Haus und Garten

„Nur nicht zu viel aufräumen“

„Nur nicht zu viel aufräumen“

„Nur nicht zu viel aufräumen“

Apenrade/Aabenraa
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Katrine Turner mag in der Natur am liebsten Wasser und alte Bäume. Sie findet es schade, dass in Dänemark nicht mehr so viele alte Bäume stehen. (Archivfoto) Foto: Karin Riggelsen

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Die Biologin Katrine Turner ist eine Verfechterin der wilden Gärten – privat und beruflich. Sie hat einige gute Tipps für naturnahes Gärtnern.

Es hätte so schön sein können, wenn die Recyclinghöfe wegen der Corona-Pandemie noch länger geschlossen gewesen wären. Jedenfalls für das Leben und die Vielfalt im Garten. Denn was viele Hobbygärtner als Abfall einstufen, kann in einer Ecke des Gartens – vielleicht kunstvoll aufgetürmt – ein  wichtiger  Lebensraum für Tiere sein. Ein  bisschen Chaos tut dem   Garten und seinen Bewohnern gut, und nicht zuletzt Vögel fühlen sich in einem Naturgarten wohler als in einem perfekt aufgeräumten. „Eine gepflegte Sauerei ist das Beste“, hat es der Ornithologe Peter Berthold mal auf den Punkt gebracht.  

Dieser Devise folgt auch Katrine Turner, die empfiehlt: „Nur nicht zu viel aufräumen!“ Die 37-jährige Biologin aus Apenrade möchte möglichst vielen Tieren Unterschlupf und Nahrung bieten – und das nicht nur privat in ihrem Schrebergarten in der Apenrader Hjelmallee, sondern auch durch Projekte, die sie beruflich verfolgt.

Beraterin für wilde Gärten

Sie ist selbstständige Beraterin zum Thema „Wilder Garten“. Zusammen mit der Kommune Apenrade ermittelt sie gerade, welche Projekte sich in der näheren Umgebung umsetzen lassen. Außerdem macht sie zurzeit eine Kampagne mit Danmarks Radio und der Tierschutzorganisation Dyrenes Beskyttelse, in der es darum geht, dass jeder Mensch in seinem Umkreis etwas unternimmt, um die Natur und ihre Lebewesen zu unterstützen. 

Soll es mehr Leben im Garten geben, ist eine Wasserstelle für die Tiere äußerst wichtig. Foto: Karin Riggelsen

Tipps hat Katrine Turner viele, und vieles hat sie in ihrem Schrebergarten bereits umgesetzt – oder eben bewusst sein lassen. 

„Diese verdorrten Pflanzenteile sollte man unbedingt bis nach dem Frost liegen lassen“, sagt sie und zeigt auf die brauen Überreste eines ehemals saftiggrünen Gewächses, während sie zwischen blühenden Tulpen und Traubenhyazinthen hockt. „Das hält warm, und viele Insekten finden darin Nahrung.“

Nur zweimal mähen

Außerdem empfiehlt sie, den Rasen nicht zu düngen und ihn am besten nur einmal in Frühjahr und einmal im Oktober zu mähen. „Je mehr unterschiedliche Pflanzen sich dort entwickeln können, desto mehr unterschiedliche Kleinlebewesen finden durch die Wildblumen Nahrung. Viele Insekten leben ja in und von dem, was wir Unkraut nennen.“

Wachse an einer sonnigen Stelle das Gras zu schnell, hätten andere Pflanzen keine Chance, sich dagegen durchzusetzen. Der Tipp von Katrine Turner: Büsche pflanzen – die spenden Schatten.

Diversität ist das Stichwort für den gesamten Garten: Je mehr unterschiedliche Blumen blühen, desto mehr Insekten können sich von dem Nektar ernähren. Je mehr Insekten, desto mehr Vögel. Und je mehr Bienen, desto mehr bestäubte Blüten. „Alte Bäume sollte man auch nicht fällen, sondern stehen lassen. Auch sie sind ein Lebensraum, und zwischen verwachsenen Ästen hat sich schon so mancher Vogel einen Nistplatz eingerichtet“, erzählt die Fachfrau, die in Darum an der dänischen Westküste geboren wurde. Neu sei zwar schön, aber für viele Tiere eine Spur zu perfekt.

„Es beginnt sich wirklich etwas zu verändern. Immer mehr Menschen sind bereit, ihren Garten wild werden zu lassen“, erzählt die Biologin begeistert. (Archivfoto) Foto: Karin Riggelsen

Ein neues Habitat

In einem „halbhohen“ Hochbeet streicht Katrine Turner  ganz vorsichtig über winzige Pflanzen, die ihre noch winzigeren Blüten aus der trockenen Erde hervorbringen. „Hier haben meine Vorgänger früher sicher Gemüse angepflanzt. Jetzt hat sich ein neues Habitat gebildet.“ – Eine Chance etwa für die Steppenanemone.

Anpflanzen sollten Gartenbesitzer der Biologin zufolge vor allem insektenfreundliche, ungefüllte Pflanzen. Fürs Frühjahr Krokusse, Traubenhyazinthen, Tulpen, Anemonen – alte Sommersorten wie den Gewöhnlichen Wasserdost, Margeriten, Geißblatt, Acker-Witwenblumen, Fingerhut und im Spätsommer und Herbst etwa Astern, Sonnenbraut und Efeu (dessen Blüten sind sehr nektarreich). Dazu Blütengehölze wie die Kolkwitzie oder den Perlmuttstrauch. 

Tipps zum naturnahen Gärtnern hat Katrine Turner auch zusammen mit zwei weiteren Autoren 2016 in dem Buch „Naturhaven“ herausgebracht.
Sollte man mit seinem wenig aufgeräumten Garten den Unmut der Nachbarn erregen, empfiehlt Katrine Turner: „Es erklären, dass man damit ein ganz wichtiges Projekt für Natur und Umwelt verfolgt.“

Apropos Nachbarn: Mareike Poté, Bibliothekarin der Deutschen Bücherei Tingleff, hatte während der Sperrung der Recyclinghöfe mitbekommen, dass ihr Nachbar auf der Halbinsel Loit/Løjt seinen Rasen vertikutiert hatte und nicht wusste, wohin mit dem ganzen Moos. „Er durfte es in meinem Hühnerhof entsorgen, die Hühner sind begeistert! 19 wunderbare Damen, die verschiedenfarbige Eier legen.“

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