Flugabwehrraketengeschwader 1

Von Texas nach Nordfriesland – die Raketenschule der Luftwaffe ist jetzt in Husum

Die Raketenschule der Luftwaffe ist jetzt in Husum

Die Raketenschule der Luftwaffe ist jetzt in Husum

Stefan Petersen
Husum
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Auf dem Flugplatz Husum-Schwesing werden Soldaten am Waffensystem Patriot ausgebildet. Foto: Bundeswehr / Mohrdieck/shz.de

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Das Taktische Aus- und Weiterbildungszentrum der Bundeswehr-Flugabwehrraketentruppe ist nach 66 Jahren in den USA an die Westküste umgezogen. Der Schulbetrieb läuft bereits, aber das neue Gebäude wird erst 2023 fertig.

Der Bundeswehr-Standort Husum – ohnehin einer der größten in Deutschland – ist noch einmal verstärkt worden: Seit Anfang Juli ist die „Raketenschule“ der Luftwaffe in der Storm-Stadt beheimatet und dem Flugabwehrraketengeschwader 1 in der Fliegerhorstkaserne unterstellt. Nach 66 Jahren Ausbildungstradition in Fort Bliss in El Paso/Texas zog das Taktische Aus- und Weiterbildungszentrum für das Flugabwehrraketen-Personal nach Nordfriesland um. „Und jetzt ist endlich alles unter einem Dach“, sagt Oberstleutnant Frank Schulz, der Kommandeur des Ausbildungszentrums, erfreut.

Ausbildungsgebäude erst nächstes Jahr bezugsbereit

Wobei das eigentliche Dach noch gar nicht fertiggestellt ist: Seit 2017 wird auf dem Flugplatz Schwesing für 22 Millionen Euro das neue Ausbildungsgebäude gebaut, das Mitte 2023 fertig und nach der Abnahme ab Ende 2023 voll einsatzbereit sein soll. „Verzögerungen gab es durch Corona und Liefer-Engpässe bei elektronischen Bauteilen, etwa für die komplexe Brandmeldeanlage“, sagt Schulz. Zudem sei eine Zuliefererfirma bei der Ahrtal-Flutkatastrophe im Sommer 2021 im wahrsten Sinne des Wortes „untergegangen“. So nutzt das Ausbildungszentrum jetzt noch die Hörsäle des Geschwaders mit.

Aufgenommen hat das Zentrum den Ausbildungsbetrieb schon im Mai mit dem ersten Lehrgang für Wartungsfeldwebel der Patriot-Flugabwehrraketen, mit denen die Luftwaffe ausgerüstet ist. „Der ist im September zu Ende gegangen – und alle 16 Lehrgangsteilnehmer haben bestanden“, so Schulz stolz. Inzwischen liefen weitere Lehrgänge, nicht nur für technisches Personal, sondern auch für künftige Feuerleitoffiziere, die für Zielzuweisung und Abschuss der Flugkörper verantwortlich sind, und für Kampfführungsoffiziere, die im übergeordneten Führungsgefechtsstand deren Einsatz koordinieren.

Ausgelagert an den Ostsee-Standort Panker ist die Ausbildung für das Kanonen-Waffensystem Mantis, das zur Feldlager-Sicherung eingesetzt sogar Artillerie-Granaten abschießen kann, und für leichte Flugabwehrsysteme wie die Stinger – im Bundeswehr-Sprachgebrauch „Fliegerfaust“ genannt –, die der Schütze von der Schulter abfeuert. „Dort haben wir auch den einzigen Stinger-Simulator der Luftwaffe, einen 360-Grad-Rundumsicht-Dom für Ziel- und Schießübungen“, so Schulz. 33 Soldatinnen und Soldaten des 136 Köpfe starken Ausbildungszentrums seien in Panker stationiert, alle anderen in Husum.

FlaRak-Soldaten im Einsatz an der Nato-Ostflanke

„Unser derzeitiger Schwerpunkt ist es, die Ausbildung vernünftig zum Laufen zu bringen“, erläutert der Kommandeur. Besonderes Augenmerk liege dabei auf der Waffensystem-Erstausbildung, um vor dem Hintergrund der hohen Einsatzbelastung des Verbandes genügend Nachwuchs-Personal zu generieren. Angehörige des Flugabwehrraketengeschwaders 1 sind seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine zur Sicherung des slowakischen Flugplatzes Sliač an der Ostflanke der Nato eingesetzt, und Anfang Dezember ist zudem eine Stationierung in Polen zwischen Warschau und Berlin vereinbart worden.

Ganz bewusst steht auch die Weiterentwicklung der Lehrmethoden von El Paso auf dem Programm: „Wir haben hier jetzt eine gute Mischung von erfahrenem Schulpersonal aus Fort Bliss und Soldaten aus der aktiven Truppe“, stellt der Oberstleutnant fest. „Die können sich sozusagen gegenseitig befruchten, so dass wir qualitativ noch einen Schritt nach vorn machen gegenüber der ohnehin schon guten Ausbildung in den USA.“ Für Frank Schulz ist das Kommando über das Ausbildungszentrum eine „spannende, wenn auch arbeitsintensive Aufgabe – und eine Chance, etwas neu zu gestalten“.

Ein einzelner Lehrgangsabschnitt ist noch in den USA verblieben

Ob der Wegfall der Ausbildung in den USA Auswirkungen auf die Nachwuchs-Gewinnung der FlaRak-Truppe hat, bezweifelt Schulz. „Für verheiratete Lehrgangsteilnehmer ist es sogar von Vorteil, übers Wochenende nach Hause fahren zu können“, so der 56-jährige gebürtige Braunschweiger, der bei seiner ersten Verwendung vor Ort von 2005 bis 2007 den Standort Husum lieben gelernt und bei der Rückkehr 2019 in Dreimühlen Wurzeln geschlagen hat. Und ganz sei Amerika auch nicht vom Tisch: „In Fort Sill in Oklahoma findet weiterhin der viermonatige Techniker-Anteil des Wartungsfeldwebel-Lehrgangs statt.“

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