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Wie der Museumshafen in Flensburg der Sturmflut getrotzt hat

Wie der Museumshafen in Flensburg der Sturmflut getrotzt hat

Wie der Museumshafen der Sturmflut getrotzt hat

Joachim Pohl, shz.de
Flensburg
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Noch alles im grünen Bereich: Freitagmittag lag das Bohlwerk noch trocken. Zwölf Stunden später schaukelte die „Ryvar“ (roter Rumpf) einen guten Meter höher im Hafen. Foto: Joachim Pohl

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Die Schiffe und Boote des Historischen Hafens sind ohne Schäden davon gekommen – wie haben sie das geschafft?

Während überall an der schleswig-holsteinischen und dänischen Ostseeküste zahlreiche Boote und Yachten Opfer der Sturmflut wurden, haben sämtliche Schiffe des Historischen Hafens Flensburg Sturm und Hochwasser ohne Schäden überstanden. Wie konnte das passieren?

Zunächst einmal kamen der Starkwind und die Wellen im Hafen mit deutlich weniger Wucht an als an der freien Ostseeküste oder an der Außenförde. Doch dazu kam eine umsichtige Vorbereitung der Schiffseigner und der hier angesiedelten Vereine.

Schiffseigner blieben an Bord

Während man andernorts wie etwa in Langballigau irgendwann Hafen und Schiffe den Elementen überließ, weil man um Leib und Leben fürchten musste, tat man zumindest im Museumshafen das genaue Gegenteil. Man ging an Bord und blieb da, bis alles vorbei war. Trotz des extremen Hochwassers.

„Wir haben uns mit Lebensmitteln für zwei Tage eingedeckt und sind an Bord gegangen“, berichten Joachim und Saskia Kowalski, Eigner des Loggers „Ryvar“ sowie 1. und 2. Vorsitzende(r) des Vereins Museumshafen. „Wir hatten fünf Leinen an jeder Seite und waren quasi wie in einem Spinnennetz aufgehängt.“ Dabei kam ein simpler Trick zum Tragen: Macht man die Leinen mittschiffs und nicht direkt achtern fest, sind sie länger und haben mehr Spiel in der Vertikalen. Das habe sich bewährt, so Kowalski. Einige Skipper hätten ihre Schiffe zudem mit etwas mehr Abstand zum Bohlwerk „geparkt“.

Auch die berühmte „Dagmar Aaen“ war in der Nacht von Freitag auf Sonnabend besetzt, wenn auch nicht mit ihrem Eigner Arved Fuchs, sondern mit einem Besatzungsmitglied. Regelmäßig wurden bei steigendem Wasserstand alle Leinen kontrolliert und notfalls gefiert, aber auch mit schweren Ketten belegt, damit sie nicht nach oben über die Dalben rutschen konnten.

Der Logger „Belle Amie“ wurde rechtzeitig vor Sturm und Flut an das andere Hafenufer verholt, um dort den Sturm „abzureiten“. Die „Albin Köbis“ hat Schutz in der Marina Sonwik gesucht und gefunden. Einige der Lüttfischer vom Nordende des Bohlwerks waren rechtzeitig an die Innenseite des Stegs der Klassischen Yachten weiter drinnen im Hafen geflüchtet.

Die Crew an Bord war darauf vorbereitet die Leinen loszuwerfen

Neben der ständigen Kontrolle des Schiffs und der Leinen hatte die Anwesenheit der Crew an Bord aber noch einen anderen wichtigen Grund. Wenn es wirklich kritisch geworden wäre, hätte man als „Manöver des letzten Augenblicks“ die Leinen losgeworfen und abgelegt. „Darauf waren wir vorbereitet“, sagt Kowalski.

Man hätte dann unter Motorkraft den Liegeplatz verlassen und in der Mitte des Hafens Position gehalten, bis das Wasser wieder gesunken wäre – was absehbar war. Dazu ist es jedoch nicht gekommen. Und für den größten anzunehmenden Notfall lagen Überlebensanzüge und Rettungswesten bereit.

Tatsächlich hätte der Skipper der „Ryvar“ das Besetzen der Schiffe auch den Eignern der modernen Segelyachten geraten. So hätte man aus seiner Sicht sicher das eine oder andere Schiff retten können. Die Eigner der Traditionsschiffe des Museumshafens müssen für kritische Situationen immer erreichbar sein oder jemanden vor Ort benennen, der sich um das Schiff kümmern kann.

Die Schiffe sind ohne größere Schäden davon gekommen

„Alle Mitglieds-Schiffe des Museumshafens jeglicher Größe und Bauart, von der Jolle bis zum Logger, haben sich prima geschlagen und sind ohne große Blessuren durchgekommen!“, heißt es in einer Mitteilung des Vorstands an die Mitglieder. Auch den anderen historischen Schiffen in Flensburg sei es so ergangen – der „Alexandra“, dem Schlepper „Flensburg“, der „Gesine“ und den klassischen Yachten vorn in der Hafenspitze.

Auch die Anlagen des Museumshafens sind offenbar glimpflich davongekommen. Allerdings sind alle Stromkästen „abgesoffen“ und müssen voraussichtlich erneuert werden. Das Torhaus zum Lüttfischersteg hat eine Wand eingebüßt. Im Einzelnen werden alle Schäden noch aufgenommen. Glück hatte der Museumshafen mit seinem Vereinshaus am Herrenstall. Zwar erreichte das Hochwasser die Tür, drang jedoch nicht ein, da ein Sandsack im Weg lag.

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