Umwelt

Strengere Vorgaben für Bauern zum Schutz von Insekten

Strengere Vorgaben für Bauern zum Schutz von Insekten

Strengere Vorgaben für Bauern zum Schutz von Insekten

dpa
Berlin
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Eine Biene sitzt auf einer Cosmea-Blüte, Schmuckkörbchen, und sammelt Nektar. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

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Experten warnen, dass Lebensräume von Bienen und Hummeln in Gefahr sind - auch durch Chemie auf den Feldern. Kurz vor der Wahl bringt die Koalition noch ein umstrittenes Gesetzespaket ans Ziel.

Zum Schutz bedrohter Insekten sollen künftig strengere Vorgaben für die Bauern beim Pestizid-Einsatz auf Äckern und Wiesen greifen. Darauf zielt ein Gesetz von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), das der Bundestag nach jahrelangem Ringen in der Koalition am Donnerstag beschließen sollte.

So sollen besonders geschützte Gebiete ausgedehnt und auch Probleme mit nächtlichen hellen Lichtquellen als «Insektenfallen» verhindert werden. Zum Paket gehören weitere Regeln für einen Ausstieg aus dem umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat, die der Bundesrat an diesem Freitag besiegeln soll. Landwirte sollen einen zusätzlichen Millionen-Ausgleich für höheren Aufwand bekommen.

«Wer heute die Insekten schützt, sichert die Landwirtschaft von morgen», sagte Schulze der Deutschen Presse-Agentur. Insekten seien Bestäuber und auch eine Art «natürliche Müllabfuhr». Durch einen enormen Schwund bei ihrer Anzahl und Vielfalt drohten diese Leistungen aber verloren zu gehen. Und industrielle Landwirtschaft sei bisher eine der wichtigsten Ursachen des Insektensterbens.

Konkret sollen nun zusätzliche Gebiete unter besonderen Schutz gestellt werden, die wichtige Lebensräume für Insekten sind: Wiesen mit verstreut stehenden Obstbäumen, artenreiche Weiden, Steinriegel und Trockenmauern. In vielen Schutzgebieten soll außerdem der Einsatz insektenschädlicher Chemikalien wie Holzschutzmittel eingeschränkt werden. Kommen sollen erstmals auch Vorgaben machen, um «Lichtverschmutzung» einzudämmen - also dass nachtaktive Insekten von Beleuchtung angelockt werden und dann sterben.

So sollen in Naturschutzgebieten neue Beleuchtungen an Straßen und Wegen sowie neue hell strahlende Werbeanlagen verboten werden. «Insektenvernichterlampen», die Tiere mit künstlichem Licht anlocken, sollen außerhalb geschlossener Räume tabu sein. Unterbunden werden kann künftig auch der Betrieb von Scheinwerfern, wie sie etwa bei «Laser-Shows» weithin sichtbar in den Nachthimmel hinauf strahlen - vor allem zu den Hauptzeiten des Vogelflugs im Frühjahr und Herbst. Ausdrücklich nicht meint das Leuchttürme, wie es im Entwurf heißt.

Direkt die Landwirte betrifft eine Verordnung, die Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) als zweiten Teil des Pakets beisteuert - mit Vorgaben für Pflanzenschutzmittel. Stimmt der Bundesrat am Freitag zu, dürfen sie nahe größeren Flüssen und Seen grundsätzlich nur mit mindestes zehn Metern Abstand eingesetzt werden. Bei dauerhaft begrünten Uferstreifen gelten fünf Meter Abstand. In bestimmten Schutzgebieten sollen Unkrautbekämpfungsmittel verboten werden, wobei es Ausnahmen etwa für den Obst- und Weinbau geben soll.

Vorgesehen sind auch Regeln zu einem schrittweisen Ende für Mittel mit dem Wirkstoff Glyphosat. Zuerst soll die Anwendung in Gärten und Kleingärten, Parks und Sportplätzen verboten und auf den Äckern stark eingeschränkt werden. Komplett Schluss damit sein soll dann ab dem 1. Januar 2024. Dies orientiert sich daran, dass die EU-Genehmigung für Glyphosat Ende 2022 ausläuft, es dann aber noch Übergangsfristen zum Verkauf gibt. Je nach Entscheidung auf EU-Ebene könne eine Überprüfung der Regelungen erforderlich sein, heißt es im Entwurf.

Bauern protestieren gegen die Pläne, nachdem auch schon beim Düngen strengere Vorgaben kamen. Auf den Äckern bedeuten die Beschränkungen größeren Aufwand fürs Unkrautbeseitigen etwa per Pflug. Der Bund will daher zusätzlich 65 Millionen Euro zweckgebunden für Höfe anbieten, die deshalb Mehrkosten haben. «Mit dem jetzigen Paket honorieren wir verlässlich das Engagement der Landwirte für mehr Insektenschutz», sagte Klöckner der dpa. Insgesamt 250 Millionen Euro stünden dafür über ein Bund-Länder-Programm bereit. Sichergestellt werde auch, dass Bauern Schädlinge, die Ernten bedrohen, weiter bekämpfen könnten.

Schulze betonte, es sei eine faire Lösung gefunden worden, die unterschiedliche Ausgangslagen berücksichtige und verschiedene Wege zum Ziel öffne. Freiwillige Vereinbarungen in den Ländern blieben möglich. Dass Handlungsbedarf besteht, machte das Umweltministerium klar: Das Ausmaß des Insektensterbens sei «dramatisch und hinreichend wissenschaftlich belegt» und auch kein lokales Phänomen. Dabei hätten Wespen, Hummeln und Co. wichtige Funktionen - neben der Bestäubung etwa beim Zersetzen pflanzlichen und tierischen Materials und als Nahrung für andere Tiere. Studien zeigten besondere Bestandsrückgänge bei Vögeln, die in der Brutzeit kleine Insekten und Spinnen fressen.

Dabei bekennen sich auch die Landwirte zum Ziel des Insektenschutzes, wie Bauernpräsident Joachim Rukwied deutlich machte. Er mahnte dabei jedoch an: «Wir setzen auf Kooperation anstatt von Verboten.» Die Umweltorganisation WWF nannte das Insektenschutzpaket einen ersten wichtigen Schritt, es brauche aber mehr. Die nächste Regierung müsse Lebensräume weiter verbessern, etwa durch bessere Biotop-Vernetzung.

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