im schlimmsten Fall können sie Gewaltdelikte begehen oder sich das Leben nehmen“, so Hansen.

Die Psychiaterin Merete Nordentoft ist selbst Teil der Task-Force der Region Hauptstadt, die die psychiatrische Behandlung des 22-Jährigen untersucht hat. Eine der Empfehlungen der Task-Force ist, dass Übergang von der Region zur Kommune besser ausgebaut werden soll.

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