Leitartikel

„Die Verwundbaren“

Die Verwundbaren

Die Verwundbaren

Kopenhagen/Nordschleswig
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Wir sollen Risikogruppen vor der Corona-Infektion schützen. Aber es ist mindestens ebenso wichtig, sie vor den Folgen der vorbeugenden Maßnahmen zu schützen, meint Walter Turnowsky.

Eine der wichtigsten Fragen auf der Pressekonferenz der Regierung am Montag kam von einem Kind. 

Emilie von den „DRs“ Kindernachrichten, „Børneavisen“, fragte, was mit den Kindern sei, die es zu Hause schwer haben, zum Beispiel weil die Eltern trinken. Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) dankte freundlich für die Frage und versicherte, dies sei eine Sorge, die alle auf der Pressekonferenz vertretenen Personen seit Anfang der Pandemie beschäftige. Für diese Kinder sei es auch in den 38 nun vom Shutdown betroffenen Kommunen weiterhin möglich, Schule und Institutionen zu besuchen.

Ansonsten blieb sie wage, wie sich die Sorge um diese Kinder in der konkreten Corona-Politik der Regierung niedergeschlagen hat. 

Denn es geht ja nicht nur um die Extremfälle mit Alkoholismus oder Gewalt in der Familie. Wie die Kinderschutzorganisation Børns Vilkår hier im „Nordschleswiger“ berichtete, bekomme sie täglich Anrufe von Kindern, die sich verängstigt oder einsam fühlen. Die Freunde vermissen, oder sich um die Oma Sorgen machen. Es ist wohl keine sehr gewagte Vorhersage, dass die Telefone nach der Pressekonferenz am Montag wieder häufiger läuten werden.

Es gibt nämlich eine vermutlich nicht ganz kleine Gruppe Kinder, die nicht nach außen auf sich aufmerksam macht, es aber dennoch in diesen Corona-Zeiten schwer hat. In den sicherlich vernünftigen Corona-Maßnahmen, die Behörden und Regierung verordnen, können sie unter die Räder geraten.

Wie die Antwort von Frederiksen zeigt, nehmen, bei aller Sorge um die Schwächsten, die Regierung und Behörden nur bedingt auf diese Rücksicht. Daher liegt es an uns, den gemeinen Bürgern, zu handeln.

Und die Kinder sind ja bei weitem nicht die einzigen, die unter den Maßnahmen leiden. Wie ist es mit einsamen Senioren in Pflegeheimen, die zum Teil nur einen oder drei Verwandte empfangen dürfen? Wie geht es mit Teenagern, die jetzt zumindest in den 38 Kommunen wieder alleine zu Hause hocken? Wie steht es um Singles, die aus Vorsicht Bekanntschaften und Freundschaften nicht pflegen? Wie ergeht es Menschen, die aufgrund einer Behinderung in einer Institution leben?

Seit Anfang der Corona-Krise ist uns eingebläut worden, dass wir besonders auf Risikogruppen aufpassen sollen. Aber es gibt eben auch andere Risiken als eine Corona-Infektion. Allen von uns fällt sicher ein Freund, Bekannter, Verwandter oder Nachbar ein, der oder die unter den Maßnahmen besonders leidet.

Die meisten von uns können dazu beitragen, ihnen zu zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben. Ein Anruf, eine Videoschaltung, ein kleines Geschenk oder sogar ein Besuch kann ihnen zeigen, dass wir an sie denken, sie nicht alleine sind.

Denn es ist vielleicht mindestens ebenso wichtig, sogenannte Risikogruppen vor den psychischen Folgen der Maßnahmen zu schützen, wie vor der Infektion. Denn was hilft es, dass wir Leben retten, wenn wir gleichzeitig diese Leben zur Hölle machen. 

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